Treffen sich Hitler und Trump…
Taboris ,Mein Kampf‘ am Theater Konstanz
Konstanz So, jetzt mal unaufgeregt. George Taboris „Mein Kampf“ist ja eigentlich ein großartiges Stück. Das sollte nicht untergehen in der ganzen Debatte um Hakenkreuz und Davidstern, die zu tragen das Konstanzer Theater ursprünglich seinen Besuchern nahelegen wollte. Und wenn auch die Verteilung der Symbole schon zur Inszenierung zählte, so heißt das ja noch nicht, dass alles Weitere keine Beachtung mehr verdient. Wenngleich sich nicht leugnen lässt, dass der skandalträchtige Auftakt moralische und ästhetische Befürchtungen weckte. Hier die Nazis und Schnorrer, da die Davidsternträger und Theaterunterstützer: Sollte, wer den Holocaust so plump vereinfacht, wirklich imstande sein, auf der Bühne das Komplexe zu pflegen?
Bei der Konstanzer Premiere am Freitag sieht es lange Zeit nicht danach aus. In einem großen Rahmen aus goldgestickten Hakenkreuzen und Hunden, wie wir sie von der Krawatte des AfD-Parteichefs Gauland kennen, erblicken wir wechselnde Stadtansichten Wiens, dazu zwei Kioske. Mittendrin steht ein einsames Stockbett (Ausstattung: Damian Hinz). Hier haust der verhinderte Schriftsteller Schlomo Herzl (Thomas Fritz Jung), ein lebenserfahrener Mann mit pragmatischem Blick auf die Welt.
Das kann er von seinen Mitmenschen kaum sagen. Nicht von Mitbewohner Lobkowitz (Andreas Haase), der sich mit DonaldTrump-Frisur und roter Krawatte als göttliches Wesen sieht. Nicht von diesem jungen Besucher namens
So aktuell wie unberechenbar
Adolf Hitler (Peter Posniak), der von einer Künstlerkarriere träumt, aber unkontrolliert brüllend, zuckend, winselnd ein Fall für den Psychiater ist. Dass Herzl ihn beherbergt, berät, aufmuntert, mutet weniger barmherzig als verantwortungslos an: Mit Verhaltensstörungen dieses Ausmaßes wäre professionelle Hilfe vonnöten.
Es geht unberechenbar und aktuell zu in dieser Männer-WG. Hitler schwärmt von seinem Lieblingsgeschichtslehrer: Bernd Höcke. Lobkowitz verbessert ihn, der Mann heiße Björn. Bald verausgabt sich der junge Maler zu Helene Fischers „Atemlos“, ein schwarzer Riesendildo dient ihm als Mikrofon. Sind die Bezüge nicht deutlich genug, wird sprachlich nachgeholfen.
Die Idee, jeden Charakter außer Schlomo und Hitler mit heutigen Politfiguren gleichzusetzen, gerät zu einer fixen Idee. Schlomos Freundin Gretchen (Laura Lippmann) ist Frauke Petry; in der Figur Himmlisch (Tomasz Robak) meinen wir den Rechtspopulisten Geert Wilders zu erkennen; als Frau Tod (Vanessa Radman) steht bald auch Hillary Clinton auf der Bühne. Das erinnert in seiner Plakativität unangenehm an den Haudrauf-Humor der
für die Regisseur Serdar Somuncu tätig ist. Licht und Schatten also bei dieser Produktion. Der Schatten überwiegt: Mit seiner Übertragung komplexer Charaktere in Politikerkarikaturen stellt sich der Regisseur selbst ein Bein.
ONächste Vorstellungen 24., 26., 28. April, 2., 3., 4., 5., 9., 11., 12., 13. Mai Augsburg Die erste Stärke dieses Abends auf der Augsburger Brechtbühne liegt darin, dass Schlag auf Schlag Ereignisse stattfinden, die Handelnde und Zuschauer gleichermaßen an Logik und Verstand zweifeln lassen. Vor allem Fred Stiller, diese Zentralfigur in Rainer Werner Fassbinders für das Theater dramatisierten TV-Zweiteiler „Welt am Draht“(1973), und das Publikum haben sich nach und nach die plötzlichen, rätselvollen Geschehnisse aus „Parallelwelten“zu erschließen. Und genau dies garantiert Spannung und Mitdenk-Reiz – wie in jedem Krimi auch. Das anfängliche „blinde Stochern im Nebel der Wirklichkeiten“mit Vexierbildern und Irrgärten wird peu à peu abgelöst durch sich zusammensetzende Mosaiksteine der Erkenntnis.
Die zweite Stärke dieser ScienceFiction-Produktion liegt in der Imaginationsfähigkeit der einstigen Filmvorlage: Daniel F. Galoyes Roman „Simulacron 3“(1964), den Augsburgs Regisseur David Ortmann nur leicht anzupassen, zu aktualisieren brauchte, um seinen heutigen Realitätsgehalt beklemmend zu machen. Also diese perfide Eliminierund romantische Liebesgeschichte aus (mindestens) drei Welten, von denen zumindest zwei simuliert, virtuell sind... Aber Ortmann, durch seine Augsburger „Tatort“-Produktionen und jetzt durch „Welt am Draht“quasi zur ersten Krimi-Instanz an Schwabens künftiger Staatsbühne geworden, setzt nicht allein auf Thriller, Pseudo-Realistik und den Suspense einer digitalen Horror-Technik; er bezieht mit leichter Hand auch ein wenig Groteske und Absurdes Theater mit ein. So hat der Abend auch etwas schrecklich Vergnügliches bis zum Happy End, da Fred und Eva neben den Zuschauerreihen emporsteigen, sich also auf einer höheren Bewusstseinsebene kriegen, wo sie wohl mit Haut und Haaren übereinander herfallen werden...
Die dritte Stärke aber dieses Abends, der einmal mehr das Paradies auf Erden (durch Digitalisierung) propagiert, aber gleichzeitig zu entsetzlichen Allmachtsvorstellungen führt, diese Stärke liegt im anscheinend staatstheatermotivierten Schauspielerensemble, das in der sachlichen, aseptischen Schöner-Arbeiten-Bühnenwelt von Sabine Schmidt (auch Kostüme) mal selbst-, mal fremdbestimmt agiert.
Bis auf Patrick Rupar als Fred Stiller, der hier einen Abend lang