Wenn im April das „Christkind“vor der Tür steht
Zum heutigen Welttag des Buches verschenkt die Post Bücher. Wir haben Zustellerin Melanie Steinhauser bei dieser Aktion in Mindelheim begleitet und dabei auch mehr über ihren Alltag erfahren
Mindelheim Seinen Postboten kennt fast jeder. Gerade wenn man länger in der gleichen Straße wohnt, weiß man genau, wer für das Ausliefern von Briefen und Paketen verantwortlich ist. Melanie Steinhauser aus Erkheim arbeitet seit acht Jahren als Post-Zustellerin in Mindelheim. Seit vergangenem Jahr ist sie eine der Teamleiterinnen und direkter Ansprechpartner vor Ort für ihre Kollegen. Eigentlich hat sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau gemacht. „Nebenher habe ich immer mal bei der Post gearbeitet und dann schließlich ganz gewechselt“, berichtet sie.
Sie mag an ihrem Beruf, dass sie viel draußen ist und immer unter Leute kommt. Und obwohl Weihnachten schon längst vorbei ist, darf sie an diesem Tag „Christkind“spielen und ihren Kunden ein Geschenk vorbeibringen. Denn die Post beteiligt sich am heutigen Welttag des Buches. Seit 1997 erscheint zu diesem Anlass jedes Jahr ein Buch unter dem Motto „Ich schenke dir eine Geschichte“. Diese Idee hat die Post aufgegriffen und verschenkt gleich ganze Bücher. Nebenher verteilt Melanie ihre normalen Briefe und Pakete. Die hat sie dabei begleitet und so Einblick in ihren Alltag bekommen.
Schon nach den ersten Stopps fällt auf, dass man als Postbote ziemlich viel auf den Füßen ist. Melanie Steinhauser hat das einmal mit einem Schrittzähler überprüft. Rund 17 Kilometer legt sie an einem Tag zurück. „Dass wir so viel laufen, können viele oft nicht glauben. Schließlich sind wir ja mit dem Auto unterwegs“, beschreibt die Postbotin die Kommentare von Freunden. Allerdings bringt man an einem ganzen Arbeitstag vom Auto bis zum Briefkasten schon eine schöne Strecke zusammen. Und durch das Tragen der Pakete spart man sich auch noch das Krafttraining im Fitnessstudio. Manche Sendungen sind ziemlich schwer, die Besteller seien aber meistens sehr hilfsbereit, sagt die Postbotin: „Viele wissen ja, dass sie ein schweres Paket bestellt haben. Die kommen dann vor die Tür und helfen beim Tragen. Wenn das mal nicht möglich ist, haben viele gleich ein schlechtes Gewissen.“
Wie die Leute auf die geschenkten Bücher reagieren, kann sie sich aber noch nicht vorstellen. Vorgaben, wer an diesem Tag eines der etwa 30 unterschiedlichen Bücher bekommen soll, gibt es nicht. Als Postbote weiß man allerdings ungefähr, wer viel liest und wer eher nicht. Gleich an der ersten Tür findet sich ein erfreuter Abnehmer. Ein älterer Herr erzählt von den knapp 3000 Büchern in seiner Wohnung: Eindeutig der richtige Kandidat. Gerne nimmt er noch eins mehr mit dazu und entscheidet sich für einen Thriller.
Der nächste Bewohner liest zwar selbst eher wenig, sucht aber für seine Frau eine passende Lektüre heraus. Am Anfang ist die Auswahl schließlich noch groß. Einige nehmen Bücher für ihre Partner oder Enkelkinder. Eine Bewohnerin freut sich sogar sehr über das Geschenk. Ohne zu lesen, gehe sie abends schließlich nie ins Bett, berichtet sie, und entscheidet sich für den Thriller. Beim nächsten Haus dann ein Volltreffer: Die Bewohnerin findet genau das Buch, das sie sich schon hat kaufen wollen. „Das ist ja eine schöne Überraschung, das steht tatsächlich auf meiner Leseliste!“, lobt sie die Aktion.
Obwohl die meisten erst etwas skeptisch sind, freuen sie sich sehr über ihre Bücher. Einige lehnen das Geschenk allerdings auch ab. Die meisten aus demselben Grund: Es
sind schon zu viele Bücher in der Wohnung und sie wissen gar nicht mehr, wohin damit. Trotzdem sind alle verwundert und fasziniert zugleich: Schließlich steht selten jemand vor der Haustür und möchte etwas verschenken.
Der Postbotin seines Vertrauens nimmt man dann aber gerne ein Buch ab. Am Ende der Tour ist die Kiste von Melanie Steinhauser leer und einige Leute mehr wissen über den „Welttag des Buches“Bescheid. Die Postbotin ist zufrieden, aber auch überrascht: „Mit diesen Reaktionen hätte ich echt nicht gerechnet.“