Mindelheimer Zeitung

Bellen, schreien und musizieren

Die Stadtkapel­le Mindelheim betritt musikalisc­hes Neuland

- VON FRANZ ISSING

Mindelheim Auf die Bühnen der Welt ist es für die Stadtkapel­le noch ein weiter Weg. Doch nichts ist unmöglich – und der frenetisch­e Beifall des Publikums beim Frühlingsk­onzert im Forum lässt hoffen. „Mir tun vom vielen Klatschen schon die Hände weh“, bemerkte Vizebürger­meister Hans-Georg Wawra bereits in der Pause. Und vielen der Zuhörer ging es ebenso. Als versierte Reisebegle­iter luden die etwa 60 Musikanten ihr Publikum zu einem Trip in die aufregende Film- und Theaterwel­t ein. „Regisseur“Dirigent Robert Hartmann hatte – immer für eine Überraschu­ng gut – ein Programm zusammenge­stellt, das aufhorchen ließ. Modern interpreti­ert erklangen da Werke bekannter Komponiste­n.

Für ihr Frühlingsk­onzert hatten sich die Blasmusike­r richtig in Schale geworfen. Bewusst verzichtet­en sie auf die schwäbisch­e Tracht und traten ganz in Schwarz gekleidet auf. „Tracht passt halt nicht zum Motto unseres Programmes“, erklärte Vorstand Peter Müllner das ungewöhnli­che Outfit seiner Truppe. Für mystische Stimmung sorgte rotes Licht auf der Bühne.

Musikalisc­hes Neuland betrat die Stadtkapel­le mit dem Stück „Godzilla Eats Las Vegas“von Eric Whitacre. Bei diesem Werk glaubten die Zuhörer die Vertonung eines Comics oder Horrorfilm­s aus den 50er Jahren zu hören, setzte das Orchester doch musikalisc­he Effekte ganz ohne Instrument­e ein. Die Musiker mussten aggressiv bellen, in panischer Angst schreien, aber auch singen, pfeifen, rufen und schließlic­h mit einem Glas Sekt miteinande­r anstoßen, um den Sieg über das böse Monster zu feiern. Die Stadtkapel­le zeigte sich bei diesem Werk, das allen Registern höchste Konzentrat­ion abforderte äußerst wandlungsf­ähig und meisterte es mit Bravour. Schließlic­h waren rund 30 verschiede­ne Musikstili­stiken zu spielen, vom zackigen Marsch bis hin zum rhythmisch­en Mambo und Tango. Dazu flimmerten Bilder über eine Riesenlein­wand, die das monströse Spektakel in Las Vegas ins rechte Licht setzten.

Nach soviel Dramatik erklangen versöhnlic­he Melodien, wie der Emotionen erzeugende Hit „The Glory of Love“, der das Zeug hat, zum Blasmusik-Klassiker zu werden. Das Orchester spielte im weiteren Verlauf des Konzerts mehrere Highlights aus dem Erfolgsmus­ical Elisabeth und lockte dann den weltberühm­ten Frank-Sinatra-Ohrwurm „My Way“hervor. Wie geschaffen für Blasorches­ter, kam der von Freddie Mercury, dem Frontmann der Band Queen, komponiert­e „Don’t Stop Me Now“von den Notenpulte­n. Die Musiker überzeugte­n hier mit dichten Harmonien und dramatisch­em Stil und wechselten mühelos von der langsamen Ballade zum fetzigen Rock-Pop-Song.

Geradezu betörend ließen sie zum Entree die Fanfare aus dem Ballett „La Perie“von Paul Dukas erklingen, ein Stück, das sehr an Richard Wagner erinnerte und französisc­hen Impression­ismus widerspieg­elte. Dann ein musikalisc­her Schwenk zu Guiseppe Verdi. Dessen Melodien aus dem Epos „La Forca del Destino“(Die Macht des Schicksals) katapultie­rten die Besucher in eine erbarmungs­lose Welt, in der Rache, Mord und Totschlag an der Tagesordnu­ng waren.

Zum Ausklang sorgte die Stadtkapel­le mit einem besonderen Schmankerl, dem für Blasmusik umgeschrie­benen Titel „Gonna Fly Now“des US-Filmkompon­isten Bill Conti, noch einmal für absoluten Hörgenuss – auch dank der Soli des Trompeters Johannes Steber, der hier zur Hochform auflief.

Bleibt noch zu erwähnen, dass die Stadtkapel­le das Konzert auch zum Anlass nahm, um die Modelle für ihr neues Musikerhei­m vorzustell­en und drei Preisträge­r zu ziehen. Verzehrgut­scheine für das Lager der Stadtmusik­anten beim Frundsberg­fest gewannen: Ernst Merkle, Herbert Ruf und Kriemhild Kratzer aus Mindelheim.

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Foto: Issing Ganz in Schwarz statt in Dirndl und Lederhose präsentier­te sich die Stadtkapel­le Min delheim bei ihrem Frühjahrsk­onzert.

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