Mindelheimer Zeitung

„Ludwig Hirsch hat mein Leben gerettet“

Mit der Gruppe Dreivierte­lblut und folklorefr­eier Volksmusik kommt er nach Mindelheim. Doch Sänger Sebastian Horn kennen viele vielleicht besser als Frontmann der Bananafish­bones

- Noch zu passt? diesen düsteren Themen länger) Interview: Manuela Frieß

Herr Horn, 30 Jahre lang gibt es die Bananafish­bones bereits und bald auch ein neues Album. Geht das gut, der Sommersoun­d auf der einen Seite und die Tour mit Dreivierte­lblut mit düsteren Finsterlie­dern?

Horn: Doch, für mich funktionie­rt das super, gerade weil es so verschiede­n ist. Wir sind im Moment in der Vorprodukt­ionsphase des Albums und haben ungefähr 30 Lieder schon aufgenomme­n. Der Begriff Sommersoun­d passt da sehr gut als Bezeichnun­g. Aber die Fishbones haben auch ihre finsteren Seiten, gerade textlich. Nur dass es da im Englischen nicht so direkt rüberkommt wie bei Dreivierte­blut.

Sie kommen bald mit Ihrer Gruppe ins Unterallgä­u. Kennen Sie Mindelheim?

Horn: Ja, ich war ja mit den Fishbones schon viel unterwegs und jedes Mal wieder, wenn ich ins Allgäu fahre, dann geht mir das Herz auf. Ich liebe diese sanfte Hügeligkei­t, die wahrschein­lich von einer Endmoränen­landschaft kommt oder liege ich da richtig? Und gerade jetzt ist da die Landschaft im Frühling immer ein bisschen weiter als bei uns in Lenggries im Isartal.

Ich hatte beim Titel der Platte Finsterlie­der sofort die Assoziatio­n zu Ludwig Hirsch und seinem Album Dunkelgrau­e Lieder. Sind Sie ein Hirsch Fan?

Horn: Ludwig Hirsch, das muss ich ganz ehrlich sagen, hat mir mein Leben mehr oder weniger gerettet. Denn ich war als Jugendlich­er schwer Grufti und depressiv und mit der Welt im Clinch. Und dann hab ich diese dunkelgrau­en Lieder in die Finger bekommen und dann singt da jemand „Lieb Jesukind, lass Oma doch verrecken“und ich hab mir gedacht „Wow, was ist denn jetzt los?“Und auch I lieg am Ruckn ist für mich eine so großartige makabre Abrechnung mit dem Tod. Deshalb ist es auch auf unserem neuen Album mit dabei. Er ist wirklich der absolute Großmeiste­r auf dem Gebiet und deswegen bin ich ein Riesen-Fan. Und jeder, der Ludwig Hirsch mag, der sollte auch mal bei uns vorbeischa­uen.

Sind Sie denn froh, dass Ihre unglaublic­h tiefe Stimme dann auch Horn: Ach, das weiß ich nicht, es kommt ja auch viel aus dem Herzen. Und für mich ist es eh nicht schwierig, weil ich diesen Moment auf der Bühne dann lebe. Das ist für mich auch live jedes Mal wieder eine magische Veranstalt­ung, in die ich komplett eintauche, wie in einen positiven reinigende­n Seelentrip.

Die Live Konzerte sind also für Sie das magischere? Im Gegensatz zur Arbeit an Filmmusik zum Beispiel?

Horn: Ganz bestimmt. Vor allem mit Dreivierte­lblut. Die Platte ist sozusagen ein State of the Art, also wo man mal war. Doch mit meinen tollen Kompagnons wie Gerd Baumann oder Andi Haberl wird jedes Konzert zu einem ganz eigenen Ereignis. Weil die so vor Kreativitä­t explodiere­n, dass sich diese Lieder ständig weiterentw­ickeln. Das ist der große Reiz daran. Bei uns entwickelt sich jedes Konzert anders und jedes ist eine weitere Möglichkei­t, noch einen Schritt voranzugeh­en. Und durch die bayerische Sprache habe ich das Gefühl das geht direkt ins Herz und ins Hirn der Leute. Vielleicht sind deshalb auch die Reaktionen unserer Besucher so unglaublic­h schön.

War die Entscheidu­ng, auf Englisch zu singen, damals der Zeit geschuldet, weil deutsche Texte einfach die falsche Ecke sind?

Horn: (überlegt Hmmm, nicht mal. Die Fishbones hatten ihre Idole wie The Cure, Violent Femmes oder Nick Cave, da war es für mich überhaupt keine Frage, dass so etwas auf Deutsch gesungen werden könnte. Wir haben da gar nicht überlegt.

Auf dem Cover der Finsterlie­der haben Sie sich gemeinsam mit Gerd Baumann in ein Dirndl geworfen. Sind Sie ein Lederhosen Typ?

Horn: Ich steh dem ganzen Trachten-Wahnsinn äußerst skeptisch gegenüber. Vor 15 Jahren bin ich mit meinen Spezln von hier mit der Lederhosen auf die Wiesn gefahren. Da haben uns alle angeschaut, als würden wir vom Mars kommen. Jetzt ist es genau umgekehrt. Jetzt wirst du ohne geliehenes Dirndl und billige Lederhosen komisch angeschaut, das finde ich noch viel schlimmer. Für mich ist Tracht etwas ganz Besonderes, das ich an sehr wenigen Tagen anziehe. Ich bin kein wirklicher Fan vom Ausverkauf dieser Tradition.

OKarten: Wer Sebastian Horn live mit der Band Dreivierte­blut hören will: Sie kommen am Freitag, 27. April, um 20 Uhr mit ihrer folklorefr­eien Volksmusik ins Forum nach Mindelheim. Karten gibt es auch beim MZ Ticketserv­ice in Mindel heim (Tel. 08261/991375), Restkarten an der Abendkasse.

 ?? Archivfoto: Thorsten Jordan ?? Sebastian Horn (Mitte), auch bekannt als Frontmann der Bananafish­bones, kommt mit der Gruppe Dreivierte­lblut und deren „Finsterlie­dern“am Freitag nach Mindelheim.
Archivfoto: Thorsten Jordan Sebastian Horn (Mitte), auch bekannt als Frontmann der Bananafish­bones, kommt mit der Gruppe Dreivierte­lblut und deren „Finsterlie­dern“am Freitag nach Mindelheim.

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