Es knirscht ein wenig in Stetten und Erisried
Bei der Bürgerversammlung machen einige Bürger ihrem Unmut Luft
Stetten Keinen leichten Stand hatte Bürgermeister Richard Linzing in der jüngsten Bürgerversammlung der Gemeinde Stetten. Die steht – wie er in seiner Präsentation zeigte – zwar insgesamt nicht schlecht da, aber vor einigen Herausforderungen. Die wichtigsten Themen im Überblick:
● Breitbandversorgung Als „unglaublich wichtiges Zukunftsprojekt für unsere Gemeinde“bezeichnete Linzing „Gas und Glas“. Es sieht wie berichtet vor, die teilnehmenden Haushalte ans Gasnetz anzuschließen und bei dieser Gelegenheit auch Leerrohre für das Glasfasernetz zu verlegen. Diese Leitungen sollten auch auf allen Grundstücken verlegt werden, die sich nicht an dem Projekt beteiligen und die Kosten dafür durch die Breitbandförderung ausgeglichen werden. Diesen Plan hat nun jedoch die Telekom durchkreuzt: Sie kündigte an, Stetten selbst im Vectoring-Verfahren mit höheren Bandbreiten ausstatten zu wollen. Damit erhält die Gemeinde die Förderung hier nur noch für die Grundstücke, die die Telekom nicht anschließt. Für alle, die sich nicht an „Gas und Glas“beteiligt haben, hat das Konsequenzen: Aus Kostengründen wird die Gemeinde bei ihnen die Leerrohre nun nicht wie ursprünglich geplant bis zum Hausanschluss verlegen, sondern nur bis zur Grundstücksgrenze. Tim Hentrich warf der Gemeinde deshalb Wortbruch vor. Auch dass Dieter Denne von der Schwaben Netz GmbH anbot, die Bürger könnten sich auch jetzt noch – allerdings zu einem höheren Preis – an „Gas und Glas“beteiligen, stieß bei einigen, die den Vertrag bereits unterzeichnet haben, auf Unmut.
● Straßenbau Ein weiteres heißes Eisen ist der Ausbau der Ortsdurchfahrt von Erisried im Zuge der Dorferneuerung. Er ist bereits mehrfach verschoben worden und soll nun im kommenden Jahr realisiert werden. Während Robert Kopp die Gemeinde für die Verzögerung verantwortlich macht, verweist Linzing darauf, dass diese die Entwurfsplanung längst fertiggestellt habe. Stattdessen hätten dem zuständigen Straßenbauamt in Kempten die Mittel für den Ausbau gefehlt. Zudem sei nicht die Gemeinde Bauherr der Straße, sondern – da es sich um ein Projekt der Dorferneuerung handelt – das Amt für ländliche Entwicklung. Laut Linzing profitierten die Bürger nun sogar von der Verzögerung: Wäre die Straße schon früher gebaut worden, wären die Anlieger über die nun hinfällige Straßenausbaubeitragssatzung zur Kasse gebeten worden.
● Wasserversorgung Wenn in Erisried die Hauptstraße erneuert wird, will die Wassergenossenschaft dies nutzen und neue Wasserrohre verlegen. Die bisherigen Verzögerungen seien „schlimmer als im Sozialismus“, sagte Thomas Sturm. Gerhard Schmid regte an, im Zuge der Bauarbeiten für „Gas und Glas“in Stetten ebenfalls neue Wasserleitungen zu verlegen, da die bisherigen zum großen Teil über Privatgrund verlaufen. Laut Linzing ist das jedoch nicht unproblematisch: Die Gemeinde ver- legt die Wasserleitungen nur bis zur Grundstücksgrenze, für den Hausanschluss ist der Eigentümer verantwortlich, für den das mit beträchtlichen Kosten verbunden wäre. Die Vor- und Nachteile sollen nun im Gemeinderat abgewogen werden.
● Bahnbaustelle Viel Ärger hat der Gemeinde die Umleitung rund um die Bahnbaustelle eingebracht, die laut Linzing „von Anfang an nicht rund gelaufen“sei. Das Landratsamt ist nur für die Beschilderung auf den Kreisstraßen zuständig, nicht aber für die Autobahn, von der die Autofahrer mangels Schildern an der Anschlussstelle Stetten abfuhren und dann vor der Baustellenabsperrung standen. Anwohnerin Renate Ludwig monierte, dass der Bürgermeister sie und ihre Nachbarn nicht ausreichend über die Bauarbeiten informiere. „Wir sind hier in einem kleinen Dorf und nicht in einer Großstadt“, sagte sie. Kürzlich sei überraschend die Straße vor ihrem Haus aufgerissen wurde und sie habe das Grundstück mit ihrem Auto nicht mehr verlassen können. Es wäre in ihren Augen Aufgabe des Bürgermeisters gewesen, dies rechtzeitig bekannt zu geben.
● Baumfällung Zum Politikum geriet ein Apfelbaum, den Linzing in Erisried hat fällen lassen. Er stand auf Gemeindegrund, gehörte aber – was der Bürgermeister nach eigenen Worten nicht wusste – dem Obstund Gartenbauverein. Er habe den Baum fällen lassen, um dem Senior, der das Grundstück pflegt, auf dessen Wunsch hin die Arbeit zu erleichtern. Diese Begründung ließ Robert Kopp, der Vorsitzende des Vereins, allerdings ebenso wenig gelten wie Linzings Angebot: „Pflanzen Sie einen neuen Apfelbaum und geben Sie mir die Rechnung.“Kopp verlangt eine Stellungnahme der Gemeinderäte, die sich in ihrer nächsten Sitzung am Montag, 30. April, zu dem Fall äußern werden.
● Kindertagesstätte Wie berichtet will die Gemeinde in Stetten eine neue Kindertagesstätte bauen und dafür den bisherigen Kindergarten in Erisried schließen. „Wie gedenken Sie, den Wertverlust der Grundstücke in Erisried auszugleichen?“, wollte Tim Hentrich wissen. Eine Antwort darauf musste ihm Linzing schuldig bleiben.