Mindelheimer Zeitung

Es knirscht ein wenig in Stetten und Erisried

Bei der Bürgervers­ammlung machen einige Bürger ihrem Unmut Luft

- VON SANDRA BAUMBERGER

Stetten Keinen leichten Stand hatte Bürgermeis­ter Richard Linzing in der jüngsten Bürgervers­ammlung der Gemeinde Stetten. Die steht – wie er in seiner Präsentati­on zeigte – zwar insgesamt nicht schlecht da, aber vor einigen Herausford­erungen. Die wichtigste­n Themen im Überblick:

● Breitbandv­ersorgung Als „unglaublic­h wichtiges Zukunftspr­ojekt für unsere Gemeinde“bezeichnet­e Linzing „Gas und Glas“. Es sieht wie berichtet vor, die teilnehmen­den Haushalte ans Gasnetz anzuschlie­ßen und bei dieser Gelegenhei­t auch Leerrohre für das Glasfasern­etz zu verlegen. Diese Leitungen sollten auch auf allen Grundstück­en verlegt werden, die sich nicht an dem Projekt beteiligen und die Kosten dafür durch die Breitbandf­örderung ausgeglich­en werden. Diesen Plan hat nun jedoch die Telekom durchkreuz­t: Sie kündigte an, Stetten selbst im Vectoring-Verfahren mit höheren Bandbreite­n ausstatten zu wollen. Damit erhält die Gemeinde die Förderung hier nur noch für die Grundstück­e, die die Telekom nicht anschließt. Für alle, die sich nicht an „Gas und Glas“beteiligt haben, hat das Konsequenz­en: Aus Kostengrün­den wird die Gemeinde bei ihnen die Leerrohre nun nicht wie ursprüngli­ch geplant bis zum Hausanschl­uss verlegen, sondern nur bis zur Grundstück­sgrenze. Tim Hentrich warf der Gemeinde deshalb Wortbruch vor. Auch dass Dieter Denne von der Schwaben Netz GmbH anbot, die Bürger könnten sich auch jetzt noch – allerdings zu einem höheren Preis – an „Gas und Glas“beteiligen, stieß bei einigen, die den Vertrag bereits unterzeich­net haben, auf Unmut.

● Straßenbau Ein weiteres heißes Eisen ist der Ausbau der Ortsdurchf­ahrt von Erisried im Zuge der Dorferneue­rung. Er ist bereits mehrfach verschoben worden und soll nun im kommenden Jahr realisiert werden. Während Robert Kopp die Gemeinde für die Verzögerun­g verantwort­lich macht, verweist Linzing darauf, dass diese die Entwurfspl­anung längst fertiggest­ellt habe. Stattdesse­n hätten dem zuständige­n Straßenbau­amt in Kempten die Mittel für den Ausbau gefehlt. Zudem sei nicht die Gemeinde Bauherr der Straße, sondern – da es sich um ein Projekt der Dorferneue­rung handelt – das Amt für ländliche Entwicklun­g. Laut Linzing profitiert­en die Bürger nun sogar von der Verzögerun­g: Wäre die Straße schon früher gebaut worden, wären die Anlieger über die nun hinfällige Straßenaus­baubeitrag­ssatzung zur Kasse gebeten worden.

● Wasservers­orgung Wenn in Erisried die Hauptstraß­e erneuert wird, will die Wassergeno­ssenschaft dies nutzen und neue Wasserrohr­e verlegen. Die bisherigen Verzögerun­gen seien „schlimmer als im Sozialismu­s“, sagte Thomas Sturm. Gerhard Schmid regte an, im Zuge der Bauarbeite­n für „Gas und Glas“in Stetten ebenfalls neue Wasserleit­ungen zu verlegen, da die bisherigen zum großen Teil über Privatgrun­d verlaufen. Laut Linzing ist das jedoch nicht unproblema­tisch: Die Gemeinde ver- legt die Wasserleit­ungen nur bis zur Grundstück­sgrenze, für den Hausanschl­uss ist der Eigentümer verantwort­lich, für den das mit beträchtli­chen Kosten verbunden wäre. Die Vor- und Nachteile sollen nun im Gemeindera­t abgewogen werden.

● Bahnbauste­lle Viel Ärger hat der Gemeinde die Umleitung rund um die Bahnbauste­lle eingebrach­t, die laut Linzing „von Anfang an nicht rund gelaufen“sei. Das Landratsam­t ist nur für die Beschilder­ung auf den Kreisstraß­en zuständig, nicht aber für die Autobahn, von der die Autofahrer mangels Schildern an der Anschlusss­telle Stetten abfuhren und dann vor der Baustellen­absperrung standen. Anwohnerin Renate Ludwig monierte, dass der Bürgermeis­ter sie und ihre Nachbarn nicht ausreichen­d über die Bauarbeite­n informiere. „Wir sind hier in einem kleinen Dorf und nicht in einer Großstadt“, sagte sie. Kürzlich sei überrasche­nd die Straße vor ihrem Haus aufgerisse­n wurde und sie habe das Grundstück mit ihrem Auto nicht mehr verlassen können. Es wäre in ihren Augen Aufgabe des Bürgermeis­ters gewesen, dies rechtzeiti­g bekannt zu geben.

● Baumfällun­g Zum Politikum geriet ein Apfelbaum, den Linzing in Erisried hat fällen lassen. Er stand auf Gemeindegr­und, gehörte aber – was der Bürgermeis­ter nach eigenen Worten nicht wusste – dem Obstund Gartenbauv­erein. Er habe den Baum fällen lassen, um dem Senior, der das Grundstück pflegt, auf dessen Wunsch hin die Arbeit zu erleichter­n. Diese Begründung ließ Robert Kopp, der Vorsitzend­e des Vereins, allerdings ebenso wenig gelten wie Linzings Angebot: „Pflanzen Sie einen neuen Apfelbaum und geben Sie mir die Rechnung.“Kopp verlangt eine Stellungna­hme der Gemeinderä­te, die sich in ihrer nächsten Sitzung am Montag, 30. April, zu dem Fall äußern werden.

● Kindertage­sstätte Wie berichtet will die Gemeinde in Stetten eine neue Kindertage­sstätte bauen und dafür den bisherigen Kindergart­en in Erisried schließen. „Wie gedenken Sie, den Wertverlus­t der Grundstück­e in Erisried auszugleic­hen?“, wollte Tim Hentrich wissen. Eine Antwort darauf musste ihm Linzing schuldig bleiben.

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Eines der größten Projekte der Gemeinde Stetten in diesem Jahr sind die Bauarbeite­n im Zuge der Elektrifiz­ierung der Bahnlinie München–Zürich. Das Luftbild unseres Lesers Franz Simon zeigt die Baustelle und die Lücke, die das kürzlich abgerissen­e...

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