Abgang mit einem großen Knall
Nach 27 Jahren räumt Josef Hämmerle seinen Posten – nicht, ohne vorher noch seine Generalabrechnung mit dem Vorstand zu machen. Der hat das erwartet und reagiert souverän
Mindelheim „Wenn er geht, dann mit einem großen Knall“, hatte das eine oder andere Mitglied des Velo Club Mindelheim vor der Generalversammlung gemutmaßt. Gemeint war der langjährige Leiter der Abteilung Rennsport, Josef Hämmerle. Der Vater des Mindelheimer Altstadtkriteriums hat die Abteilung 27 Jahre geleitet, zuletzt allerdings nurmehr kommissarisch, bis sich ein Nachfolger für den mittlerweile 82-Jährigen gefunden hat. Der war in Person des Tussenhausers Jochen Schmid mittlerweile gefunden und sollte nun auf der Generalversammlung des ältesten Radsportvereins Bayerns gewählt werden. Bis es jedoch letztlich zur Wahl kommen sollte, vergingen gut zwei Stunden, in denen Hämmerle praktisch zur Generalabrechnung ausholte. Ziel seiner Anträge war der Vorstand um Vorsitzenden Kaspar Mayer. Ihm warf Hämmerle unter anderem Mobbing vor. „Ihr seid doch nur alle neidisch auf mich! Was ich in über 60 Jahren für den Verein geleistet habe, da bräuchtest Du fünf Männer dafür!“
Kaspar Mayer betonte, dass man Hämmerles Verdienste nicht in Abrede stellen wolle. Jedoch sei dies auch nicht seine Streitkultur. Er wolle jedoch zu sämtlichen Vorwürfen Stellung nehmen. Erster Punkt war die Aufarbeitung einer Steuernachforderung vom Finanzamt in Höhe von rund 5000 Euro. Die kam zustande, weil auf der Homepage des Vereins zu den Sponsoren der Rennabteilung Links gesetzt waren. „Das fällt dann laut Finanzamt unter Werbung – und die ist umsatzsteuerpflichtig“, erklärte Kassier Peter Franieck. „Keiner von uns, selbst die Sponsoren, wussten nicht, eine Verlinkung steuerpflichtig ist“, sagte Kaspar Mayer. Er habe daraufhin sofort veranlasst, die Links zu löschen. In der Folge wurde der Verein, so stellte es Franieck dar, „vom Finanzamt richtig durchleuchtet“. Ohne dass allerdings weitere Unregelmäßigkeiten entdeckt worden wären. Die Steuerschuld wurde mittlerweile beglichen.
Ferner erklärte Mayer, dass sich der Vorstand im Februar darauf geeinigt hatte, die bislang übliche, pauschale Zahlung an die Rennsportabteilung in Höhe von 3000 Euro zu streichen. Stattdessen solle es für die Ausrichtung des Altstadtkriteriums eine jährliche Einmalzahlung von 1500 Euro geben. „Ihr habt so viele Rücklagen, dass ihr Startgebühren selber zahlen könnt“, sagte Mayer in Richtung Hämmerle. Gleichwohl wurde von der Versammlung eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge gebilligt: Erwachsene zahlen in Zukunft 35 Euro, Kinder und Jugendliche 25 Euro.
Als dann die Wahl des neuen Ab-
teilungsleiters Rennsport anstand, schien es zu einem letzten Aufbäumen Hämmerles und seiner Getreuen zu kommen. Er führe das Amt kommissarisch bis zur nächsten, turnusgemäßen Wahl aus, meinte Hämmerle. Doch auch hierauf war Mayer vorbereitet. Er habe sich beim Vereinsregistergericht erkundigt. „Der Abteilungsleiter darf gewählt werden.“Mit großer Mehrdass
heit wurde anschließend Jochen Schmid gewählt, als er die Wahl annahm, brandete großer Applaus auf. „Die Rennabteilung muss wieder ein Team sein und keine Alleinherrschaft“, sagte Mayer, der im Anschluss an die Versammlung seinem Widersacher dennoch die Hand bot. Hämmerle nahm den Handschlag an, „auch wenn wir zwei sicher keine Freunde mehr werden“.