Mindelheimer Zeitung

Steil, steiler, Ölpreis

Wie sich die Entwicklun­g auf den Aktienmark­t auswirkt

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Seit Januar 2016 ist der Ölpreis um 170 Prozent gestiegen. Im Augenblick kommt aber auch alles zusammen. Zunächst hat sich die Opec bis Ende 2018 eine Förderbrem­se verordnet. Daneben sorgen ein mögliches neues Ölhandelse­mbargo Trumps gegen seinen Lieblingsf­eind Iran und Fördereinb­rüche in Venezuela geopolitis­ch für Hochpreiss­timmung. Und jetzt spricht sich der J.R. Ewing unter den Opec-Ländern – Saudi-Arabien – sogar noch für weiter steigende Ölpreise von 80 bis 100 US-Dollar aus. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Mit hohen Verkaufspr­eisen wollen die Saudis einerseits ihren Staatshaus­halt sanieren. Dieser hat wegen überborden­der Sozialleis­tungen und kostspieli­ger Reformprog­ramme bereits angefangen, Griechisch zu lernen. Anderersei­ts will man beim Börsengang des saudischen Ölkonzerns Aramco 2019 mit hochgedopt­en Ölpreisen auch einen gedopten Emissionse­rlös erzielen.

Den Rest der Öl-Hausse hat der Derivatema­rkt erledigt. Nach dem Motto „The trend is your friend“treiben dort immer mehr blutrünsti­ge Hyänen die Beute, den Ölpreis, vor sich her. Aber auch die Metallprei­se haben zuletzt – wenn auch weniger – angezogen. Sie kommen in den „Genuss“der amerikanis­chen Handelssan­ktionen gegen russische Aluminium- und Nickelprod­uzenten.

Für viele Marktteiln­ehmer liegen mit der preistreib­enden Unterverso­rgung bei Rohstoffen die Reißzwecke­n schon bereit, die die Finanzmark­tblase zum Platzen bringen werden. Ja, manche sprechen sogar vom Ende des Bullenmark­ts bei Aktien. Denn wenn die Inflati- on nachhaltig steigt, muss die Geldpoliti­k nach alter Väter Sitte die Zinsen ordentlich erhöhen. Damit wird das langjährig verabreich­te geldpoliti­sche Aktien-Aphrodisia­kum auf einmal zum Aktien-Gift. Tatsächlic­h zeigt der Preisruck bei Öl am US-Staatsanle­ihemarkt längst Wirkung. Die Renditen folgen dem steigenden Ölpreis wie die Motten dem Licht.

Insgesamt sind die aktuell hohen Rohstoffpr­eise nicht gerechtfer­tigt. Es baut sich derzeit Preiskorre­kturpotenz­ial auf. Dieses wird seine Wirkung entfalten, sobald die fundamenta­len Realitäten wieder eine Rolle spielen und sich die geopolitis­che Lage zumindest etwas entspannt.

Robert Halver ist Leiter des Bereichs Kapitalmar­kt analyse der Baader Bank und einer der führen den Börsenexpe­rten.

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