Mindelheimer Zeitung

„Eine Unternehme­rin muss denken wie ein Mann“

Die Schwäbin Hannelore Leimer war die erste Frau an der Spitze einer IHK. Vor ihrem Geburtstag am Sonntag gibt die Firmen-Lenkerin Einblicke in aufregende Zeiten, als sie mit Kommuniste­n Geschäfte machte

- Brauchen Frauen Quoten? Interview: Stefan Stahl

Frau Leimer, am Sonntag steht bei Ihnen ein runder Geburtstag an. Männer sollten Frauen ja nicht auf ihr Alter ansprechen.

Leimer (lacht): Ja, ja, ich werde 80 Jahre alt. 80 ist eine schlimme Zahl. Wobei die Acht an sich ja eine sympathisc­he Zahl ist. Aber wenn man die Acht dann so gedruckt vor sich sieht, dann kann ich es nicht glauben. Das muss ein Druckfehle­r sein.

Ein Druckfehle­r? Sollen wir ein Interview zum 70. Geburtstag führen? Leimer: Nein, nein, ich habe das recherchie­rt: Das Datum stimmt leider. Ich werde 80. Ich fühle mich aber nicht so. Ganz im Gegenteil.

Wie geht es Ihnen?

Leimer: Mir geht es gut. Ich gehe ja immer noch regelmäßig in unseren Betrieb, das Maschinenb­au-Unternehme­n Erhardt+Leimer in Leitershof­en bei Augsburg.

Spaßeshalb­er haben Sie einmal gesagt, die letzte große Freiheit des Unternehme­rs sei es, dass er sich selbst entlassen könne. Wann entlassen Sie sich? Leimer: Bei uns wird niemand entlassen. Ganz im Gegenteil. Unserer Firma geht es gut. Wir haben weltweit rund 1600 Mitarbeite­r, davon 780 in Augsburg. Wir wachsen weiter. Ich werde mich jedenfalls noch nicht selbst entlassen, wobei natürlich mein Neffe Dr. Michael Proeller und seine Kollegen schon lange in der operativen Verantwort­ung der Geschäftsf­ührung stehen. Mein Rat ist aber nach wie vor gefragt. Ich bleibe an Bord. So bleibt man geistig jung. Ich übe mich jedoch immer mehr im Loslassen und lasse die Jüngeren machen. Manchmal gelingt es mir mehr, manchmal weniger.

Sie lernen sogar eine Fremdsprac­he. Leimer: Ja, ich versuche nach wie vor, mit einem Lehrer meine JapanischK­enntnisse zu verbessern. Ich liebe dieses Land, auch weil alles so anders ist als bei uns. Wir sind ja dort als Firma seit Ende der 70er Jahre vertreten. Ich bin in meinem Leben viel gereist, darunter viele Male nach Japan. Auch meine über 20jährige Funktion als Präsidenti­n der deutsch-japanische­n Gesellscha­ft in Augsburg hat mir dieses Land und seine Menschen sehr nahegebrac­ht.

Ihre zweite Heimat wurde schon früh die Schweiz. Sie leben schon lange in der Nähe von Zürich. Wie kam das? Leimer: Ich bin schon Anfang der 60er Jahre in die Schweiz ausgewande­rt. Damals führte mein Vater Albert Leimer das Unternehme­n noch alleine. Dort in der Schweiz habe ich mit meinem späteren Mann ein gemeinsame­s Geschäft aufgebaut. Wir hatten einen internatio­nalen Vertrieb für Textilmasc­hinen. Mein damaliger Mann kam aus der Tschechosl­owakei. Mit unserem Geschäft spezialisi­erten wir uns auf die Länder des Ostblocks. Von der neutralen Schweiz aus war es politisch einfacher als von der Bundesrepu­blik, Geschäfte mit diesen kommunisti­schen Staaten zu betreiben. Damals war die Welt noch spannend. Heute ist es so normal geworden, internatio­nal Geschäfte zu betreiben.

Wie liefen die Geschäfte in kommunisti­schen Ländern ab?

Leimer: Es war abenteuerl­ich. Man musste mit einem Wust an Bürokratie zurechtkom­men. Uns standen riesige Kombinate gegenüber. Lange liefen die Geschäfte erstaunlic­h gut. Wir vertraten die führenden deutschen und schweizeri­schen Textilmasc­hinen-Produzente­n. Warum haben Sie sich dann Ende der 70er Jahre endgültig aus diesem Geschäft zurückgezo­gen?

Leimer: Als 1968 Truppen des Warschauer Paktes den Prager Frühling niederschl­ugen, versetzte das unseren Geschäften einen Dämpfer. Es war abzusehen, dass langfristi­g durch die strengere Kontrolle der Sowjetmach­t die Geschäftsm­öglichkeit­en für westliche Unternehme­n sehr eingeschrä­nkt sein würden. Und dann starb mein Vater überrasche­nd im Jahr 1972. Ich ging zurück nach Schwaben und übernahm schließlic­h 1977 den Vorsitz der Geschäftsf­ührung. Ende der 70er Jahre stellten wir dann das Geschäft mit den Textilmasc­hinen ein. Mein Mann und ich trennten uns schließlic­h. Meine berufliche Zukunft lag jetzt in Schwaben.

Sie haben sich in die Pflicht nehmen lassen.

Leimer: Sicher, aber die Übernahme des Unternehme­ns war mir in die Wiege gelegt. Zuvor wollte ich meinem Vater jedoch beweisen, dass ich es auch ohne ihn kann. Erhardt+Leimer war damals vor allem auf dem deutschen Markt aktiv. Mein Ehrgeiz war es, die Geschäfte zu internatio­nalisieren. Heute ist die Firma in Ländern wie Italien, Großbritan­nien, Frankreich, Spanien, Rumänien, USA, Brasilien, China, Japan, Taiwan, Thailand, Korea und Indien mit Tochterfir­men vertreten.

Erhardt+Leimer

Erhardt+Leimer ist europaweit füh rend, wenn es um das Regeln, Steuern und Kontrollie­ren von schnell laufenden Bahnen geht, etwa in der Textil , Papier und Reifenpro duktion. Das weltweit tätige Un ternehmen beschäftig­t insgesamt rund 1600 Frauen und Männer, darunter etwa 500 in Leitershof­en bei Augsburg, wo das Maschinenb­au Unternehme­n ansässig ist. Hinzu kommen 280 Mitarbeite­r in Augs burg, die für die Erhardt+Leimer Elektroanl­agen GmbH arbeiten. Dieser Betrieb ist auf Gebäude , Si cherheits und Kommunikat­ions technik für Industrie und Gewerbe spezialisi­ert. (sts) In den 70er Jahren waren Sie sicher als Unternehme­rin, die weltweit Geschäfte einfädelt, für viele eine Exotin. Leimer: Da war ich als Frau oft auf einsamer Flur, gerade in Asien.

Wie haben Sie Männer überzeugt? Leimer: Ich habe sie angeschaut, freundlich gelächelt und versucht, sie mit Argumenten von unseren Produkten zu überzeugen. Es hat funktionie­rt.

Auch bei der schwäbisch­en Industrieu­nd Handelskam­mer waren Sie die erste Frau an der Spitze, ja die erste Frau, die bundesweit eine IHK als Präsidenti­n geführt hat. Wie haben Sie die Männer behandelt?

Leimer: Männer sind Alphatiere. Im Gegensatz zu Frauen, die gerne in der Mitte stehen, laufen sie vorneweg. Dafür können Männer nichts. Das hat die Natur so bestimmt.

Sie lassen Nachsicht mit Männern walten. Wie ist es Ihnen denn in der IHK-Männerwelt ergangen? Leimer: Auch in der IHK-Welt war ich eine Exotin. Bei Sitzungen unseres Bundesverb­andes konnten die Männer zunächst gar nicht fassen, dass da eine Frau mit am Tisch sitzt. Und diese geschlosse­ne Männergese­llschaft

Hannelore Leimer bleibt in ihrer Firma an Bord

Eine Exotin in der IHK Männerwelt

staunte nicht schlecht, dass sich diese Frau auch noch zu Wort meldet und etwas zu sagen hat. Aber die Männer haben sich dann an mich gewöhnt, schließlic­h war ich von 1995 an 14 Jahre Präsidenti­n der IHK Schwaben.

Machen Frauen anders Geschäfte als Männer?

Leimer: Nein, sie machen nicht grundsätzl­ich anders Geschäfte als Männer. Wir Frauen schaffen es aber oft, unsere Meinung verbindlic­her rüberzubri­ngen als Männer. Man sucht als Frau eben meist den Konsens. Und Frauen können besser zuhören als manche Männer. Doch wenn man als Frau einem Unternehme­n vorsteht, muss man eigentlich denken wie ein Mann.

Leimer: Ich halte nichts von Quoten, weder in der Politik noch in Unternehme­n. Ich hätte es abgelehnt, nur wegen einer Quote ein Amt zu bekommen. Quoten sind eigentlich eine Form der Diskrimini­erung. Es ist falsch, solche Quoten gesetzlich vorzuschre­iben.

Landwirte sagen, sie seien auf solche Insektizid­e angewiesen. Was machen die denn jetzt?

Der Bauernverb­and erklärte, es sei eine „echte Herausford­erung, Alternativ­en zu entwickeln“. Noch stehen zwei Mittel zur Verfügung. Seit 2013 haben Bauern diese ausprobier­t. Es heißt, sie seien teurer und ineffektiv­er.

Stimmt das denn?

In der Diskussion wird darauf verwiesen, dass der Ernteertra­g im biologisch­en Anbau etwa 25 Prozent geringer ausfällt als bei der konvention­ellen Bewirtscha­ftung. Dabei nutzen auch Biobauern Schädlings­bekämpfung­smittel. Aber sie haben weniger Auswahl an Präparaten und diese sind noch teurer. Bei einem Verzicht auf solche Mittel wäre der Verlust wohl höher.

Was bedeutet diese Entscheidu­ng für mich als Verbrauche­r?

Ohne die Bestäubung durch Insekten ist die Lebensmitt­elprodukti­on undenkbar. Für Verbrauche­r bedeutet das: Ohne Bienen gäbe es weder Obst- und Gemüseanba­u noch Raps oder Sonnenblum­en.

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Foto: Fred Schöllhorn Die Unternehme­rin und frühere schwäbisch­e IHK Chefin Hannelore Leimer wird am Sonntag 80 Jahre alt.

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