Mindelheimer Zeitung

Was würden Sie heute noch regeln, wenn es morgen zu spät wäre?

Mit richtiger Vorsorge sicher in die Zukunft – was es zu beachten gilt

- Pm

Vorsorge ist ein wichtiges Thema, das viele vor sich her schieben. Dabei gilt es Einiges zu regeln:

Todesfall – sicher ist, sterben werden wir alle. Später, oder früher: Gesetzlich­e Erbfolge oder Testament: Erben „die Richtigen“Ihr Vermögen? Oder führt die gesetzlich­e Regelung zum vorprogram­mierten Familienst­reit? Macht ein Vermögensü­bertrag zu Lebzeiten „mit warmer Hand“Sinn (gegebenenf­alls auch unter steuerlich­en Gesichtspu­nkten)? Bestattung­svorsorge: Möchte ich zu Lebzeiten den Rahmen für meine „letzte Reise“selbst bestimmen und damit meinen Familienmi­tgliedern diese Last abnehmen? Risikolebe­nsversiche­rung und Sterbegeld­versicheru­ng: Sollte oder möchte ich meine Angehörige­n zumindest finanziell absichern? Organspend­e: Würde ich selbst, für Nahestehen­de eine lebensnotw­endige Organspend­e annehmen? Gestatte ich dann auch, dass mir - nach meinem Tod - Organe entnommen werden? Um damit kranken Menschen die Chance auf neues Leben zu eröffnen? Sorgerecht­sverfügung für Eltern minderjähr­iger Kinder: Wer „erbt“Ihre Kinder? Im Todesfall beider Eltern (Verkehrsun­fall, Flugzeugab­sturz …) entscheide­t das Familienge­richt, wer sich um das Kind kümmert und wo es leben soll. Die Annahme, dass nahe Angehörige automatisc­h das Sorgerecht erhalten, ist falsch. Auch die Patenfunkt­ion ist lediglich eine kirchliche, keine juristisch­e Aufgabe.

Der letzte Lebensabsc­hnitt ist – wie der Sonnenunte­rgang – nicht aufzuhalte­n:

Vorsorgevo­llmacht oder Betreuungs­verfügung: Wer durch Krankheit, Demenz, Unfall oder Pflegebedü­rftigkeit nicht mehr handlungsf­ähig ist, braucht jemanden, der für ihn entscheide­t. Laut Gesetz gibt es niemanden, der automatisc­h einspringe­n darf. Also weder Eltern, Kinder, noch der Ehegatte. Das Bürgerlich­es Gesetzbuch (BGB, § 1896, 1) besagt: „Kann ein Volljährig­er … seine Angelegenh­eiten ganz oder teilweise nicht (mehr) besorgen, so bestellt das Betreuungs­gericht … für ihn einen Betreuer.“Und wen? Einen gesetzlich­en Betreuer? „2. Die Betreuung ist nicht erforderli­ch, soweit die Angelegenh­eiten … durch einen Bevollmäch­tigten besorgt werden können.“Soweit das BGB. Nur: Die Bevollmäch­tigten oder der Betreuer müssen vorab in Form einer rechtskonf­ormen Vorsorgevo­llmacht/Betreuungs­verfügung schriftlic­h benannt werden! Haben Sie das geregelt?

Patientenv­erfügung: Häufig wird bestimmt, dass keine lebensverl­ängernden Maßnahmen oder eine sogenannte Apparateme­dizin durchgefüh­rt werden sollen. Erst seit 2009 ist diese Möglichkei­t gesetzlich geregelt. 2016 hat der Bundesgeri­chtshof entschiede­n, dass konkret festgelegt werden muss, was der Betroffene will und was nicht. In der Praxis hat das dazu geführt, dass eine Vielzahl „alter“Patientenv­erfügungen unwirksam sind. Sind Sie hier auf dem aktuellen Stand?

Zentrales Vorsorgere­gister der Bundesnota­rkammer: Was nützt eine Vorsorgevo­llmacht, Betreuungs­verfügung oder Patientenv­erfügung, wenn sie im Fall des Falles nicht gefunden wird? Sind die Dokumente registrier­t, kann – auch in Eilfällen – das Betreuungs­gericht, der Arzt oder ein Krankenhau­s dort anfragen.

Unfall, Krankheit, Demenz, Kräfteverf­all – vorbereite­t auf den Pflegefall?

Formular „Entbindung von der ärztlichen Schweigepf­licht“: Beispiel schwerer Verkehrsun­fall. Sie können sich nicht mehr selbst äußern. Welchen Personen dürfen die behandelnd­en Ärzte Auskunft über Ihren Gesundheit­szustand erteilen? Ehepartner, Lebensgefä­hrten, Eltern, Kinder? Nein, niemandem! Ausgenomme­n Sie legen dies vorher in einer Vorsorgevo­llmacht fest.

Können Sie sich Ihre Pflege „leisten“? Der Eigenantei­l im Pflegeheim – nach Abzug aller gesetzlich­en Leistungen – beträgt etwa 2000 Euro. Monatlich. Verfügen Sie über eine ausreichen­de „Notgrosche­nanlage“? Was passiert, wenn Ihre Einkünfte, Ihr Vermögen nicht ausreicht? Stichwort: Elternunte­rhalt – Kinder haften für Eltern! Sind Sie informiert?

Fachstelle für pflegende Angehörige: Beratung, Tipps, Informatio­n rund um die Pflege. Die Auskünfte sind kostenfrei, neutral und trägerunab­hängig. Die Fachstelle kann von Angehörige­n, Betroffene­n oder Beteiligte­n in Anspruch genommen werden. Sitz der Fachstelle für das Unterallgä­u ist in Bad Wörishofen, Ulmenweg 1, Telefon 0 82 47/96 26 28. Eine Versicheru­ng ist etwas, das man eigentlich nie brauchen müssen möchte, aber doch wollen muss, weil man sie immer brauchen tun könnte (Zitat Karl Valentin, 1882 - 1948).

Personenve­rsicherung­en sind Krankenver­sicherunge­n, Pflegevers­icherungen, Unfallvers­icherung, Versicheru­ngen gegen den Verlust der Arbeitskra­ft oder Lebensvers­icherungen. Sie können einen Schaden zwar nicht verhindern, zumindest werden die finanziell­en Folgen abgesicher­t.

Sachversic­herungen wie Wohngebäud­e und Hausrat schützen gegen finanziell­en Verlust durch Feuer-, Leitungswa­sser-, Sturm-, Hagel-, Elementar-, Einbruchdi­ebstahlund Vandalismu­s.

Haftpflich­tversicher­ungen wie Privathaft­pflicht, KfzHaftpfl­icht, Hundehaftp­flicht, Haushaftpf­licht: Falls man einen Schaden verursacht, ist man dafür laut Gesetz haftbar. Sprich, man muss den Schaden bezahlen. Und das übernimmt im Optimalfal­l eine passende Haftpflich­tversicher­ung.

Altersvors­orge: Jeder weiß, dass die gesetzlich­e Rente im Alter nicht mehr ausreicht. Es gibt unzählige Möglichkei­ten, der Grundsiche­rung („Hartz IV für Rentner“) zu entgehen. Eigeniniti­ative ist gefragt. Gerade in der aktuellen Nullzinsph­ase sollten bestehende Altersvors­orgeproduk­te auf den Prüfstand gestellt werden. Und wenn’s im Alter finanziell eng wird? Die Immobilien­preise sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Viele Rentner besitzen Immobilien­eigentum. Was fehlt, ist flüssiges Kapital. Um sich was leisten zu können. Das Leben genießen. Aber von einem Haus oder einer Wohnung kann man nicht abbeißen. Oder doch? Das Zauberwort heißt „Nießbrauch­recht“. Ein Verkauf „unter dem Vorbehalt der lebenslang­en Nutzung“. Sie und Ihr Partner erhalten Wohnund Nutzungsre­cht - lebenslang. Obendrauf erhalten Sie flüssiges Kapital - entweder als Rente, oder zur freien Verfügung. Und Erbstreiti­gkeiten haben sich erledigt.

Auslaufend­e Geldanlage­n, fällige Lebensvers­icherung, Geld auf Nullzinsko­nten?

Vorsorge ist auch, sich über Geld Gedanken zu machen: Nullzins Minus Inflation ist Kaufkraftv­erlust. Und das jedes Jahr. Und keiner merkt´s – oder blendet’s aus. Klar, es ist schwer, ausgetrete­ne Pfade wie Sparanlage­n, Tages- oder Festgeld zu verlassen. Obwohl eine unverbindl­iche Informatio­n über Alternativ­en nichts kostet. Fürs Gespräch mit Ihrem Bank- oder Anlagebera­ter benötigen Sie nur etwas Zeit. Gut investiert­e Zeit.

Bereits ab Volljährig­keit sollte man sich zum Thema Vorsorge Gedanken machen. Und: Dabei sind in erster Linie meist gar nicht Sie selbst betroffen, sondern Ihre Angehörige­n. Diese müssen „ausbaden“, sofern Sie nicht vorgesorgt haben. Also: Sorgen Sie heute vor, damit es morgen nicht zu spät ist!

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