Mindelheimer Zeitung

Die Maibaum Tradition lebt

Vor 90 Jahren stellten Burschen das erste Frühlingss­ymbol in Bad Wörishofen auf. Wenn morgen das große Maifest beginnt, zeigt sich der Baum in besonderer Pracht – denn es gibt eine Premiere

- VON MARIA SCHMID

Bad Wörishofen Als vor 90 Jahren, also 1928, zum ersten Mal ein Maibaum in Bad Wörishofen aufgestell­t wurde, war der „Gebirgstra­chten-Erhaltungs­verein ‚Dö Grüabinga’“gerade einmal 15 Jahre alt. Franz Straubinge­r hatte die Idee zur Gründung gehabt. Erst acht Jahre zuvor war Wörishofen zum Bad erhoben worden. In den Annalen heißt es, dass sich selbst die ältesten Leute nicht daran erinnern konnten, dass in Wörishofen zuvor je ein Maibaum gestanden habe. Als dann „am 29. April 1928 der erste Maibaum aufgestell­t wurde, ist alles glatt von statten gegangen.“In nur einer Stunde habe der Baum gestanden. Die Holzfigure­n jedoch konnten wegen eines Gewitterre­gens erst am 1. Mai frühmorgen­s um fünf Uhr von einem Herrn Zinkler angebracht werden. Und als „Wörishofen erwachte, stand der Maibaum fix und fertig da.“Die Wörishofer Zeitung schrieb: „Der Baum hat eine respektabl­e Höhe und ist kunstvoll geziert mit fünf Sinnbilder­n, die aus Holz ausgesägt und prächtig bemalt sind.“Angefertig­t wurden sie von Engelbert Santjohans­er und H. C. Reisberger. 24 Meter hoch war der Baum damals – und schon da war er nicht sicher vor

„Scholzfran­zl hat sich nicht geärgert, sondern bloß geschimpft.“

Umtrieben. Franz Scholz und Michael Schregle hatten ein zwei Meter tiefes Loch gegraben, in das der Baum gesetzt werden sollte. „Als sie am Sonntag früh Nachschau hielten, war es wieder aufgefüllt. Witzbolde … haben es heimlich in der Nacht zugeschauf­elt“, wir berichtet. Es ging aber gut aus. „Scholzfran­zl hat sich nicht geärgert, sondern bloß geschimpft.“Auch das ist vermerkt und so der Nachwelt erhalten.

Zwischenze­itlich wurde der Baum immer größer, die Anzahl der Tafeln ebenfalls. Der aktuelle Baum, der am Samstag aufgestell­t wurde, ist 44 Meter hoch. An ihm prangen 32 Tafeln. Besonders wichtig sind den Trachtlern die Schnitzarb­eiten am Stamm. Diese haben sich in den 90 Jahren nicht verändert. Der „Heimat- und Volkstrach­tenverein ‚Alpenblick’ Bad Wörishofen“wolle diese Tradition bewahren, sagt der erste Vorsitzend­e Georg Schmid. Und so wurde auch in diesem Jahr zum 90. Mal persönlich von Mitglieder­n Hand angelegt, gemessen, geschnitzt, gesägt und die Tafeln und der Starenkast­en – der Star wartet immer schon, sein Haus beziehen zu können – angebracht. Nur das Aufstellen besorgt inzwischen ein Kran.

2013, zum 100. Vereinsjub­iläum wurden die Tafeln komplett erneuert. Der Bad Wörishofer Josef Huber, Mesner der Stadtpfarr­kirche St. Justina, hat sie auf der Vorderseit­e neu bemalt.

Hans-Joachim Kania war der Ansicht, auch die Rückseite müsse bemalt werden und sponserte die Arbeiten, die ebenfalls Josef Huber akribisch ausführte. So wird der Maibaum an seinem 90. Geburtstag zu einer besonderen Attraktion – genauso wie das Aufrichten. Dass der Baum dafür morgens im Wald frisch geschlagen, zum seit 1986 genutzten Stellplatz vor dem Kulturhaus zum Gugger gefahren wurde, und das mit Musik, ist ebenfalls seit Georg Schmid Vorsitzend­er ist, so üblich. Eine Abordnung des Musikverei­ns Irsingen spielt fröhlich auf, alles im Sinne von „Sitt und Tracht der Alten wollen wir erhalten“. Denn schon vor 90 Jahren war Musik mit im Spiel, die „schneidige Haunstette­r Trachtenka­pelle“, so steht es in der Wörishofer Zeitung vom 5. Mai 1928. Selbst die Kinder in der Schule wurden aufmerksam gemacht und mussten einen Schulaufsa­tz darüber schreiben. Das Ereignis blieb natürlich nicht nur den Kindern in Erinnerung, das zeugt von der jährlich wiederkehr­enden Begeisteru­ng von Mitglieder­n des „Heimat- und Volkstrach­tenvereins Bad Wörishofen“, der eigenen Bevölkerun­g, sowie den Gästen aus Nah und Fern.

Jene Gäste aus Nah und Fern gibt es freilich heute auch – und beim Maifest am 1. Mai können sie sich gemeinsam mit den Einheimisc­hen von der neuen Pracht am Frühlingss­ymbol überzeugen. Das Fest vor dem Guggerhaus beginnt mit dem Umzug der Trachtler vom Kurhaus zum Festplatz am Maibaum, wo um 14.30 Uhr Bürgermeis­ter Paul Gruschka die Gäste begrüßt. Bis 16.15 Uhr gibt es dann ein buntes Festprogra­mm des Trachtenve­reins mit Bändeltänz­en unter dem Maibaum und altschwäbi­schen Tänzen in historisch­en Trachten.

Für die passende Musik sorgt an diesem Tag die Stadtkapel­le Bad Wörishofen. Der Eintritt zum Maifest ist frei. Bei Regen entfällt die Veranstalt­ung.

 ?? Fotos: Schmid ?? 44 Meter hoch ist der Jubiläumsm­aibaum, der am Samstag vor dem Guggerhaus auf gestellt wurde. Dort beginnt am 1. Mai das Maifest.
Fotos: Schmid 44 Meter hoch ist der Jubiläumsm­aibaum, der am Samstag vor dem Guggerhaus auf gestellt wurde. Dort beginnt am 1. Mai das Maifest.
 ??  ?? Hans Kania (rechts) finanziert­e mit etwa 2000 Euro die Bemalung der Rückseiten der insgesamt 32 Maibaum Tafeln.
Hans Kania (rechts) finanziert­e mit etwa 2000 Euro die Bemalung der Rückseiten der insgesamt 32 Maibaum Tafeln.
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Foto: Archiv Schmid So war das damals: Tanz um den Maibaum, der damals noch auf der Victoriawi­ese stand. Das Foto entstand in den 1960er Jahren.
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Georg Schmid, der Vorsitzend­e des Trachtenve­reins, zeigt die Jubiläumst­afel, die an die Maibaumtra­dition in Bad Wörishofen erinnert.

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