Der geheimnisvolle Bunkerwald
Der seltsame Fund in einem Acker bei Bad Wörishofen hat gezeigt: Längst ist nicht alles entdeckt, was die Nazis im Zweiten Weltkrieg dort verborgen hatten. Karl Englmair weiß, wie das damals war
Bad Wörishofen Es ist schon eine seltsame Geschichte: Da macht sich jemand offensichtlich mitten in der Nacht auf einem Acker in der Nähe des sogenannten Bunkerwaldes mit einem Metalldetektor auf die Suche nach Gegenständen aus der Zeit, als dort während des Krieges Flugzeuge versteckt worden waren. Es sind vermutlich Sondengänger, die man ja zuweilen auch an den Schlingener Hügelgräbern zu sehen bekommt. Auch auf dem Acker östlich des Bunkerwaldes scheint so ein Gerät angeschlagen zu haben. Jedenfalls wurde dort vor Kurzem ein etwa ein mal ein Meter großes und immerhin rund 60 cm tiefes Loch gegraben. Kein Wunder, dass der Besitzer des Grundstückes ziemlich erstaunt war, als er seinen Acker am nächsten Tag so vorfand. Eingeschaltet wurden Polizei und Kampfmittelräumdienst und zum Vorschein kam ein rundes Betonteil mit Einstiegsluke, an der sich ein Metallscharnier befand, das offensichtlich angeschlagen hatte, den Finder aber dann doch nicht interessierte
Was aber stellte dieses Betonteil dar – und was liegt im Bunkerwald sonst noch verborgen? Für die Entfernung oder den Abtransport wiederum war interessanterweise nämlich der Grundstücksbesitzer zuständig. Für Karl Englmair, den Kneippstädter Flugpionier und Kenner der Materie um den damaligen Flugplatz, war dies sofort klar. „Es handelt sich hier um sogenannte Ein-Mann-Bunker, von denen es mehrere im Bunkerwald gab“, berichtet er. „Wenn Fliegeralarm ausgelöst wurde, suchten Angestellte des Flugplatzes dort Schutz“, erklärt er. Besonders bequem dürfte ein Aufenthalt dort drinnen nicht gewesen sein: Eine ganz kleine Einstiegsluke ist zu sehen und ein Betondeckel obendrauf sollten Schutz vor Einschlägen bieten.
Dass der Kneippstädter Flugplatz während des Krieges nicht angegriffen wurde, verdankte er zweifellos der guten Tarnung der Flugzeuge eben in diesem Bunkerwald. Was eine Entdeckung für die Stadt bedeutet hätte, daran will man lieber gar nicht denken. Was viele heute jedoch nicht mehr wissen, auch darüber kann Karl Englmair Auskunft geben, ist die Tatsache, dass Flugzeuge nicht nur im Bunkerwald „geparkt“wurden, sondern dass diese auch in den nach Süden angrenzenden Wäldern bis fast nach Schlingen untergebracht wurden. Das Schulungsflugzeug M 109, ein Doppelsitzer, hatte seinen Standplatz fast beim heutigen Modellflugplatz. Im Bunkerwald dagegen waren speziell die Beuteflugzeuge der Kriegsgegner wie die Thunderbold, die Spitfire oder eine Mustang gelagert. Bereits beim Frankreichfeldzug starteten He-111-Kampfflugzeuge mit Bomben an Bord vom Kneippstädter Flugplatz aus, so Karl Englmair. Die Benzintanks, die sich etwa auf Höhe des heutigen Bahle-Flugplatzes befanden, wurden bei Kriegsende rechtzeitig gesprengt und die Flugzeuge von den Deutschen selbst zerstört, ehe die Amerikaner nach dem Ende des Krieges die Anlage entdeckten.
Doch zurück zum jüngsten Fundstück: Auf etwa drei Tonnen schätzt Franz Reiter den Minibunker aus Beton. Er war es, der das „Corpus Delicti“mit seinem Schaufelbagger als Freundschaftsdienst für den Grundstückseigentümer abtransportierte und bei seiner Biogasanlage zwischen Stockheim und Irsingen zwischenlagerte. Er wusste auch, dass es gar nicht so selten ist, dass Sondengänger das Gebiet um den Bunkerwald noch immer besuchen. Schaut man sich im Landratsamt alte Luftaufnahmen und die Ergebnisse von Untersuchungen des Gebiets an, wird schnell klar, warum: Noch in den letzten Kriegstagen fotografierten US-Piloten das Gelände, auf dem einst zahlreiche Bauten, Bunker und Depots standen. Längst nicht alles wurde entdeckt, wie nun der Fund des Ein-Mann-Bunkers zeigt.
Angedacht ist nun, dass dieses Teil demnächst beim Flugzeugmuseum an der Kemptener Straße seinen Standort finden solle.
Es wäre ein weiteres interessantes Erinnerungstück an die Zeiten des damaligen Flugplatzes Bad Wörishofen, der einst zivil entstanden war und später von den Nationalsozialisten zu militärischen Zwecken missbraucht wurde.