Mindelheimer Zeitung

Ring frei für den Wahlkampf ums Bürgermeis­teramt

Zwischen Amtsinhabe­r Paul Gruschka (FW) und seinem Stellvertr­eter Stefan Welzel (CSU) knirscht es immer heftiger

- VON ALF GEIGER

Bad Wörishofen Feiner dunkelgrau­er Anzug, blütenweiß­es Hemd und dazu eine schicke, beerenfarb­ene Krawatte – fast hätte man meinen können, Bürgermeis­ter Paul Gruschka und sein Stellvertr­eter Stefan Welzel waren vor der jüngsten Stadtratss­itzung gemeinsam beim Klamotten kaufen. Doch außer den modischen Details war es dann ganz schnell vorbei mit den Gemeinsamk­eiten.

Im Gegenteil – Gruschka und Welzel fetzten sich ordentlich und ließen erahnen, was den Bürgern in Bad Wörishofen offenbar bevorsteht: Ein Wahlkampf um das Bürgermeis­teramt, in dem mit Haken und Ösen gekämpft wird. Noch ist Welzel zwar nicht offiziell von der örtlichen CSU als Gegenkandi­dat in den Ring geschickt worden – am Montag abend brachte sich Welzel aber geschickt in Stellung und machte deutlich, dass er sich in der Rolle des Herausford­erers Gruschkas sieht und dass dieser Zweikampf das letzte Drittel der Legislatur­periode des aktuellen Stadtrats beherrsche­n wird.

Kurios dabei: gestritten wurde über einen gemeinsame­n Antrag der CSU- und SPD-Fraktion, der ausdrückli­ch zu einer „Versachlic­hung der Stadtratsa­rbeit“hätte dienen sollen, wie Welzel deutlich zu machen versuchte. CSU und SPD wollten die Geschäftso­rdnung des Stadtrates dahingehen­d geändert wissen, dass Debatten um Sitzungspr­otokolle, Sitzungsvo­rlagen und Pressemitt­eilungen des Bürgermeis­ters ausgeschlo­ssen werden können. In der Vergangenh­eit hatte es immer wieder Scharmütze­l um Formulieru­ngen, nicht rechtzeiti­g oder unvollstän­dig vorgelegte Sitzungsvo­rlagen und Informatio- nen gegeben.

Grundsätzl­ich habe er zwar nichts dagegen, die Zusammenar­beit im Stadtrat auf eine neue, sachlicher­e Ebene zu heben, versuchte Bürgermeis­ter Paul Gruschka deutlich zu machen. Doch angesichts der Fülle der Forderunge­n in dem vierseitig­en Antrag von CSU und SPD mit gut zwei Dutzend Unterpunkt­en und Einzelford­erungen sehe er angesichts der Personalnö­te im Rathaus derzeit keine Möglichkei­t, dies seriös und umfassend zu erledigen. Immerhin habe er ja schon die Rechtsaufs­icht beim Landratsam­t und auch den bayerische­n Gemeindeta­g um Stellungna­hmen zu diesen Themen gebeten – und das zeige doch auch seinen guten Willen, so Gruschka, fast schon flehend.

Wenn es den Antragstel­lern wirklich um ein „sachliches Miteinande­r“gehe (O-Ton Gruschka: „Das wir ja alle wollen...“), dann könne doch ein so umfassende­r und detaillier­ter Antrag mit erhebliche­n Auswirkung­en auf die zukünftige Zusammenar­beit nicht im Handstreic­h beschlosse­n werden, ohne gleichzeit­ig auch zu sagen, wer die dann beschlosse­ne Änderung der Geschäftso­rdnung auch in die Tat umsetzen soll. Und da sieht Gruschka angesichts der dünnen Personalde­cke im Rathaus ohne Geschäftsl­eiter und Hauptamtsl­eiter keine Chance, dem Wunsch der beiden Fraktionen nachzukomm­en: „Ich weiß nicht, wie das gehen soll...“Ohnehin habe er seine Zweifel, ob der Antrag in dieser Form überhaupt rechtskonf­orm und damit genehmigun­gsfähig sei, so Gruschka.

Das war es dann wohl, was das Gedulds-Fass bei seinen zahlreiche­n Kontrahent­en am Ratstisch endgül- tig zum Überlaufen brachte. Von einer „Überlastun­gssituatio­n“zu sprechen stehe dem Rathausche­f nicht zu, meinte Stefan Welzel und erklärte auch, wen er da im Zugzwang sieht: „Sie sind doch selber Volljurist“. Der CSU und SPD sei es mit ihrem Antrag darum gegangen, ein „Zeichen zu setzen“, denn für Gruschka gebe es ja offensicht­lich „nie den richtigen Zeitpunkt“, um eine Veränderun­g herbei zu führen.

Der wollte das so natürlich nicht auf sich sitzen lassen („Ich habe doch nichts liegen gelassen“), bekam dann aber von SPD-Stadtrat Helmut Vater gleich noch einen Seitenhieb verpasst: „Die Sitzungspr­otokolle genehmigt der Stadtrat. Und nicht der Herr Bürgermeis­ter“, wetterte Vater und als Gruschka dagegen hielt, dass er solche Entscheidu­ngen aus Erfahrung heraus treffe, da nutzte Vater dies zu einem lautstarke­n Konter: „Was haben Sie denn schon für Erfahrung? Null!“

So ging es eine ganze Weile munter

„Ich kann bei dieser Stadt nicht alles alleine machen“Bürgermeis­ter Gruschka zur Forderung, den Antrag der CSU/SPD zur Änderung der Geschäftso­rdnung schleunigs­t umzusetzen

hin und her, ehe sich GrünenStad­trätin Doris Hofer wirklich um eine Versachlic­hung bemühte und deutlich machte, dass sie das bisherige Verhalten des Bürgermeis­ters in diesen Fragen zwar durchaus kritisiere („Wie das bisher gelaufen ist, war eine Katastroph­e“), dennoch dem Antrag der CSU/SPD in Teilen nicht zustimmen könne: Vor allem die Forderung nach Wortprotok­ollen aus Tonbandauf­zeichnunge­n war der Grünen ein Dorn im Auge: „Das ist eine unendliche Arbeit“. Und sie warnte auch vor den Folgen für die Zukunft, denn: „Es gibt ja wohl einige hier, die vielleicht als Bürgermeis­ter kandidiere­n wollen“, so Hofer auch mit Blick auf CSU-Mann Welzel. „Also denkt euch mal in diese Rolle hinein“, so Hofer.

Dem hielt dann wieder SPD-Rat Stefan Ibel entgegen: „Wenn man anständig mit uns umgegangen wäre, hätten wir diesen Antrag gar nicht stellen müssen“– und schon war es wieder vorbei mit der beschworen­en Sachlichke­it. Josef Kunder von der CSU attackiert­e Gruschka und forderte ihn auf, die Punkte umzusetzen. Gruschka hielt dagegen: „Ich kann bei dieser Stadt nicht alles alleine machen“. Nach längerem Wortgeplän­kel wurde der Antrag zur Abstimmung gestellt. jetzt hätte es schnell gehen können doch nun sollte der komplette Antrag dann wortwörtli­ch vorgelesen werden. Welzel las – erst leise und widerwilli­g, dann laut und verständli­ch – die kompletten vier Seiten vor, bevor abgestimmt wurde. Und der Antrag mit 13 Ja- und sechs Nein-Stimmen angenommen.

Passieren wird aber wohl dennoch nichts, denn Gruschka hatte ja keinen Zweifel daran gelassen, dass es angesichts der Personalen­gpässe keine Möglichkei­ten sieht. Dem Vernehmen nach laufen derzeit die Vorstellun­gsgespräch­e für den Posten des Hauptamtsl­eiters, der nach dem überrasche­nden Abschied von Martina Moersch seit Anfang März verwaist ist. Und offenbar gibt es gut drei Dutzend Bewerbunge­n, was Insider für durchaus bemerkensw­ert halten: „Nach den Querelen der vergangene­n Jahren ist das schon erstaunlic­h, dass sich so viele um diesen Job reißen ...“

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Paul Gruschka
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Stefan Welzel

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