Mindelheimer Zeitung

Liegestuhl­Jogging

- VON GISELA BIRNSTIEL redaktion@mindelheim­er zeitung.de

Seit Jahren wird dem fitnessbew­ussten Menschen geraten, Joggen zu gehen, weil Laufen, allerdings nicht nur 100 Meter, sondern mehrere Kilometer, den Körper von Stress befreie und ungeahnte Glücksgefü­hle freisetze. Von Kniegelenk­sproblemen wird dabei nicht gesprochen, und wenn man die Jogger auf der Suche nach dem Glück an sich vorbeizieh­en sieht, mit hochrotem Kopf, ernster Miene und dem Knopf im Ohr zur Unterhaltu­ng bei dieser ernsthafte­n Betätigung, kommen manchmal Zweifel auf an diesem Sport, der eine frohe Botschaft in sich tragen soll.

Ich bin kein ganz unsportlic­her Mensch, habe aber eine andere Tätigkeit entdeckt, die zumindest etwas zur geistigen Fitness beisteuern kann:

Punkt 1: Ich entfalte meinen Liegestuhl.

Punkt 2: Ich versinke in demselben.

Äußerlich passiert gar nichts. Aber in meinem Hirn laufen Prozesse mit ungeheuere­r Geschwindi­gkeit ab, gegen die ein Jogger ein Nichts ist. Da verknüpft sich der Zahnarztte­rmin mit der Notwendigk­eit, die Wiese zu mähen und mit Kindern und Enkeln zu telefonier­en, die Karten für den Konzertbes­uch zu bestellen, das Wochenendm­enü zu planen, Unkraut zu zupfen und ein paar Seiten im neuen Buch zu lesen. Und herrjeh, auf dem Kopf wächst es wie auf der Wiese!

Aber, oh Wunder, nach einiger Zeit äußerliche­n Nichtstuns hat sich da was getan. In meinem Hirn ist Ordnung, Vieles hat sich geklärt. Ich weiß, was wann zu tun ist, und vielleicht haben sich ein paar Synapsen neu verknüpft, also gut für den Geist. Entspannt verlasse ich den Liegestuhl und ein kleines Glücksgefü­hl macht sich breit.

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