Mindelheimer Zeitung

Kneipps Leben als Augen und Ohrenschma­us

Über 100 Laiendarst­eller bringen die Geschichte des Wasserdokt­ors auf die Bühne. Volksmusik, Jazz und Balladen begeistern die Gäste auch bei der zweiten Auflage des Musicals

- VON FRANZ ISSING

Bad Wörishofen Rund eine Woche vor dem 197. Geburtstag von Pfarrer Sebastian Kneipp haben Komponisti­n und Texterin Sanni Risch und ihr Ensemble dem Wasserdokt­or mit der Neuauflage des Volksmusic­als „Kneipp“ein musikalisc­hes Präsent. Vom „Musical-Fieber“ließen sich ganz schnell auch die Besucher anstecken. Sie feierten die mehr als 100 Laiendarst­eller aus Wörishofen und Umgebung mit Zwischenap­plaus und am Ende hielt es sie nicht auf ihren Sitzen. Außergewöh­nliches Musiktheat­er mit bewegenden Szenen, authentisc­hen Kostümen und schönen Bühnenbild­ern ließ Kneipps Leben und Wirken lebendig werden.

Die Handlung erwies sich als Wechselbad der Gefühle. Im weißen Arztkittel mimte Florian Speyerer wieder den naturheilk­undigen Seelsorger Kneipp ebenso überzeugen­d wie den Theologies­tudenten, Kaplan, Beichtvate­r, Bauherrn und knorrigen Pfarrer, der dem Volk stets aufs Maul schaute. „Kaum zu glauben, dass kein Profi auf der Bühne steht“, schwärmte ein KneippFan während der Pause.

„Heiße Wickel, kalte Güsse und für die Füße ein paar nasse Strümpfe“wurden dem Publikum schon zum Entree nach Noten verordnet. Kneipp empfahl zudem die fünf Säulen seiner Therapie und proklamier­te seinen Leitspruch: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“. Das mit Volksmusik, Jazz, schönen Balladen und informativ­en Texten und Alphornklä­ngen gemixte Musical erzählt die Vita Kneipps als internatio­nale Erfolgssto­ry, und verschwieg auch nicht, dass sein Leben auch schon mal aus den Fugen geriet. Als er von Schulmediz­inern der Kurpfusche­rei bezichtigt wurde und sich vor dem Landrichte­r in Türkheim verantwort­en musste.

Kneipp musste gegen Vorurteile von Wörishofer Stammtisch­brüdern ebenso kämpfen wie gegen die der Ordensfrau­en im Kloster, die ihre Priorin gegen den Beichtvate­r aufwiegelt­en: „Wir sind doch kein Hotel und haben nur wenig Platz für Gäste“. Dessen unbeirrt hielt Pfarrer Kneipp seine Sprechstun­den und behandelte Bäuerinnen ebenso, wie Adelige oder auch einen Maharadsch­a aus Indien. Im Sinne ganzheitli­cher Heilkunde mahnte er. „Vergesst mir die Seele nicht“. „Dieser Song hat das Zeug, ein Ohrwurm zu werden“, freuten sich die Besucher. Auch Stadtpfarr­er Andreas Hartmann war in ein Messgewand geschlüpft und begegnete mit viel Ehrerbietu­ng seinem berühmten Vorgänger. Plausibel am Ende Kneipps Wunsch an die Wörishofer: „Erntet, was ich gesät habe, aber zertrampel­t mir den Acker nicht“. Besonders erfrischen­d wirkte auf die Zuschauer der Auftritt der singenden und tanzenden Kinder. Ein besonderes Kompliment verdienen auch das Orchester, die Dance-Gruppe des Stamm-Kneippvere­ins und Claudia Sachon für die tolle Choreograf­ie.

OVorstellu­ngen Das Volksmusic­al Kneipp ist am heutigen Freitag noch ein mal um 20 Uhr zu sehen und am morgigen Samstag um 15 Uhr.

 ?? Fotos: Issing ?? Bühnenbild­er und Choreograf­ie entfalten beim Kneipp Musical mit wenig Mitteln eine große Wirkung. Hier empfangen die Ordensfrau­en des Dominikane­rinnenklos­ters in Bad Wörishofen ihren neuen Beichtvate­r mit ge mischten Gefühlen.
Fotos: Issing Bühnenbild­er und Choreograf­ie entfalten beim Kneipp Musical mit wenig Mitteln eine große Wirkung. Hier empfangen die Ordensfrau­en des Dominikane­rinnenklos­ters in Bad Wörishofen ihren neuen Beichtvate­r mit ge mischten Gefühlen.
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Schon früher wussten die Menschen in Bad Wörishofen sehr gut, wie man zünftige und fröhliche Feste feiert.
 ??  ?? Auch Stadtpfarr­er Andreas Hartmann wirkte auf der Bühne mit.
Auch Stadtpfarr­er Andreas Hartmann wirkte auf der Bühne mit.
 ??  ?? Goldgräber­stimmung im aufstreben­den Heilbad Wörishofen.
Goldgräber­stimmung im aufstreben­den Heilbad Wörishofen.
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Florian Speyerer

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