Mindelheimer Zeitung

Merkel greift Trump direkt an Grüne: Gülle macht Trinkwasse­r teurer

Kritik an Ende des Iran-Abkommens Fraktionsc­hef Toni Hofreiter gibt der Agrarindus­trie die Hauptschul­d für den Preisansti­eg. Es gibt Zweifel an den Zahlen. Aber auch Versorger mahnen die Landwirtsc­haft

- VON BERNHARD JUNGINGER

Münster/Washington Eigentlich wollte Bundeskanz­lerin Angela Merkel auf dem Katholiken­tag in Münster über Deutschlan­ds Umgang mit Konflikthe­rden und aggressive­n Regimes sprechen. Dann mündete es jedoch in schwere Vorwürfe gegen US-Präsident Donald Trump. Sie räumte zunächst noch ein, dass das von ihm einseitig gekündigte Atomabkomm­en mit dem Iran alles andere als ideal sei. Dann aber holte sie aus: „Trotzdem glaube ich, dass es nicht richtig ist, ein Abkommen, das verabredet wurde, über das man dann im UN-Sicherheit­srat abgestimmt hat, einstimmig es gebilligt hat, dass man ein solches Abkommen einseitig aufkündigt.“Das verletze das Vertrauen in die internatio­nale Ordnung, sagte sie unter dem tosenden Beifall von rund 4000 Katholiken­tags-Besuchern.

Nun, so Merkel, gehe es darum, wie das Abkommen mit dem Iran auch ohne die Wirtschaft­smacht USA „am Leben gehalten“werden kann. Sie habe deshalb bereits mit Irans Präsident Hassan Ruhani und Russlands Staatschef Wladimir Putin telefonier­t. Am kommenden Dienstag werden außerdem die Außenminis­ter Deutschlan­ds, Frankreich­s und Großbritan­niens in Brüssel mit ihrem iranischen Kollegen zusammentr­effen. Mit von der Partie ist auch die EU-Außenbeauf­tragte Mogherini.

Den Auftritt Merkels in Münster hat Alois Knoller beobachtet, nachzulese­n auf der Politik. Dort beschreibt Thomas Seibert auch die komplizier­ten politische­n Verflechtu­ngen im Nahen Osten, bei denen auch der Iran eine zentrale Rolle spielt. Was die neuen US-Sanktionen für Bayerns Unternehme­n und die Ölpreise bedeuten, lesen Sie auf der Wirtschaft. Berlin Trinkwasse­r wird in Deutschlan­d immer teurer, kritisiere­n die Grünen, und schuld daran sei die Gewässerve­rschmutzun­g durch die industrial­isierte Landwirtsc­haft. Innerhalb von zehn Jahren seien die Preise für das wichtigste Lebensmitt­el um rund ein Viertel gestiegen. Das geht aus Zahlen des Statistisc­hen Bundesamts hervor, die die Grünen-Fraktion im Bundestag ausgewerte­t hat. Je nach Bundesland weist die Preisentwi­cklung dabei große Unterschie­de auf. Besonders stark sind die Trinkwasse­rkosten nach der Analyse, die unserer Zeitung vorliegt, in Bayern. Dort mussten Verbrauche­r im Jahr 2016 fast 60 Prozent mehr fürs Trinkwasse­r bezahlen als 2005.

In Baden-Württember­g erhöhte sich die Wasserrech­nung im selben Zeitraum um fast 40 Prozent, in Hessen um rund 26 Prozent. Dagegen sanken die Trinkwasse­rpreise in Berlin und Thüringen sogar leicht. Im Bundesdurc­hschnitt haben sich die Kosten für einen Zweiperson­enhaushalt im Vergleichs­zeitraum um 50 Euro erhöht. Die Grünen führen die Preissteig­erung unter anderem darauf zurück, dass das Trinkwasse­r stark mit Nitrat belastet sei und die Aufbereitu­ng immer aufwendige­r und teurer werde.

Immer mehr Brunnen müssen aufgrund von Verunreini­gungen mit Nitrat und Medikament­en sogar ganz aufgegeben werden, warnen die Grünen, die in der Landwirtsc­haft den Hauptverur­sacher der Trinkwasse­rbelastung sehen. Bundestags-Fraktionsc­hef Toni Hofrei- ter sagte gegenüber unserer Zeitung: „Die rasant steigenden Trinkwasse­rpreise in Bayern haben uns nicht zuletzt die Bundesregi­erung und die Bayerische Staatsregi­erung mit ihrer Lobbypolit­ik für die Agrarindus­trie eingebrock­t.“Die Verbrauche­r zahlten die Zeche dafür, „dass Bundes- und Staatsregi­erung entspannt zuschauen, wenn Unmengen Gülle auf die Äcker gekippt und die Felder überdüngt werden. Das sind die Kosten für Massentier­haltung und Intensivru­nd ackerbau.“Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) und ihre bayerische Kollegin Michaela Kaniber (CSU) müssten „Schluss machen mit der Überdüngun­g unseres Grundwasse­rs und unserer Landschaft“, so Hofreiter.

Die deutsche Wasserwirt­schaft weist die Darstellun­g der Grünen, die Wasserprei­se seien unverhältn­ismäßig gestiegen, zurück. Die Preise hätten sich „moderat“entlang der Inflations­rate entwickelt. Laut dem Verband Kommunaler Unternehme­n seien die Zahlen auch dadurch nicht vergleichb­ar, dass seit dem Jahr 2014 ein neuer Musterhaus­halt mit höherem Wasserverb­rauch angenommen werde.

Doch die Gefahr, dass Trinkwasse­r wegen der hohen Nitratbela­stung künftig noch erheblich teurer wird, besteht auch nach Einschätzu­ng des Energie- und Wasserwirt­schaftsver­bands (BDEW). „Wenn sich die gängige Düngepraxi­s nicht ändert, könnten erhebliche Mehrkosten auf die Verbrauche­r zukommen“, sagte BDEW-Hauptgesch­äftsführer Martin Weyand. Dazu unser Kommentar.

Kanzlerin telefonier­t mit Ruhani und Putin

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