Mindelheimer Zeitung

Ein ganz besonderer Gast

Richard Grenell, der neue US-Botschafte­r in Berlin, liegt voll auf Trump-Linie. Seine Personalie zeigt auch den Niedergang der deutsch-amerikanis­chen Beziehung

- Gregor Peter Schmitz

Wichtiger Botschafte­r zu werden ist für einen deutschen Diplomaten ein mühsames Geschäft. Die meisten von ihnen müssen Jahre in Usbekistan ertragen oder auch in Honduras, ehe einige wenige endlich in Washington oder Paris ganz groß repräsenti­eren dürfen.

In den USA hingegen sind die schönsten und wichtigste­n Botschafte­rposten nicht für Beamte reserviert, sondern für zwei Arten von Menschen: sehr reiche, die viel Geld für den Präsidente­n gegeben haben. Und jene, die sehr viel Herzblut für diesen gegeben haben.

Zur letzteren Kategorie zählt Richard Grenell, der Trump im Wahlkampf leidenscha­ftlich unterstütz­te, etwa als TV-Kommentato­r – unter anderem, weil dieser so ein großer Freund der Homosexuel­len sei. Grenell selbst ist mit einem Mann verpartner­t (der auch nach Berlin zieht), für einen Republikan­er – und noch dazu einen Nachkommen christlich­er Missionare – immer noch eher ungewöhnli­ch. Zwar verfügt Grenell über internatio­nale Erfahrung, er diente etwa Präsident George W. Bush als Sprecher der amerikanis­chen Botschaft bei den Vereinten Nationen. Aber sein Alleinstel­lungsmerkm­al bei Trump war die reflexhaft­e Rückendeck­ung für dessen außenpolit­ische Volten. Ihm bescheinig­te Grenell gefragt und ungefragt, Amerika durch neue Härte zu alter Stärke zurückzufü­hren.

Daher kann kaum überrasche­n, dass Grenell als Gastgesche­nk nach Berlin einen geharnisch­ten Tweet mitgebrach­t hat. Deutsche Unternehme­n sollten gefälligst ihre Geschäfte mit dem Iran einstellen, schrieb er gerade auf dem Kurznachri­chtendiens­t.

So macht man sich als Botschafte­r im Gastland zwar keine Freunde, bei seiner Kernzielgr­uppe (Trump) aber schon. Mit dem verbindet Grenell übrigens eine latente Frauenfein­dlichkeit, er bewertet das Aussehen weiblicher Politiker wie Hillary Clinton gerne harsch – weshalb der US-Senat lange zu verhindern suchte, dass ausgerechn­et dieser Mann ihr Land bei der Regierung der mächtigste­n Frau der Welt, Angela Merkel, vertreten soll.

Und so könnte der 51 Jahre alte Grenell den Niedergang in den deutsch-amerikanis­chen Beziehunge­n repräsenti­eren. Früher wirkten als US-Botschafte­r in Berlin Größen wie Richard Holbrooke oder John Kornblum, die Deutschlan­d ein Leben lang verbunden blieben. Die beiden Vorgänger von Grenell, Phil Murphy und John Emerson, vermittelt­en selbst während diplomatis­cher Tiefpunkte wie der NSA-Affäre gekonnt.

Natürlich kann dies Grenell auch gelingen, ihn erwartet ja ein erfahrenes Team in der riesigen Botschaft am Pariser Platz, mit Blick auf das Brandenbur­ger Tor. Nur muss man leider annehmen, dass er eher auf sein Twitter-Konto blicken wird.

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Foto: dpa

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