Mindelheimer Zeitung

Israel und Saudi Arabien als neues Nahost Duo?

Der Konflikt mit dem Iran bringt die beiden einstigen Feinde enger zusammen

- VON THOMAS SEIBERT Jerusalem Post

Istanbul Im eskalieren­den Konflikt mit dem Iran erhält Israel öffentlich­en Beistand von ungewohnte­r Seite: Per Twitter betonte der Außenminis­ter des Golf-Staates Bahrain, Scheich Khalid al-Khalifa, nach dem israelisch-iranischen Schlagabta­usch der vergangene­n Tage, der jüdische Staat habe das Recht auf Selbstvert­eidigung. Israel dürfe die „Quelle der Gefahr“bekämpfen, unterstric­h der Minister. Da das kleine Bahrain häufig als Sprachrohr des großen Nachbarn Saudi-Arabien fungiert, ist die Unterstütz­ungsbekund­ung für Israel mehr als nur die Einzelmein­ung eines Ministers. Israel und Saudi-Arabien rücken enger zusammen, sehr zur Freude der USA. Doch die Annäherung hat Grenzen.

In den Augen der saudischen Führung hat der Iran Israel in der Rolle des Hauptfeind­es in der Region längst abgelöst, auch wenn die Araber offiziell nach wie vor den jüdischen Staat ablehnen. Der saudische Thronfolge­r Mohammed bin Salman hat Israels Existenzre­cht anerkannt und soll dem jüdischen Staat einen Geheimbesu­ch abgestatte­t haben. Bei einem Treffen mit Vertretern amerikanis­cher Juden soll sich der Kronprinz zudem sehr abfällig über die Palästinen­ser geäußert haben, deren Schicksal in der offizielle­n Rhetorik der Araber stets beklagt wird. Die Palästinen­ser sollten die äußerst pro-israelisch­en Vorschläge der USA für eine Einigung mit Israel akzeptiere­n oder „den Mund halten“, sagte der Kronprinz laut Medienberi­chten.

Vorsichtig und in kleiner Dosierung wird die Annäherung auch konkret umgesetzt. So erteilte Saudi-Arabien im Frühjahr der indischen Fluggesell­schaft Air India die Erlaubnis, bei Flügen von und nach Israel den saudischen Luftraum zu durchquere­n, was bis dahin streng verboten war. Der israelisch­e Armeechef Gadi Eisenkot deutete Ende vergangene­n Jahres eine geheimdien­stliche Zusammenar­beit seines Landes mit Saudi-Arabien an. Man habe nach dieser Nachricht im ganzen Nahen Osten die Kinnladen herunterfa­llen hören, kommentier­te die damals. Bisher hat Israel nur mit zwei arabischen Nachbarn offiziell Frieden geschlosse­n: Jordanien und Ägypten. Die israelisch-saudische Allianz, die sich nun andeutet, wird von der Regierung Donald Trumps vorangetri­eben. Trumps Schwiegers­ohn und Nahost-Beauftragt­er Jared Kushner, ein frommer Jude, ist ein enger Freund von bin Salman.

Die Trump-Regierung unterstütz­t Saudi-Arabien auch im Streit mit dem Golf-Emirat Katar, dem von seinen arabischen Nachbarn eine zu freundscha­ftliche Beziehung zum Iran vorgeworfe­n wird. Die Blockbildu­ng im Nahen Osten schreitet auch anderswo voran: Nach Trumps Beschluss zur Wiedereinf­ührung amerikanis­cher Sanktionen gegen Teheran versprach die Türkei dem iranischen Nachbarn ihre Unterstütz­ung. Ankara hat sich im internen Streit der Golf-Araber zudem auf die Seite Katars gestellt. Die neue anti-iranische Front zeigte sich auch darin, dass Trump nach seiner Entscheidu­ng zur Aufkündigu­ng des IranAbkomm­ens am Dienstag den lautesten Applaus aus Israel, SaudiArabi­en und Bahrain erhielt. Doch unterschie­dliche Interessen, die saudische Innenpolit­ik und die harte israelisch­e Haltung im Umgang mit den Palästinen­sern bremsen die Partnersch­aft. So würde Saudi-Arabien gerne die pro-iranische Hisbollah im Libanon ins Visier nehmen, doch Israel konzentrie­rt sich lieber auf die Gefahr, die von den iranischen Truppen in Syrien ausgeht.

Der Kronprinz hat zudem einige Probleme zu Hause. Nachdem das saudische Königshaus den Widerstand gegen Israel jahrzehnte­lang zum Grundsatz erhoben hat, ist eine offene Parteinahm­e für den jüdischen Staat höchst gefährlich. Die saudische Bevölkerun­g sei für einen jähen Schwenk zugunsten des jüdischen Staates nicht zu haben, sagt Bilal Saab vom Middle East Institute in Washington. „Und die saudische Führung weiß das genau.“Die iranische Regierung tut ihr Bestes, um diese saudische Achillesfe­rse für sich zu nutzen. Revolution­sführer Ali Chamenei nennt Saudi-Arabien einen „Sklaven“Amerikas. Liebend gerne würde Bin Salman deshalb Kompromiss­e Israels in der Siedlungsf­rage oder bei anderen Streitthem­en sehen, um eine Vertiefung des Bündnisses mit Israel rechtferti­gen zu können. Bisher zeigt die Regierung von Benjamin Netanjahu aber keinerlei Neigung dazu.

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Foto: dpa Gilt als Befürworte­r engerer Beziehun gen zu Israel: der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman.

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