Mindelheimer Zeitung

Neuer Kandidat soll Regierungs­bildung retten

Separatist­enführer Carles Puigdemont lässt Quim Torra als Regionalpr­äsidenten den Vortritt. Der gilt als Hardliner

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Barcelona Hoffnung für Katalonien: Nach rund viermonati­gem Tauziehen zwischen den Separatist­en und der Zentralreg­ierung in Madrid könnte die spanische Konfliktre­gion endlich wieder eine reguläre Regierung bekommen. Am Samstag um 12 Uhr soll in Barcelona die Parlaments­sitzung zur Debatte und zur Abstimmung über den neuen Kandidaten für den Posten des Regionalpr­äsidenten starten.

Der 55 Jahre alte Quim Torra wurde am Freitag von Parlaments­präsident Roger Torrent nach Konsultati­onen mit den Parteichef­s nominiert. Der von der Justiz gesuchte Separatist­enchef Carles Puigdemont hatte zuvor auf eine eigene Kandidatur verzichtet und Torra vorgeschla­gen. Torra ist bereits der vierte Bewerber. Anders als seine Vorgänger geht der Anwalt und Schriftste­ller von Justizprob­lemen unbelastet in die Debatte. Ihm werden daher gute Chancen eingeräumt.

Wenn es bis zum 22. Mai keine neue Regierung gibt, muss in Katalonien neu gewählt werden. Sicher ist, dass weder die Regierung von Ministerpr­äsident Mariano Rajoy noch die Justiz Torra Steine in den Weg legen werden. Die Kandidatur­en der bisherigen Bewerber waren alle aufgrund von Anträgen Madrids gekippt worden, weil sich die Anwärter entweder im Ausland im Exil aufhielten oder aber in Untersuchu­ngshaft saßen. Das Verfassung­sgericht hatte im Januar bestätigt, dass nur gewählt werden kann, wer persönlich im Parlament anwesend ist. Die Gefahr für Torra lauert vielmehr im eigenen Lager. Die drei für die Unabhängig­keit eintretend­en Parteien haben zusammen mit 69 von 135 Sitzen zwar eine knappe absolute Mehrheit. Dazu gehören aber auch die vier Stimmen der linksradik­alen CUP. Sie will auf keinen Fall für Torra votieren, da sie auf die Kandidatur von Puigdemont besteht.

Bei der ersten Abstimmung wird der Kandi- dat daher wohl durchfalle­n. Erst am Montag bei der zweiten Wahl, bei der eine einfache Stimmenmeh­rheit ausreicht, hat Torra eine Chance. Dazu müsste sich die CUP wie erwartet enthalten. Wichtige Stimmen in der Partei forderten am Freitag aber ein „Nein“, womit eine erneute Neuwahl und eine Vertiefung der Krise einhergehe­n könnten. Endlich wieder eine eigene Regierung zu haben, ist für das zurzeit unter Zwangsverw­altung Madrids stehende Katalonien immens wichtig. Das hatte Puigdemont wohl im Blick, als er am Donnerstag einen Schritt zur Seite trat und Torra vorschlug.

Bei Amtsüberna­hme der neuen Regierung würde die seit mehr als sechs Monaten bestehende Zwangsverw­altung automatisc­h aufgehoben werden. Die von der Krise in Mitleidens­chaft gezogene Wirtschaft würde neue Impulse bekommen. Eine Überwindun­g der Probleme ist aber noch weit entfernt. Zum einen, weil Puigdemont zwar pragmatisc­h gehandelt, aber nicht das Handtuch geworfen hat. Der Ex-Regionalpr­äsident betonte, er bleibe der „legitime Präsident“Katalonien­s. Vor internatio­nalen Instanzen wolle er weiterkämp­fen. Torra sei nur „eine Übergangsl­ösung“, beteuerte der Mann, der auf eine Entscheidu­ng der deutschen Justiz über seine Auslieferu­ng an Spanien wartet. In einem Video sagte er, der Ersatzkand­idat werde die „Regierung im Inland“anführen und sei dazu verpflicht­et, „das Mandat des Referendum­s umzusetzen“. Beobachter und Gegner der Unabhängig­keit erwarten deshalb auch nicht, dass sich Torra nach seiner Wahl zum Regionalpr­äsidenten gegen den „Chef“auflehnt. Der bisher weitgehend unbekannte Torra gilt als Hardliner unter den Separatist­en. Und als sehr loyal.

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Quim Torra

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