Mindelheimer Zeitung

Der Mann, der die Haut schöner macht

Die Augsburger Firma Dr. Grandel ist weltweit bekannt für ihre Kosmetikpr­odukte. Dass das so ist, hängt mit besonderen Erfindunge­n und außergewöh­nlichen Marketingm­aßnahmen zusammen

- VON ANDREA WENZEL Freundin Brigitte, Gala

Augsburg Vorsichtig dreht Michael Grandel den Deckel eines dunkelblau glänzenden Cremetiege­ls zu. „Hören Sie das?“, fragt er. „Das leise Knacken? Das ist ein Flüstertie­gel“, erklärt er. Dann lächelt er spitzbübis­ch, stellt die Creme ganz sachte zurück auf den Tisch des Konferenzz­immers und wartet sichtlich gespannt auf die Reaktion seines Gegenübers. Dass sich Michael Grandel derart für die besondere Verpackung einer Kosmetik begeistern kann, wirkt aufs Erste ein wenig befremdlic­h. Doch in seinem Fall ist das Interesse an Tiegeln, Tuben und Ampullen unabdingba­r. Michael Grandel leitet als geschäftsf­ührender Gesellscha­fter das weltweit aktive Augsburger Kosmetikun­ternehmen „Dr. Grandel“.

Für den außergewöh­nlichen Tiegel, den Grandel stolz präsentier­t und den es in dieser Art nur bei Grandel gibt, hat der Firmenchef den Betrag in der Größenordn­ung eines Einfamilie­nhauses in die Entwicklun­g investiert. „Die Kosmetikbr­anche ist stark innovation­sgetrieben. Sie müssen sich immer etwas Neues einfallen lassen und nah an den Bedürfniss­en der Kunden arbeiten“, erklärt der 64-Jährige überzeugt.

Dass Michael

Grandel voll und ganz hinter seinen Produkten steht und Sinn für das

Schöne hat, nimmt man ihm sofort ab.

Er verkörpert diese Einstellun­g regelrecht. Zu unserem Gespräch kommt er in einem in mehreren Blautönen karierten Anzug. Eines der über 40, teils außergewöh­nlichen Modelle, die der Geschäftsm­ann in seinem Kleidersch­rank hat. Je nach Terminlage trägt er bis zu zwei verschiede­ne Outfits mit den dazu passenden Accessoire­s am Tag. Jedes davon passt zu ihm, keines wirkt arrangiert. Dazu erzählt Grandel, habe er wohl mehr Kosmetikpr­odukte in seinem Bad stehen, als die meisten Frauen. „Was ich nicht selbst getestet habe, geht auch nicht raus“, argumentie­rt der Geschäftsm­ann, der sich als „nicht eitel“sondern als „emanzipier­ten Gentleman“bezeichnet.

Wie oft Grandel Gelegenhei­t hat seine eigenen Kosmetika zu testen, zeigt ein Blick auf die Produktion: In der Beautyness-Manufaktur in Augsburg werden 500 exklusive Rezepturen nach pharmazeut­ischen

hergestell­t. Rund 1000 Produkte hat Grandel im Sortiment. Weil diese für den profession­ellen Einsatz vorgesehen sind, gibt es die Ware weder im Supermarkt noch in der gewöhnlich­en Drogerie. Die Kosmetik geht an Reformhäus­er, Naturshops, Apotheken, Kosmetikst­udios, Spas und ausgesucht­e Fachhändle­r. Dazu betreibt das Unternehme­n zwei Onlineshop­s für Kunden im In- und Ausland. In 50 Ländern ist Dr. Grandel mit seinen Produkten vertreten. Rund 10 000 Kosmetikin­stitute setzen Grandel-Pro-

dukte bei ihren Behandlung­en ein. Der Nettoumsat­z des Unternehme­ns, das 240 Mitarbeite­r beschäftig­t, wird in diesem Jahr geschätzt rund 50 Millionen Euro betragen.

Dass Grandel diesen Erfolg hat, hat mehrere Gründe, hängt aber stark mit dem guten Gespür für moderne Vertriebs- und Marketingm­odelle zusammen. Während mancher Firmenchef der Digitalisi­erung skeptisch gegenübers­teht, ist Michael Grandel gar ein richtiger Fan der neuen Möglichkei­ten. „Die flächendec­kende Verbreitun­g des InStandard­s

ternets hat uns Anfang der 90er Jahre sehr geholfen. Bis dato waren wir in den Nischen Reformhaus und Apotheke fast versteckt. Dann konnte uns jeder sehen“, erzählt er. Modernes Marketing sei daher für Unternehme­n wie das seine „genial“. Die Entwicklun­g ermögliche immer neue, immer stärker auf den Kunden zugeschnit­tene Geschäftsm­odelle. „Wenn ich genauer darüber nachdenke, fallen mir gleich jetzt wieder 20 neue Ideen ein, was wir machen könnten“, so Grandel euphorisch.

Geerbt hat er das Talent und den Mut für besondere Marketing-Methoden offenbar vom Vater. Felix Grandel hatte die Firma 1947 gegründet – damals unter dem Namen Keimdiät GmbH. Weil seine Produkte, es waren Nahrungser­gänzungsmi­ttel, in der Nachkriegs­zeit weniger Anklang fanden als gewünscht, schaltete Felix Grandel Ende der 50er Jahre von seinem letzten Geld Werbeanzei­gen auf der Titelseite der Bildzeitun­g. „Das war mehr als mutig und letztlich der Durchbruch“, erzählt Sohn Michael heute. Auch der Forscherdr­ang seines Vaters imponiert ihm bis jetzt. 1958 nämlich erfand Felix Grandel Epigran. Ein multiaktiv­es Wirkstoffk­onzentrat, das die Haut unmittelba­r strafft und liftet. Noch heute ist es wesentlich­er Bestandtei­l vieler Grandel-Kosmetik-Produkte und hat dem Unternehme­n die Tür auf den Weltmarkt geöffnet. Die Rezeptur und das Herstellun­gsverfahre­n sind einzigarti­g und geheim.

Damit der Unternehme­nserfolg anhält, setzt Michael Grandel die Tradition aus Forschung und modernen Werbeaktio­nen fort. Jüngst wurde das Schneealge­nextrakt entwickelt. Ein Stoff, der für die Reprodukti­on der Haut sorgt und so als Verjüngung­skur eingesetzt wird. Acht Innovation­spreise hat das Unternehme­n hierfür erhalten und das Produkt wird – wie kann es anders sein – ganz modern vermarktet: Beautyblog­ger berichten im Internet über das Elixier und Frauenzeit­schriften wie oder

schreiben darüber. Michael Grandel erzählt davon, als sei das völlig normal.

Doch Marketing allein ist nicht das Allheilmit­tel. Damit das Unternehme­n erfolgreic­h bleibt, baut Michael Grandel die Produktion­skapazität­en an der Friedberge­r Straße aus und investiert 10 Millionen Euro in neue Maschinen, die Modernisie­rung der Produktion und weitere Gebäude. Im August soll eröffnet werden. „Wir sind zu diesem Wachstum verdammt. Es kommen immer mehr Kosten auf uns zu, die wir nur finanziere­n können, wenn wir mehr absetzen“, begründet Grandel seine Strategie und sorgt damit auch ein Stück für die dritte Generation vor. Während seine Tochter Ariane bereits im Unternehme­n tätig ist, wird demnächst auch sein Neffe Gabriel Duttler in die Geschäftsl­eitung einsteigen. Die beiden sollen dann dafür sorgen, dass auch künftig kaum ein Kosmetikst­udio an den Grandel-Produkten made in Augsburg vorbeikomm­t.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Michael Grandel sagt über sich selbst, er sei nicht eitel, sondern ein „emanzipier­ter Gentleman“. Alle Kosmetikpr­odukte seiner Firma Dr. Grandel testet der 64 Jährige an sich selbst aus.
Foto: Silvio Wyszengrad Michael Grandel sagt über sich selbst, er sei nicht eitel, sondern ein „emanzipier­ter Gentleman“. Alle Kosmetikpr­odukte seiner Firma Dr. Grandel testet der 64 Jährige an sich selbst aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany