Trumps Arm reicht bis zur Zapfsäule
Noch sind die Konjunkturaussichten für Deutschland positiv. Doch immer neue Hiobsbotschaften aus den USA werden nicht nur Autofahrer zu spüren bekommen
Krise schien in den vergangenen Jahren in Deutschland ein Fremdwort zu sein. Konjunkturell ging es immer aufwärts – ob für Export-Firmen oder Handwerksbetriebe. Bis vor wenigen Monaten wirkte die positive Grundstimmung intakt – und das trotz Donald Trump, des Chef-Unruhestifters im Amt des US-Präsidenten.
Doch die deutsche Trotzköpfigkeit könnte an Wirkungskraft verlieren, wenn der Amerikaner seine Drohungen Wirklichkeit werden lässt. Schon jetzt stehen die positiven Konjunkturprognosen für 2018 und 2019 unter Trump-Vorbehalt. Das liegt nicht nur an den drohenden US-Strafzöllen auf Aluminium und Stahl. Der lange Arm des US-Präsidenten reicht bis an die Zapfsäulen. Indem Trump das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt hat, macht er die Akteure an den Rohstoffmärkten nervös. Sie spekulieren, Iran könne wegen der amerikanischen Politik weniger Öl exportieren. Das wirkt tendenziell preissteigernd. So hat der Ölpreis der Sorte Brent auch am Freitag auf jetzt gut 77 Dollar je Barrel (159 Liter) zugelegt. Im Juni 2017 lag der Wert noch bei rund 45 Dollar. Der happige Anstieg ist jedenfalls nur zu einem kleinen Teil Trumps Schuld. Nicht nur die Spezialisten des Mineralölwirtschaftsverbandes betonen, dass die Nachfrage nach Öl deutlich höher als das Angebot ausfällt. Das geht auch auf die Disziplin der im Opec-Kartell organisierten erdölexportierenden Staaten zurück. Die Kartellbrüder haben sich im Jahr 2016 für viele überraschend auf eine Produktionsobergrenze geeinigt. Das zahlt sich für die Länder aus.
Die USA gehören nicht dem Opec-Klub an und fördern so viel Öl, dass sie Russland als Nummer eins der Produzenten ablösen könnten. Dass Öl so heiß begehrt ist, geht vor allem auf das nach wie vor boomende China zurück. Energie-Sachkundige glauben daher, dass der Ölpreis auf über 80 Dollar pro Barrel steigen könnte – eine leicht zu treffende Aussage angesichts der allgemeinen Marktsituation. Weitere Vorhersagen sind naturgemäß unseriös. Weil der Ölpreis von so vielen – gerade auch politischen – Faktoren abhängt, kommen Prognosen auf dem Gebiet einem Glücksspiel gleich. Was nicht vergessen werden darf: Wer auf die vergangenen zehn Jahre zurückblickt, konnte schon weitaus dramatischere Ölpreisanstiege beobachten. So musste man im Jahr 2011 zum Teil rund 125 Dollar je Barrel für die Sorte Brent berappen.
Autofahrer und Heizölkäufer mag das wenig trösten, wurden sie doch zuletzt stärker zur Kasse gebeten. Doch es könnte Hoffnung nahen, zumindest wenn man der plausibel klingenden Argumentation der Commerzbank-Profis folgt. Sie verweisen darauf, dass das von Russland unterstützte Abkommen über eine Produktions-Obergrenze zwischen den Opec-Staaten Ende 2018 auslaufe. Dann könnten die Länder mehr Öl produzieren, was auf die Preise drückt. Saudi-Arabien hat gönnerhaft angekündigt, Lieferengpässe des Irans auszugleichen. So beobachten die Commerzbank-Analysten: „Dabei spielt nicht zuletzt eine Rolle, dass neuerliche Sanktionen gegen Iran im Interesse der Saudis liegen, die mit dem Iran um die Vorherrschaft im Mittleren Osten ringen.“Die ÖlBranche ist ein politisches Geschäft, manchmal ein schmutziges.