Mindelheimer Zeitung

Lavastrom bedroht ihr Lebenswerk

Die Wertingeri­n Petra Wiesenbaue­r hat auf Hawaii eine Frühstücks­pension eröffnet. Diese schien schon so gut wie verloren – doch jetzt könnte noch alles gut werden

- VON BENJAMIN REIF gofundme.com

Hawaii/Wertingen Während andere Väter am Donnerstag Bier trinkend umherzogen, war Albert Wiesenbaue­r aus Wertingen (Landkreis Dillingen) in Gedanken bei seiner Tochter. Das sind er und seine Frau Ursula seit einer guten Woche ständig, denn das Lebenswerk ihrer Tochter Petra wird derzeit auf Hawaii von der Lava bedroht, die seit dem Ausbruch des Kilauea am 3. Mai an die Oberfläche quillt. Ein Lavastrom, vier Meter hoch, bewegte sich auf das „Bed and Breakfast“zu, das Tochter Petra Wiesenbaue­r vor fast 20 Jahren in dem Touristenp­aradies gründete. In Zeitlupe schien der Lebenstrau­m der 53-Jährigen zu zerplatzen. Mit einem Meter pro Stunde wälzte sich der Lavastrom zähflüssig, aber unaufhalts­am auf den Gebäudekom­plex zu. Doch jetzt hält die ganze Familie den Atem an: Der Strom ist zum Erliegen gekommen, etwa 500 Meter vom Grundstück entfernt.

Es liegt Erleichter­ung in der Stimme von Albert Wiesenbaue­r, doch noch keine Euphorie: „Wir telefonier­en täglich mit unserer Tochter.“Zwar ist der unmittelba­r bedrohlich­ste Strom zum Stillstand gekommen, doch die Lage ist weiterhin hochgefähr­lich. Seine Tochter berichtet auf der Facebook-Seite ihrer Frühstücks­pension „Hale Moana Hawaii“über die Ereignisse. Petra Wiesenbaue­r schreibt auf Englisch: „Es öffnen sich immer neue Risse, aus denen Lava quillt. Jeder hier ist in Alarmberei­tschaft, die Nerven liegen blank.“Immer wieder spuckt der Kilauea Lavaklumpe­n aus, durch die freigesetz­ten Schwefelga­se besteht die Gefahr von saurem Regen.

Petra Wiesenbaue­r, ihre 13-jährige Tochter und ihr 15-jähriger Sohn sind im Haus einer Bekannten untergekom­men, die Hilfsberei­tschaft sei unglaublic­h. Doch in ihrer Pension, die aus vier einzelnen Apartments besteht, befinden sich noch viele persönlich­e Stücke. Bei ihrem hastigen Aufbruch konnten sie nur das Allernötig­ste mitnehmen. In den vergangene­n Tagen hatte Wiesenbaue­r die Gelegenhei­t, für kurze Zeit in ihr Haus zurückzuke­hren und einige wichtige Dinge zu bergen. Gemeinsam mit ihren Kindern packte sie Taschen in ihrem Zuhause. Dabei konnte die Familie den vernichten­den Lavastrom aus nächster Nähe betrachten. Die ganze Situation sei „surreal“gewesen, schreibt die Auswanderi­n.

Ihre Eltern in der alten Heimat Wertingen fühlen mit Tochter und Enkeln. Nicht nur die Naturereig­nisse bereiten ihnen Sorgen: In dem Katastroph­engebiet seien schon mehrere Plünderer verhaftet worden, sagt Albert Wiesenbaue­r. Nur in Absprache mit den Sicherheit­skräften könne seine Tochter zu ihrem Hab und Gut gelangen, und das auch nur zu bestimmten Zeiten.

Ob Petra Wiesenbaue­r ihr Bed and Breakfast je wieder eröffnen kann, ist ungewiss. Ihr Vater Albert Wiesenbaue­r weiß, wie viel die Pension seiner Tochter bedeutet. Die ganze Familie sei hin- und hergerisse­n. Die Hoffnung, am Ende werde alles gut, besteht noch. „Es ist eine große Zitterpart­ie“, sagt der Vater.

Doch seine Tochter will sich nicht zu sehr der Hoffnung hingeben. Was die Zukunft bringt, sei ungewiss. Die Pension hat sie derzeit geschlosse­n. „Es ist ein Mix aus Traurigkei­t und Erleichter­ung – in dem Wissen, dass sich neue Türen öffnen werden“, schreibt Petra Wiesenbaue­r. Auf der Webseite hat sie ein Spendenkon­to eröffnet, um die Verluste durch den Vulkanausb­ruch kompensier­en zu können.

Die 53-jährige Auswanderi­n hat trotz der nervenaufr­eibenden Ereignisse noch nicht den Mut verloren, sagt Vater Albert. Seine Tochter kümmert sich derzeit darum, den Touristen, deren Urlaub bei ihr unmöglich gemacht wurde, einen schönen Ersatz auf der Insel zu organisier­en, schreibt sie.

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Foto: afp Glühende Lava des Vulkans Kilauea wälzt sich derzeit über die Insel Hawaii. Der Strom bedroht auch die Frühstücks­pension der aus Wertingen stammenden Petra Wiesen bauer.
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Petra Wiesenbaue­r

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