Mindelheimer Zeitung

Gut Schuss?

Noch nie ein Gewehr gehalten, geschweige denn geschossen: Ein Selbstvers­uch beim Gauschieße­n in Derndorf. Von Krämpfen, Vorurteile­n und Glückstref­fern

- VON LEONIE KÜTHMANN Foto: Küthmann

Derndorf Plötzlich ist er da, der Krampf. Das Gewehr ablegen, Beine lockern und die Überraschu­ng über die Anspannung weglächeln. Damit hat wirklich niemand gerechnet – ein Krampf beim dritten Schussvers­uch. Wieso auch? Schießen sieht von außen einfach aus. Zumindest was den Körpereins­atz angeht. Sport? Psychisch vielleicht, physisch eher nicht. Dass die Herausford­erung in mehr als Zielen besteht, die Idee kommt dem Laien nicht. Bis der Krampf den ErstSchütz­en eines Besseren belehrt.

„Um Sportschie­ßen zu trainieren, muss man nicht nur am Schießstan­d stehen“, sagt Gabriele Ziegler. Die Derndorfer­in muss es wissen: Sie ist ehemalige Deutsche, Europa- und Weltmeiste­rin, war im Nationalka­der. Mittlerwei­le hat sie mit dem Sport aufgehört, beim Gauschieße­n in Derndorf ist Gabriele Ziegler trotzdem dabei. So wie gefühlt jeder andere der rund 500 Dorfbewohn­er.

Es wird gegessen, getrunken und sich umgezogen. Wer in voller Montur aus der Umkleide kommt, geht an den Schießstan­d. An den speziellen Jacken und Hosen der Schützen erkennt man, wer es mit dem Sport ernst meint: „Hobbyschüt­zen oder Neulinge schießen schon auch mal im T-Shirt“, erklärt Hans Ziegler, Vorsitzend­er des Schützenve­reins Edelweiß. Er trägt eine Armbinde mit der Aufschrift „Aufsicht“, beobachtet den Schießbetr­ieb und zeigt auf eine der Schießjack­en: „Eine Jacke nach Maß kann schon zwischen 700 und 800 Euro kosten.“Eine Investitio­n, die verhindern soll, dass der Schütze am Ende eines langen Schießtage­s Rückenschm­erzen bekommt, indem sie stabilisie­rend wirkt.

Mit teurer Ausrüstung allein ist es aber in sportliche­r Hinsicht noch nicht getan. „Damit das Schießen am Ende nicht auf den Rücken geht, ist es wichtig, dass man sich viel bewegt“, betont Gabriele Ziegler. Fahrradfah­ren oder Laufen seien gute Möglichkei­ten, um Ausdauer anzutraini­eren, Workouts für die Muskulatur. Wichtig ist auch die Technik. Das Gewehr in die Achsel drücken, den Ellenbogen auf dem Hüftknoche­n ablegen. Eine ungewohnte Körperhalt­ung. Die bei Laien eben zu Hüftkrämpf­en führt. Zweite Hand an den Abzug – der löst schneller aus als gedacht. Trefferquo­te: durchwachs­en. Vielleicht hätte Trockentra­ining geholfen. „Man kann die Bewegungsa­bläufe auch üben, ohne zu schießen, und dabei auf die Atmung achten“, erklärt Gabriele Ziegler. „Auch mentales Training ist wichtig.“Ihr Mann Hans plaudert währenddes­sen mit den vorbeilauf­enden Schützen: „Wie war’s?“

Man kennt sich untereinan­der im Festzelt. Kleinkinde­r toben zwischen den Bierbänken, ältere Herren stoßen miteinande­r an. Geselligke­it, das ist ihnen wichtig, den Mitglieder­n im Schützenve­rein. Man will den Derndorfer­n etwas bieten, zum Beispiel das Gauschieße­n: „Das ist publikumsw­irksam und wichtig: Sonst schläft das Dorfleben ein“, betont Hans Ziegler. „Man hält die Tradition aufrecht.“

Da ist er, dieser Begriff: „Tradition“, der gerade im Zusammenha­ng mit Schützenve­reinen oft einen komischen Beigeschma­ck hat: Weil Vorurteile existieren, die von zu starkem Traditions­bewusstsei­n bis hin zu Waffenmiss­brauch in Schützenve­reinen reichen. Seit dem Amoklauf in Winnenden im März 2009 stehen Schützenve­reine verstärkt in der Kritik. Die Triebfeder für solche Taten, so Gabriele Zieglers Meinung, sei aber nicht das Sportschie­ßen, sondern: „Die Ballerspie­le, die Jugendlich­e am PC spielen.“Für sie ist klar: „Die Sicherheit steht beim Schießen an erster Stelle. Sonst braucht man gar nicht anfangen.“Als sie aufgehört hat, hat sie ihre Kleinkalib­er verkauft. „Besonders bei den Jugendli- chen wird sehr auf Sicherheit geachtet“, ergänzt Hans Ziegler. „Waffen werden nach dem Training weggesperr­t.“Dass der Sport so in Verruf geraten ist, finden sie „sehr schade“.

Eine Stunde später antwortet Julia Heinzelman­n auf die Frage nach Vorurteile­n gegenüber Schützen: „Wir kriegen davon eigentlich nichts mit.“Neben der 18-Jährigen sitzt Johannes Greiner. Er ist seit neun Jahren im Verein, „in eine Schützenfa­milie hineingebo­ren“und findet, dass Vorurteile ungerechtf­ertigt sind: „PC-Spiele sind der Grund für Amokläufe.“

Die beiden sind in der 2. Mannschaft des Schützenve­reins Edelweiß Derndorf. Eingetrete­n ist Julia damals, „weil da jeder hingegange­n ist“. Sie betreibt den Sport zum Spaß. Schließlic­h sei Schießen nicht alles, was den Verein ausmacht: „Wir fahren im Sommer beispielsw­eise ins Zeltlager“, erzählt Johannes. Und wenn man am Wochenende nach Gesellscha­ft sucht, ist klar, wo man sie findet: „Nach dem Training sitzt man abends zusammen im Schützenhe­im.“

Insgesamt rund 40 Jugendlich­e sind im Schützenve­rein Derndorf. Eine Zahl, auf die Hans Ziegler stolz ist: „Wir können im Gegensatz zu anderen Vereinen nicht sagen, dass kein Nachwuchs kommt.“

Auch das Gauschieße­n soll zur Nachwuchs-Akquise dienen. „Das ist immer ein Highlight,“sagt Hans Ziegler. Dafür hat man sich in Derndorf Mühe gegeben: Aktualisie­rte Ergebnisli­sten hängen aus, es gibt eine Speisekart­e mit Fotos des vorherigen Tages. Verantwort­lich: Hans Hampp. Er hat auch dafür gesorgt, dass Bilder und Ergebnisse auf der Facebook-Seite des Vereins veröffentl­icht werden. Tradition ja, aber mit modernem Anspruch.

Hans Hampp ist es auch, der die beruhigend­en Worte spricht: „Schießen ist Technik und Training, aber auch Glück.“Das zumindest tröstet über die drei deplatzier­ten Einschussl­öcher beim ersten Versuch hinweg. Die Schützen aus dem Gau Türkheim haben am Samstag noch die Chance, den Siegerschu­ss abzugeben. Dann endet das 67. Gauschieße­n in Derndorf. „Es kann immer sein, dass am Ende noch einer einen draufsetzt“, betont Hans Ziegler. Im Zweifelsfa­ll mit etwas Glück. B Klasse Allgäu 9 Buchloe/Lindenberg 2 – Eppishause­n 2

(Sa., 13.30 Uhr) TSV Zaisertsho­fen 2 – SV Bedernau 2 SV Oberrieden 2 – FSV Dirlewang 2 SVS Türkheim 2 – FC Bad Wörishofen 2 Mittelneuf­nach 2 – SG Jengen/Waal 2 TSV Kirchheim 2 – SV Schöneberg 2 TV Sontheim 2 – SV Mattsies 2

(alle So., 13 Uhr)

JUGENDFUSS­BALL Bezirksobe­rliga, B Junioren

JFG Wertachtal – TSV Rain

(Sa., 13 Uhr, Bad Wörishofen) HANDBALL

Relegation zur BOL, Männer

TV Memmingen – TSV Mindelheim

(Sa., 19.30 Uhr, BBZ Halle) SCHIESSEN

67. Gauschieße­n in Derndorf Finalschie­ßen (So., ab 19 Uhr) Vom 27. April bis 12. Mai richtet der Schützenve­rein Edelweiß Derndorf das 67. Gauschieße­n aus. Hier die ak tuellen Ergebnisse:

Festscheib­e 1. Manfred Kögel (Ober neufnach) 2,50 Teiler, 2. Markus Greiner (Derndorf) 3,07, 3. Werner Nieberle (Immelstett­en) 4,56 Jubiläumss­cheibe 1. Natalie Henkel (Ettringen) 4,55 Teiler, 2. Hans Joa chim Rose (Lindenberg) 6,43, 3. Ger hard Schropp (Amberg) 8,78 Punktschei­be LG 1. Michaela Kögel (Mittelneuf­nach) 0,82 Teiler, 2. Ma nuel Sattelmaye­r (Mittelneuf­nach) 3,19, 3. Anna Lena Schropp (Amberg) 6,41 LP 1. Norbert Baur (Tussenhau sen) 10,54 Teiler, 2. Sebastian Hirsch (Kirchheim) 13,16, 3. Georg Hampp (Derndorf) 13,81

Meistersch­eibe LG 1. Michaela Kö gel (Mittelneuf­nach) 100 Ringe, 2. Carina Zacher (Amberg) 100, 3. Mar kus Miller (Derndorf) 99 LP 1. Sebas tian Kugelmann (Wiedergelt­ingen) 98 Ringe, 2. Lukas Kögel (Ettringen) 97, 3. Christian Walter (Siebnach) 97

Teilnehmer 716 Meistbetei­ligung Derndorf (139), Mittelneuf­nach (62), Kirchheim (60) (Stand: 10. Mai)

OSchießzei­ten Am Samstag, 12. Mai, findet von 16 bis 23 Uhr der letzte Schießtag statt. Das Finalschie ßen in den Kategorien Luftgewehr, Luftpistol­e und Jugend findet am Sonntag, 13. Mai, ab 19 Uhr statt. Weitere Infos unter www.gauschies sen2018.de.

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Foto: Hans Hampp Von erfahrenen Schützen in die richtige Haltung positionie­rt, Ziel anvisiert, Hand am Abzug. Ob das schon für einen Treffer auf die Luftgewehr­scheibe reicht?
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Die Schützen können sich die Ergebnisse am PC anschauen.

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