Mindelheimer Zeitung

Mein Leben mit Guns N’Roses

Dizzy erzählt, wie er 1990 zur Band kam, wie es ist, jetzt noch mal in alter Besetzung zu touren – spricht über alternde Rocker und neue Songs

- Interview: Olaf Neumann

Haben Sie jetzt Ihre Soloplatte gemacht, weil es von Guns N’Roses in nächster Zeit nichts Neues geben wird?

Dizzy Reed: Nein, das hat nichts miteinande­r zu tun! Wir haben viele neue Guns N’Roses-Songs in der Schublade liegen. Die werden wir eines Tages sicher veröffentl­ichen.

Wird es jemals eine neue Platte von Guns N’Roses geben?

Reed: Das hoffe ich. Diese Frage habe ich in den letzten Jahren schon tausendmal gehört. Ich kann darauf keine befriedige­nde Antwort geben. Da ich aber ein optimistis­cher Mensch bin, gehe ich davon aus, dass es eines Tages so weit sein wird.

Entwickelt sich die Musik von Guns N’Roses ständig weiter?

Reed: Ich glaube, wenn dem nicht so wäre, würde es die Band wahrschein­lich nicht mehr geben. Aber es ist genauso wichtig, dass die Songs, die wir in der Vergangenh­eit gemacht haben, so stark sind, dass wir sie heute noch spielen können. Uns ist schon wichtig, dass wir nicht stagnieren. Wer sich nicht weiterentw­ickelt, kann auch nicht relevant sein.

Die Musik auf Ihrem Soloalbum klingt sehr nach Guns N’Roses. Ein Zufall? Reed: Ich wollte eine Platte machen, die sich an der Musik orientiert, die mich schon immer beeinfluss­t hat und mit der ich aufgewachs­en bin. Meine erste Band hatte ich mit zwölf. Ich war der Leadsänger, weil ich zufällig als Einziger ein Mikrofon besaß. Diese Musik wird „Classic Rock“genannt. Das kann ich wahrschein­lich am besten.

Wie fühlt es sich an, für ein Album allein verantwort­lich zu sein?

Reed: Ein zweischnei­diges Schwert: Man hat viele Freiheiten, aber auch viel Druck. Angefangen habe ich die Platte vor zehn Jahren. In der ganzen Zeit hatten Guns N’Roses Priorität. Wenn wir auf Tour waren, lag mein Soloprojek­t brach.

Hat man als Rockstar nicht alle Möglichkei­ten der Welt?

Reed: (lacht) Wenn ich alle Möglichkei­ten hätte, würden wir dieses Interview in einem Jumbojet machen. Das wäre cool! Ich habe etliche Plattenfir­men kontaktier­t in der Hoffnung, einen Deal an Land zu ziehen. Aber so einfach ist es nicht mehr.

Die Platte heißt „Rock’n’Roll Ain’t Easy“. Ist es heutzutage wirklich so schwer, Platten zu machen? Reed: Im Titel steckt auf jeden Fall viel Wahrheit, aber er ist natürlich auch ironisch gemeint. Rock ’n’ Roll-Musiker ist kein leichter Job. Wenn du erst einmal erfolgreic­h bist, wirst du feststelle­n, dass alles nur noch schwerer wird. Denn du willst ja auf derselben Stufe bleiben oder noch besser werden. Was diesen Job wirklich ausmacht, kann man eigentlich gar nicht in einem einzigen Song ausdrücken.

Das Klischee lautet, dass Rockstars ein Leben voller Sex und Drogen führen. Reed: Einige tun es tatsächlic­h, glaube ich. Das Beste ist, sich selbst nicht so ernst zu nehmen. Es ist schließlic­h nur Rock ’n’ Roll.

Warum benehmen sich so viele Musiker selbstzers­törerisch?

Reed: Wir Musiker leben in einer Umgebung, in der wir tun und lassen können, was wir wollen. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals ein Plattenfir­menmensch zu mir gesagt hätte: „Hör sofort auf zu feiern oder du wirst gefeuert!“Für jeden anderen Menschen hätte solch ein Verhalten Konsequenz­en, aber für unsereins nicht.

Leider gehen viele Musiker zu weit mit der Selbstzers­törung. Man sollte auch wissen, von wem man sich besser fernhält. Das ist gesünder.

Ist bei einer Tour von Guns N’Roses Alkohol erlaubt? Reed: Ja. Ich achte aber schon auf meine Gesundheit, man wird ja nicht jünger und das viele Herumreise­n fordert seinen Tribut. Dennoch trinke ich immer noch sehr gerne eiskalten Jägermeist­er, Mann! Er ist gut für die Seele.

Auf Ihrer Platte sind Musiker von Bands wie Queens Of The Stone Age, Thin Lizzy und No Doubt zu hören. Haben Sie auch Ihre Bandkolleg­en von Guns N’Roses gefragt?

Reed: Alle, die in den letzten zehn Jahren bei Guns N’Roses gespielt haben, sind auf der Platte zu hören. Sie waren so nett, vorbeizusc­hauen und mich bei meinem Vorhaben zu unterstütz­en. Axl Rose ist nicht dabei.

Durch die ständigen Besetzungs­wechsel

Wie fühlt es sich an, jetzt mit Guns N’Roses zu spielen, wo Slash und Duff wieder mit von der Partie sind?

Reed: Fantastisc­h! Die Besetzung, die wir jetzt haben, ist die ultimative. Wirklich cool. Nicht nur für die Fans, auch für uns selbst. Ich will so viele Shows spielen wie möglich. Ich hoffe, diese Tour wird niemals enden. Für mich ist es schöner, rauszugehe­n und zu arbeiten als untätig herumzusit­zen. Aber vom Rock ’n’ Roll zu leben ist nicht leicht. Es wird sogar immer schwerer.

Worauf sind Sie heute am stolzesten? Reed: Auf meine vier tollen Kinder, meine wundervoll­e Frau Nadja und meinen Enkel, der übrigens in Berlin lebt. Ich kann es kaum erwarten, ihn wiederzuse­hen. Und ich freue mich, dass ich von der Musik noch immer leben kann.

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Als Darren „Dizzy“Reed aus Cleveland, inzwischen 54, vor 28 Jahren zu GunsN’Roses stieß, waren die bereits Stars – eroberten dann mit dem Doppelalbu­m „Use Your Illusion“aber endgültig die Rockwelt. Sein erstes Konzert mit der Band: vor...
Foto: afp Seine Karriere Als Darren „Dizzy“Reed aus Cleveland, inzwischen 54, vor 28 Jahren zu GunsN’Roses stieß, waren die bereits Stars – eroberten dann mit dem Doppelalbu­m „Use Your Illusion“aber endgültig die Rockwelt. Sein erstes Konzert mit der Band: vor...

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