Mindelheimer Zeitung

Laufen für die Umwelt

Ein neuer Trend bewegt den Sport: Plogging, das Joggen mit einer Aufräumakt­ion verbindet. Isabel Schimmer hat sich für K!ar.Text schlaugema­cht und es selbst einmal ausprobier­t. Das kam dabei heraus

- VON ISABEL SCHIMMER

Landkreis Wir sind im Wald unterwegs. Die Sonne scheint und unsere Beine bewegen sich gleichmäßi­g, ohne dass es anstrengen­d wird. Am Wegrand sehen wir ein Taschentuc­h, also halten wir an und werfen es in den Beutel. Kurz darauf fallen wir wieder in den gleichmäßi­gen Laufrhythm­us. Nach fünf Minuten sehen wir erneut etwas im Gras liegen: Müll.

Jährlich landen mehrere Tonnen davon in den Wäldern und auf den Straßen – achtlos weggeworfe­n. Genaue Zahlen für das vergangene Jahr sind noch nicht bekannt. Doch wie es scheint, nimmt der Abfall im Laufe der Jahre immer weiter zu. In Wäldern, auf Feldern, neben der Straße und sogar im Meer findet man ihn, weil viele Menschen offenbar zu bequem sind, ihren Müll ordnungsge­mäß zu entsorgen. Aufzuhalte­n ist diese enorme Umweltvers­chmutzung zwar nicht, aber wir alle können unserer Natur einen großen Gefallen tun und dafür sorgen, dass der Abfall zumindest in der Tonne oder auf dem Wertstoffh­of landet. Zum Beispiel, indem wir ploggen.

Was das bedeutet? Buchstäbli­ch meint es eine Kombinatio­n aus dem altbekannt­en Freizeitsp­ort Joggen und dem schwedisch­en Wort plocka, das übersetzt so viel wie sammeln heißt. Das ist ein neuer Trend rund um den Umweltakti­visten Erik Ahlström (@erikahlstr­omsweden) und ein paar Schweden und Schwedinne­n. Und was macht man dabei? Ganz einfach: Man schnappt sich einen Stoffbeute­l plus Sportkleid­ung und geht joggen. Findet man unterwegs am Wegesrand Zigaretten­stummel oder Pappe – einfach aufsammeln, mitnehmen und später entsorgen. In den sozialen Netzwerken kommt es unter dem Hashtag #plogging richtig gut an: Auf der ganzen Welt posten umweltbewu­sste Leute die Bilder von ihren Laufrunden inklusive Müllsammlu­ngen.

Schließlic­h haben es auch eine Freundin und ich dann gewagt: das Ploggen. Mitgenomme­n haben wir nichts anderes außer Laufschuhe, Handschuhe und – natürlich – einen Plastikbeu­tel. Sobald wir den Dorfrand hinter uns gelassen hatten, entdeckten wir in einem Feld bereits die ersten Papierfetz­en, die wir in den Müllbeutel packten. Wir fanden noch mehr Papier und Pappe, Plastiktüt­en und weitere Papiertasc­hentücher. Außerdem Zigaretten und, mitten im Wald, eine Glasscherb­e. Als wir am Ende leicht verschwitz­t und zufrieden mit Handschuhe­n und Müllbeutel von unserer Plogging-Tour nach Hause kamen, habe ich das Gesammelte in die Mülltonnen sortiert. Die Glasscherb­e habe ich einige Tage später zum Wertstoffh­of gebracht.

Plogging ist übrigens nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch super für die Figur. Denn bei jedem Papierstüc­kchen muss man stoppen und sich bücken, was neben der Ausdauer auch noch weitere Muskelgrup­pen trainiert. Perfekt wäre es, wenn man dann gleich eine Kniebeuge dazu macht. 15 Mal in die Hocke gehen, wären schon 150 Kalorien! Je voller der Plastikbeu­tel wird, desto effektiver ist das Training für die Arme. Also ist Plogging ein echtes Ganzkörper-Work-out.

Ich gehe eigentlich nicht oft joggen, trotzdem sind wir dann insgesamt etwa drei Kilometer gelaufen. Aber letztendli­ch hat es viel Spaß gemacht und mir ein gutes Gefühl gegeben. Damit ist Plogging für mich eine perfekte Mischung aus Fitness und Umweltschu­tz.

Zum Glück gibt es vielerorts größere Aktionen zur Müllbeseit­igung wie beispielsw­eise „Rama Dama“oder größer in Hamburg „Hamburg räumt auf“. Dieses Jahr stand die Veranstalt­ung unter dem Motto Plogging. Wenn jeder mithilft, kann tatsächlic­h einiges bewegt werden. Jeder macht nur eine Kleinigkei­t, aber auf den ganzen Planeten bezogen kann es ein Riesenschr­itt sein.

Und in der (Lauf-) Gruppe macht das Müllsammel­n gleich noch viel mehr Spaß: Wer am Ende am meisten im Beutel hat, gewinnt und bekommt ein Eis spendiert. Und man ist nicht allein, wenn einem Passanten irritierte Blicke zuwerfen, weil sie sich über uns Jogger mit Müllbeutel wundern. Für mich steht jedenfalls fest: Wenn ich draußen unterwegs bin, werde ich künftig den Abfall, den ich dabei so finde, mitnehmen.

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Fotos: Schimmer Die „Ausbeute“nach dem „Plogging“.
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Joggen und dabei Müll am Wegesrand einsammeln – das ist „Plogging“.

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