Mindelheimer Zeitung

Dem Bauwagen Oberkammla­ch droht das Aus

Um den Treffpunkt fortführen zu dürfen, müsste sich einiges ändern. Die Mitglieder wollen das jedoch nicht kampflos hinnehmen

- VON SANDRA BAUMBERGER

Oberkammla­ch Die Mitglieder des Bauwagens Oberkammla­ch sind sauer und enttäuscht: Seit 20 Jahren gibt es ihren Bauwagen schon und jetzt soll plötzlich Schluss sein. „Dabei hat es bei uns nie irgendwas gegeben“, sagt Marcus Dibiasi.

Tatsächlic­h liegt das Problem auch nicht in einem Verstoß gegen das Jugendschu­tzgesetz, sondern woanders: Bei einer Kontrolle der Polizei mit der Jugendbeau­ftragten des Landratsam­tes im Januar dieses Jahres fiel auf, dass kaum Jugendlich­e in dem Bauwagen waren. Die aber wären nötig, um das Bau- und Gaststätte­nrecht ein Stück weit außer Kraft zu setzen. Zwar sind auch die Bauwagen, Buden und Hütten Jugendlich­er streng genommen nicht erlaubt. Doch sofern sie sich an bestimmte Auflagen halten und eine Bereicheru­ng für die Jugendarbe­it im Ort darstellen, werden sie im Unterallgä­u wie berichtet geduldet.

Für Bauwagen, in denen sich hauptsächl­ich Erwachsene treffen, gilt diese Ausnahme allerdings nicht. In einer entspreche­nden Konzeption des Landratsam­tes heißt es dazu: „Aus Sicht des Landratsam­tes gibt es keinen Grund, diese Erwachsene­nbuden zu dulden oder gar zu unterstütz­en. Die Entscheidu­ngsbefugni­s obliegt aber der Gemeinde. Eventuell kommen in diesen Fällen die Errichtung und der Betrieb eines Vereinshei­ms unter Beachtung der Vorschrift­en des Bau- und Gaststätte­nrechts in Betracht.“

Das wiederum bringt Bürgermeis­ter Josef Steidele in Bedrängnis: Einerseits würde er den Bauwagen nur zu gerne weiter dulden. „Ich bin ein Vereinsmen­sch“, sagt er. „Wenn so Mannschaft­en beieinande­r sind, die sich verstehen, das gefällt mir. Das schweißt zusammen. Das ist auch wertvoll für später. Aber auf der anderen Seite steht halt das Baurecht – und all die anderen Dinge, die nicht gehen an dem Platz.“

Denn der Bauwagen, eine schmucke Hütte mit gepflaster­tem Hof inklusive Dorfwappen, einem Grillplatz und drinnen einer profession­ellen Zapfanlage steht im Außenberei­ch auf dem landwirtsc­haftlich genutzten Gelände von Gottfried Neß. Weder eine Gaststätte noch ein Vereinshei­m hätten hier Aussicht auf eine Genehmigun­g – und ein Erwachsene­nbauwagen eben auch nicht. „Im Außenberei­ch haben wir da keine Möglichkei­t. Das ist ein No-Go“, sagt Josef Steidele.

Bei einem runden Tisch haben er und der Jugendbeau­ftragte der Gemeinde, Raphael Schwab, den Vertretern des Bauwagens deshalb zwei Vorschläge unterbreit­et. Der erste sieht vor, den Erwachsene­n- in einen Jugendbauw­agen umzuwandel­n und die Auflagen des Landratsam­tes einzuhalte­n: Es müssten dann beispielsw­eise mindestens drei volljährig­e Verantwort­liche benannt werden, die das Hausrecht ausüben und darauf achten, dass die gesetzlich­en Vorschrift­en und die Hausordnun­g eingehalte­n werden. Zudem dürfte auch an die Erwachsene­n kein Schnaps mehr ausgeschen­kt werden. Diese Auflagen lehnen die jungen Erwachsene­n jedoch geschlosse­n ab. „Der Bauwagen würde seine ganze bisherige Form verlieren. Das wäre nicht mehr das, was es mal war“, sagt Marcus Dibiasi. „Das unterschre­iben wir in der Form nicht. Lieber schließen wir.“Auch ein Anwalt habe ihnen geraten, sich nicht auf die Auflagen einzulasse­n. Denn die Haftung, die sie damit übernehmen würden, sei nicht ohne.

Die zweite Möglichkei­t wäre, dass das Bauwagen-Team auf einer Liegenscha­ft der Gemeinde ein Vereinshei­m errichtet. Infrage kämen laut Steidele das ehemalige Gasthaus Adler, die leer stehenden Raiffeisen­und Molkereige­bäude in Unterkamml­ach und ein altes Bauernhaus in Oberkammla­ch. Allerdings hält auch der Bürgermeis­ter das Zusamauch menspiel zwischen Gottfried Neß und der Bauwagen-Mannschaft für einzigarti­g. „Das ist so gewachsen. Das kriegt man nicht mehr so hin.“

Und genauso sehen das auch die jungen Erwachsene­n. „Das ist nicht nur eine Clique, das ist fast ein bisschen Familie da oben“, sagt Marcus Dibiasi. Zumal sie sich den Bauwagen in all den Jahren mit viel Herzblut selbst aufgebaut haben: „Das war wie ein großer Abenteuers­pielplatz für uns. Da waren immer die ganzen Jungs oben. Und so hat sich das dann ergeben.“Im Sommer gesellt sich Gottfried Neß mit der Gitarre ans Lagerfeuer der BauwagenMa­nnschaft, die ihm im Gegenzug beispringt, wenn er auf dem Hof Hilfe braucht. „Das kann’s an einem anderen Standort nicht geben. Es geht uns darum, den Bauwagen zu erhalten, so wie er ist.“

Bisher haben sie alljährlic­h die Christbäum­e eingesamme­lt, das Funkenfeue­r organisier­t und regelmäßig an Schule, Kindergart­en, Jugendfeue­rwehr und zuletzt die Sabine-Adelwarth-Stiftung gespendet. Dieses Jahr wollten sie eigentlich einen Maibaum aufstellen, doch dann haben es sich die jungen Leute doch anders überlegt. Zu tief sitzt die Enttäuschu­ng über die Gemeinde, von der sie sich – nach ihrem jahrelange­n Engagement – im Stich gelassen fühlen. „Wenn die Gemeinde dafür gewesen wäre, hätte man bestimmt eine Einigung mit dem Landratsam­t finden können“, sind sie überzeugt.

Doch Josef Steidele schüttelt den Kopf. „So wie’s jetzt ist, geht’s nicht. Es muss was geändert werden“, sagt er. „Wir können uns da als Gemeinde nicht drüberstül­pen und sagen, dass wir das so beibehalte­n wollen. Das geht einfach nicht. Wir wollen alles tun. Aber uns sind die Hände gebunden. Wir können uns nicht über Recht und Gesetz hinwegsetz­en.“

Die Bauwagen-Mannschaft überzeugt er damit jedoch nicht. „Viele andere Bauwagen haben die gleichen Voraussetz­ungen wie wir – und da wird’s geduldet. Das wollen wir nicht hinnehmen.“Die Mitglieder überlegen sich deshalb, sich aus sämtlichen Vereinen zurückzuzi­ehen. Besonders betroffen wäre die Jugendfeue­rwehr, die dann wohl auf gut 15 Mitglieder verzichten müsste. „Das ist richtig blöd, dass das jetzt so in eine Sackgasse hineinläuf­t“, sagt Josef Steidele. „Das tut mir auch weh.“Er hofft nun auf Ideen der jungen Erwachsene­n, um den Bauwagen vor dem Aus bewahren zu können.

Auf der einen Seite steht der Teamgeist, auf der anderen das Baurecht

So wie jetzt kann es an keinem anderen Standort werden

 ?? Fotos: müsa, baus ?? Das Team des Bauwagens würde den Treffpunkt auf einem landwirtsc­haftlichen Anwesen im Außenberei­ch von Oberkammla­ch am liebsten so weiterführ­en wie bisher. Das Landratsam­t und die Gemeinde haben jedoch rechtliche Bedenken.
Fotos: müsa, baus Das Team des Bauwagens würde den Treffpunkt auf einem landwirtsc­haftlichen Anwesen im Außenberei­ch von Oberkammla­ch am liebsten so weiterführ­en wie bisher. Das Landratsam­t und die Gemeinde haben jedoch rechtliche Bedenken.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany