Bloß kein Bürokratie Monster
Dem Mindelheimer Stadtrat sind Bäume wichtig, und doch lehnt er eine Verordnung ab
Mindelheim Vor vier Jahren hatten die Grünen bereits einen Vorstoß unternommen und waren an der Mehrheit im Stadtrat gescheitert. Jetzt versuchte es die Bürgergemeinschaft noch einmal und beantragte eine Baumschutzverordnung für die Kreisstadt. Auch diesmal fand sich keine Mehrheit. Der Antrag wurde mit 17 gegen fünf Stimmen abgelehnt.
Fraktionssprecher Manfred Schuster hatte seinen Vorstoß damit begründet, dass das durchgrünte Stadtbild besser geschützt werde. Aus klimatischen und städteökologischen Gründen sollte der Bestand innerhalb des Stadtgebietes ohne die Ortsteile unter Schutz gestellt werden.
Es gehe vor allem um den Schutz gewisser Bäume wie Eichen, Buchen oder Linden, die ein gewisses Alter erreicht haben, sagte Schuster. Nicht jeder beliebige Baum sollte geschützt werden. Ein großer Baum liefere den Sauerstoff für 50 Menschen. Ökologisch sei ein großer Baum so wirkungsvoll wie 200 kleine. In Mindelheim würden als Ersatz nur kleine Bäume gepflanzt.
Die Stadtverwaltung hat sich diesmal so tief in die Materie eingegraben wie noch nie. Michael Egger vom Bauamt schrieb zehn Kommunen in der Region an. Sechs antworteten. Nur eine von ihnen hat eine Baumschutzverordnung, und zwar die Kurstadt Bad Wörishofen. Für das Ortsbild bewertet die dortige Stadtverwaltung die Verordnung mit der Schulnote 1. Sie trage also dazu bei, dass Bad Wörishofen seinen Baumbestand gut schützen kann.
Allerdings sind die Bewohner eher skeptisch. Die Akzeptanz in der Bevölkerung bekam die Schulnote 3. Und auch der Aufwand im Verhältnis zum Nutzen sei nur befriedigend. Obergünzburg hat sich gegen eine Baumschutzverordnung entschieden, weil es oft schwierig ist, die Verkehrssicherheit mit dem Baumschutz zu vereinbaren.
Generell betonte Michael Egger, dass Baurecht Baumrecht bricht. Sofern also ein Grundstückseigentümer auf dem baurechtlich nutzbaren Grundstück bauen will, darf er Bäume fällen. Auch mithilfe einer Baumschutzverordnung ließe sich das nicht verhindern.
Werden Bäume unsachgemäß zurückgeschnitten, können sie unab- sichtlich oder mutwillig geschädigt werden. Eindeutig beweisbar ist das dann am Ende nicht, was zum Eingehen eines Baumes geführt hat.
Weil nur solche Bäume unter Schutz gestellt werden würden, die einen gewissen Stammumfang haben, fürchtet die Stadtverwaltung, dass die Bürger vorher Fakten schaffen. Die Bäume würden also kurz vorher, bevor sie geschützt wären, gefällt.
Auch wäre ein solcher Schutz ein „beträchtlicher Eingriff“ins Privateigentum, sagte Egger. Die Stadt fürchtet, dass sie selbst in der Pflicht wäre, bei Bauvorhaben nicht nur ökologische Ausgleichsflächen zu schaffen, sondern weiter Flächen für Ersatzpflanzungen ausweisen müsste. Und nicht zuletzt sei der Verwaltungsaufwand erheblich. Personal müsste dafür eingestellt werden, das prüft, ob das Regelwerk eingehalten wird. Auch fürs Verhängen von Bußgeldern wäre Personal notwendig.
Bürgermeister Stephan Winter sieht ohnehin kein wirkliches Problem in Mindelheim. „Ich kann nicht feststellen, dass bei uns ortsbildprägende Bäume verschwunden wären“. Bei Naturdenkmalen greife das bayerische und Bundesnaturschutzgesetz. Von der Notwendigkeit einer Baumschutzverordnung für Mindelheim „bin ich nicht überzeugt“.
Josef Doll (Grüne) hielt dagegen. Eine über 50 Jahre alte Rotbuche sei erst kürzlich „ohne Not“gefällt worden. Die Stadt sollte dazu beitragen, dass Bäume wachsen können. Die Stadtverwaltung setzt auf andere Instrumente. Im Baurecht könne im Freiflächenplan festgelegt werden, wo Bäume zu stehen haben. „Da sind wir sehr penibel“, sagte Egger. In städtebaulichen Konzepten werde die wertvolle Begrünung festgelegt.
Grundsätzlich gilt: Baurecht bricht Baumrecht