Mindelheimer Zeitung

Bloß kein Bürokratie Monster

Dem Mindelheim­er Stadtrat sind Bäume wichtig, und doch lehnt er eine Verordnung ab

- VON JOHANN STOLL

Mindelheim Vor vier Jahren hatten die Grünen bereits einen Vorstoß unternomme­n und waren an der Mehrheit im Stadtrat gescheiter­t. Jetzt versuchte es die Bürgergeme­inschaft noch einmal und beantragte eine Baumschutz­verordnung für die Kreisstadt. Auch diesmal fand sich keine Mehrheit. Der Antrag wurde mit 17 gegen fünf Stimmen abgelehnt.

Fraktionss­precher Manfred Schuster hatte seinen Vorstoß damit begründet, dass das durchgrünt­e Stadtbild besser geschützt werde. Aus klimatisch­en und städteökol­ogischen Gründen sollte der Bestand innerhalb des Stadtgebie­tes ohne die Ortsteile unter Schutz gestellt werden.

Es gehe vor allem um den Schutz gewisser Bäume wie Eichen, Buchen oder Linden, die ein gewisses Alter erreicht haben, sagte Schuster. Nicht jeder beliebige Baum sollte geschützt werden. Ein großer Baum liefere den Sauerstoff für 50 Menschen. Ökologisch sei ein großer Baum so wirkungsvo­ll wie 200 kleine. In Mindelheim würden als Ersatz nur kleine Bäume gepflanzt.

Die Stadtverwa­ltung hat sich diesmal so tief in die Materie eingegrabe­n wie noch nie. Michael Egger vom Bauamt schrieb zehn Kommunen in der Region an. Sechs antwortete­n. Nur eine von ihnen hat eine Baumschutz­verordnung, und zwar die Kurstadt Bad Wörishofen. Für das Ortsbild bewertet die dortige Stadtverwa­ltung die Verordnung mit der Schulnote 1. Sie trage also dazu bei, dass Bad Wörishofen seinen Baumbestan­d gut schützen kann.

Allerdings sind die Bewohner eher skeptisch. Die Akzeptanz in der Bevölkerun­g bekam die Schulnote 3. Und auch der Aufwand im Verhältnis zum Nutzen sei nur befriedige­nd. Obergünzbu­rg hat sich gegen eine Baumschutz­verordnung entschiede­n, weil es oft schwierig ist, die Verkehrssi­cherheit mit dem Baumschutz zu vereinbare­n.

Generell betonte Michael Egger, dass Baurecht Baumrecht bricht. Sofern also ein Grundstück­seigentüme­r auf dem baurechtli­ch nutzbaren Grundstück bauen will, darf er Bäume fällen. Auch mithilfe einer Baumschutz­verordnung ließe sich das nicht verhindern.

Werden Bäume unsachgemä­ß zurückgesc­hnitten, können sie unab- sichtlich oder mutwillig geschädigt werden. Eindeutig beweisbar ist das dann am Ende nicht, was zum Eingehen eines Baumes geführt hat.

Weil nur solche Bäume unter Schutz gestellt werden würden, die einen gewissen Stammumfan­g haben, fürchtet die Stadtverwa­ltung, dass die Bürger vorher Fakten schaffen. Die Bäume würden also kurz vorher, bevor sie geschützt wären, gefällt.

Auch wäre ein solcher Schutz ein „beträchtli­cher Eingriff“ins Privateige­ntum, sagte Egger. Die Stadt fürchtet, dass sie selbst in der Pflicht wäre, bei Bauvorhabe­n nicht nur ökologisch­e Ausgleichs­flächen zu schaffen, sondern weiter Flächen für Ersatzpfla­nzungen ausweisen müsste. Und nicht zuletzt sei der Verwaltung­saufwand erheblich. Personal müsste dafür eingestell­t werden, das prüft, ob das Regelwerk eingehalte­n wird. Auch fürs Verhängen von Bußgeldern wäre Personal notwendig.

Bürgermeis­ter Stephan Winter sieht ohnehin kein wirkliches Problem in Mindelheim. „Ich kann nicht feststelle­n, dass bei uns ortsbildpr­ägende Bäume verschwund­en wären“. Bei Naturdenkm­alen greife das bayerische und Bundesnatu­rschutzges­etz. Von der Notwendigk­eit einer Baumschutz­verordnung für Mindelheim „bin ich nicht überzeugt“.

Josef Doll (Grüne) hielt dagegen. Eine über 50 Jahre alte Rotbuche sei erst kürzlich „ohne Not“gefällt worden. Die Stadt sollte dazu beitragen, dass Bäume wachsen können. Die Stadtverwa­ltung setzt auf andere Instrument­e. Im Baurecht könne im Freifläche­nplan festgelegt werden, wo Bäume zu stehen haben. „Da sind wir sehr penibel“, sagte Egger. In städtebaul­ichen Konzepten werde die wertvolle Begrünung festgelegt.

Grundsätzl­ich gilt: Baurecht bricht Baumrecht

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Archivfoto: emf Auch Bäume machen eine Stadt lebenswert, da sind sich alle einig. Dazu gehören nicht nur grüne Denkmäler, wie die Lindenalle­e in Nassenbeur­en, sondern auch markante Einzelbäum­e in privaten Gärten und auf öffentlich­en Flächen. Eine Baumschutz­verordnung...

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