Wenn Mama und Papa sich trennen
Was Eltern tun sollten, damit ihre Kinder trotz einer Scheidung starke Persönlichkeiten werden können
Mindelheim Von zehn Ehen in Deutschland scheitern vier. Dem gehen oft jahrelange Streitigkeiten voraus. Kinder leiden an einer Trennung besonders darunter, die an Mama und Papa gleichermaßen hängen. Wie aber kann eine Trennung oder Scheidung, wenn sie schon nicht zu verhindern ist, so über die Bühne gehen, dass die Kinder möglichst wenig Schaden davontragen?
Der Sozialpädagoge Stephan Wallisch arbeitet seit ein paar Jahren bei der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung der Katholischen Jugendfürsorge KJF der Diözese Augsburg in Mindelheim. Er sagt: Eine Trennung kann für Kinder in bestimmten Fällen sogar besser sein als weitere Streitereien in der Ehe. „Vorausgesetzt, die Streitigkeiten enden dann auch“.
Einer positiven Entwicklung eines Kindes steht nichts im Wege, sagt Wallisch, wenn die Eltern es nach der Trennung schaffen, für die Kinder einen sicheren und verlässlichen Rahmen zu schaffen. Dabei geht es um zuverlässige Absprachen und die Möglichkeit, beide Elternteile regelmäßig zu sehen. Das fördere und unterstütze die Bindung zu beiden Elternteilen. Insbesondere bei Kleinkindern bis drei Jahren sei das wichtig, um Unsicherheiten zu vermeiden.
Mutter und Vater sollten die Bedürfnisse ihrer Kinder berücksichtigen. „Darauf könnte eigentlich jeder mit normalem Menschenverstand kommen“, sagt Wallisch. Tatsächlich überlagern die Konflikte oft das Naheliegende. Es sei eben wichtig, die Termine der Kinder zu organisieren. Wenn ein Junge regelmäßig am Wochenende Fußball spielt, muss geklärt werden, wer von den Eltern fährt.
Besonders in der ersten Phase sei es wichtig, den Kindern Sicherheit zu geben. Die Eltern sollten gleich klären, wie häufig die Kinder ihre Mama oder ihren Papa sehen können. Sind die Kinder noch sehr klein, sagt Wallisch, dann sollten die ihre Eltern häufiger als nur am Wochenende sehen können.
Eltern bleiben ja Eltern, auch wenn sie sich getrennt haben. Sie müssen also versuchen, in Eigenverantwortung eine gute Lösung für ihre Kinder hinzubekommen, sagt der Experte. Das fordert auch der Gesetzgeber.
Kinder geben im Grunde ihres Herzens nie die Hoffnung auf, dass sich Mama und Papa doch wieder versöhnen. Diese Hoffnung bleibt auch, wenn ein Elternteil einen neuen Partner gewählt hat. Wenn in dieser neuen Familie schon Kinder leben, sind die Herausforderungen besonders groß. Wallisch sagt, die Kinder, die dazu kommen, haben oft das Gefühl, nirgendwo richtig dazuzugehören. Sie sind ja alle zwei Wochen bei Mama oder Papa und können in dieser Zeit nicht in die neue Familie hineinwachsen.
Geklärt werden sollten auch die neuen Regeln in der neuen Familie. „Es sollte mit den Kindern abgesprochen werden, wie wir es künftig handhaben wollen“, sagt der 40-Jährige. Hauptverantwortlich für die Erziehung bleiben in jedem Fall die leiblichen Eltern.
Sinnvoll kann es auch sein, die Schule von einer Trennung zu informieren. „Dann können die Lehrkräfte ein Auge auf das Kind werfen.“Die Eltern sollten sich immer bewusst machen, welche Verantwortung sie für ihre Kinder haben. Werden bei der Trennung die Bedürfnisse der Kinder nach Geborgenheit nicht beachtet, kann das dramatische Folgen für die Kinder haben. Die schulischen Leistungen können sinken, die Persönlichkeitsentwicklung sich verzögern. Auch Depressionen und aggressives Verhalten können Folgen sein. Und womöglich tut sich ein solches Kind ein Leben lang schwer, selbst Bindungen aufzubauen. Das mit den eigenen Eltern Erlebte sitzt dann zu tief.
Die KJF-Beratungsstelle bietet zweimal im Jahr den Kurs „Kinder im Blick“an, der sich an Eltern richtet, die in Trennung leben. An sechs bis sieben Abenden zu je drei Stunden geht es ums Kinderwohl, ums Stabilieren des eigenen Alltags und auch darum zu lernen, wie gute Lösungen für die Kinder erarbeitet werden können. Der nächste Kurs findet im Herbst in Mindelheim statt. Kontakt Hilfe bei Trennung und Scheidung bietet die KJF Erziehungs , und Familienberatung in der Mindelhei mer Steinstraße (Tel. 08261/3132).