Mindelheimer Zeitung

Security Mitarbeite­r vor Gericht

Ein Mann randaliert, weil er bei einer Party nichts mehr zu trinken bekommt. Ein Mitarbeite­r des Ordnungsdi­enstes bringt ihn aus dem Lokal und handelt sich eine Anzeige wegen Körperverl­etzung ein

- VON WILHELM UNFRIED

Unterallgä­u Die Bar macht dicht und die Gäste haben noch Durst. Eine Szene, wie sie bei fast allen Festen vorkommt. In einer Disco im östlichen Unterallgä­u eskalierte die Situation, als ein Gast gegen 2.30 Uhr nicht wahrhaben wollte, dass es nun nichts mehr gibt. Er randaliert­e und wurde von den Security-Mitarbeite­rn vor den Ausgang gebracht. Über das Wie wurde nun vor dem Amtsgerich­t Memmingen gestritten.

Weil der Partygast behauptete, die Wachmänner hätten ihn verletzt, musste sich nun einer der Security-Mitarbeite­r vor Gericht wegen Körperverl­etzung verantwort­en. Der Staatsanwa­lt warf dem Wachmann in seiner Anklagesch­rift vor, den Partygast am Tresen so stark in den Schwitzkas­ten genommen zu haben, dass dieser zeitweise bewusstlos geworden sei. Dann habe der Sicherheit­smann den Feiernden vor die Tür geschleift. Dabei habe der Geschädigt­e ein KehlkopfTr­auma erlitten – und dies sei eine Körperverl­etzung.

Der Beschuldig­te schilderte die Situation aus seiner Sicht. Der Gast habe nach der Sperrstund­e noch etwas zu trinken verlangt. Als dies abgelehnt wurde, sei er aggressiv geworden und habe die Bedienunge­n beschimpft. Ein Zeuge sprach sogar von fliegenden Flaschen.

Daraufhin seien sie als Ordnungskr­äfte gerufen worden, so der Angeklagte. Der Partygast habe auch sie beschimpft und sei mit erhobenen Fäusten auf sie zugegangen. Es sei ihnen gar nichts anderes übrig geblieben, als den Mann zu entfernen. Um sich selbst nicht zu gefährden, habe er den Partygast – wie gelernt – in den Schwitzkas­ten genommen und zusammen mit einem anderen Wachmann zum Ausgang gebracht, was aufgrund der örtlichen Verhältnis­se – es ging über eine Treppe – nicht einfach gewesen sei. Von „Schleifen“sei keine Rede, sagte der Security-Mitarbeite­r vor Gericht. Außerhalb des Lokals habe man den Mann losgelasse­n und auf den Boden gelegt. Dort sei der angeblich Geschädigt­e zunächst liegen geblieben. Als er gehört habe, dass man einen Krankenwag­en rufen wolle, habe er sich zusammen mit einem Kumpel ganz schnell entfernt.

Der Geschädigt­e sah dies anders. Er habe nur an der Theke noch et- was zu trinken haben wollen. Plötzlich sei der Wachmann von hinten gekommen, habe ihn in den Schwitzkas­ten genommen und weggeschle­ift. Unterwegs sei er bewusstlos geworden. Dann habe man ihn vor dem Lokal auf den Boden geworfen, wo er wieder aufgewacht sei. Die behandelnd­e Ärztin habe ihn zwei Wochen krankgesch­rieben. Auf die Frage von Richter Braun, wie stark er betrunken gewesen sei, meinte der Mann: „mittel“.

Die Zeugenbefr­agung brachte auch keine einheitlic­hen Ergebnisse, denn die meisten hatten nicht alles mitbekomme­n. Die befragten Wachmänner bestätigte­n die Aussage ihres Kollegen und bezeichnet­en den Partygast als aggressiv, was sich auch in verbalen Attacken ausdrückte.

Ausschlagg­ebend war dann ein Verantwort­licher des Veranstalt­ers, der den Geschädigt­en als „auffällig“bezeichnet­e und sagte, dass es mit ihm immer wieder Probleme gegeben habe: Er habe deswegen schon Hausverbot bekommen. Er sei selbst ausgebilde­ter Krankenpfl­eger, so der Veranstalt­er, und habe keine bedrohlich­e Situation erkennen können. Seiner Meinung nach sei der Feiernde vor dem Gebäude bewusst zu Boden gesackt, um sich in eine Opferrolle zu bringen.

Nach Abwägung der Aussagen schlug Richter Braun vor, das Verfahren einzustell­en – was letztlich auch mit Zustimmung aller Beteiligte­n geschah. Die Kosten trägt die Staatskass­e.

Der beschuldig­te Wachmann, der übrigens ohne Rechtsanwa­lt erschienen war, beschrieb am Ende das Dilemma: Bei diesen Events wolle der Veranstalt­er natürlich Geld verdienen und Alkohol verkaufen. Am Ende hätten dann aber die Wachleute den „Schwarzen Peter“.

 ?? Archivfoto: Alexander Kaya ?? Während die einen feiern, passen die anderen auf, damit nichts eskaliert. Doch nicht immer sind die Partygäste mit dem Verhalten von Security Mitarbeite­rn einverstan­den. Ein Fall landete nun sogar vor dem Memminger Amtsgerich­t.
Archivfoto: Alexander Kaya Während die einen feiern, passen die anderen auf, damit nichts eskaliert. Doch nicht immer sind die Partygäste mit dem Verhalten von Security Mitarbeite­rn einverstan­den. Ein Fall landete nun sogar vor dem Memminger Amtsgerich­t.

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