Mindelheimer Zeitung

Eine Spende, eine Frage und die Folgen

Bürgermeis­ter Paul Gruschka fordert seinen Freien-Wähler-Kollegen Alwin Götzfried auf, die FW-Fraktion zu verlassen. Götzfried wehrt sich und kritisiert seinerseit­s das Vorgehen des Rathausche­fs

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Es ging um Spenden für einen Brunnen und einen Hainbuchen-Pavillon – seit gestern geht es darum, ob Wirtschaft­sreferent Alwin Götzfried Mitglied der Fraktion der Freien Wähler bleiben kann. Bürgermeis­ter Paul Gruschka, selbst ein Freier Wähler, legte ihm am Mittwoch den Rückzug nahe. Götzfried wiederum wies dies gegenüber unserer Zeitung klar zurück. „Ich bin als Freier Wähler gewählt und nehme diese Verantwort­ung auch weiter wahr“, so Götzfried, der seinerseit­s Gruschka kritisiert. Der Bürgermeis­ter hatte zuvor in einer Presseerkl­ärung mitgeteilt: „Herr Götzfried möge die Fraktion der Freien Wähler verlassen. “Wie ein Freier Wähler agiere Götzfried „schon lange nicht mehr“, findet der Bürgermeis­ter. Anlass für Gruschkas Zorn sind Aussagen Götzfrieds in der Stadtratss­itzung vom Montag „Ich schäme mich dafür, dass solch eine Anfrage von einem Mitglied der Fraktion der Freien Wähler kommt, auch wenn ich selbst kein Fraktionsm­itglied bin“, schreibt Gruschka. „Ich bin aber Freier Wähler.“

Er wolle sich öffentlich entschuldi­gen „für den gesamten Stadtrat für die ungeheuerl­iche Anfrage von Stadtrat Götzfried, ob die Spendengel­der legal sind beziehungs­weise ob die Gelder rechtmäßig von den Spendern versteuert worden seien“, teilt Gruschka weiter mit. „Bei den beiden Spendern habe ich mich hierfür auch bereits in einem persönlich­en Gespräch entschuldi­gt.“

Götzfried hatte in der Sitzung unter anderem gefragt, wie der Stadtrat sicher sein könne, dass zu genehmigen­de Privatspen­den legal getätigt wurden und wie sich die Spendensum­me auf die Spender verteilt. Zuvor war es um die Annahme einer Spende von Hans J. Kania und Marieluise Vorwerk gegangen. Beide wollen den Hainbuchen-Pavillon im Kurpark mit einer geplanten Spende in Höhe von gesamt 20 000 Euro unterstütz­en. Der Stadtrat nahm die Spende einstimmig an.

Bekannt wurde zudem, dass es eine weitere Spende in Form eines Brunnens vor dem Guggerhaus geben wird, ebenfalls von Kania und Vorwerk. „Die Höhe dieser Spende steht noch nicht fest, dürfte aber schätzungs­weise bei rund 12 000 Euro liegen“, teilte Gruschka gestern mit. Bislang gibt es keine öffentlich bekannte Ansicht des Brunnens. SPD-Fraktionsc­hef Stefan Ibel hatte zudem kritisiert, dass der Stadtrat mit dem Vorhaben im Vorfeld gar nicht befasst wurde. Er habe nur aus der Einladung zur Übergabe von dem Brunnen erfahren. Bürgermeis­ter Gruschka hat die Spende bereits angenommen, der Stadtrat wird über die Annahme ebenfalls entscheide­n. Auch diese Reihenfolg­e hatte Ibel verärgert.

Gruschka teilte dazu mit, dass er nur „unter dem Vorbehalt der Beschlussf­assung durch den Stadtrat“annehme. Spenden würden über das Jahr hinweg in einer Liste erfasst und über deren Annahme dann in einer Sitzung durch Stadtratsb­eschluss entschiede­n. Das geschieht in nichtöffen­tlicher Sitzung, wie Gruschka sagt.

„Das Ergebnis der Beschlüsse wird in der Zuwendungs­liste vermerkt und erst dann wird die Zuwendung ordnungsge­mäß verbucht.“In Zweifelsfä­llen informiere die Stadt die Rechtsaufs­icht. Dies sei etwa auf Wunsch des Stadtrates bei Kanias Spende in Höhe von 171000 Euro für den Verkehrsüb­ungsplatz geschehen. „Das erbrachte bekanntlic­h das Ergebnis, dass diese Spende angenommen werden durfte“, so Gruschka. „So wird bei allen Spenden verfahren und so wird auch bei der Brunnenspe­nde verfahren.“Er könne die Aufregung von Götzfried und Ibel deshalb nicht verstehen. Allen Ratsmitgli­edern sollte das Verfahren bekannt sein.

Götzfried wiederum kritisiert­e Gruschkas Vorgehen gestern erneut. Der Stadtrat hätte rechtzeiti­g informiert werden müssen, findet Götzfried. Auch darüber, warum bei einer Spende von 20000 Euro eine gesonderte Zustimmung notwendig sei, bei angeblich 12 000 Euro für den Brunnen aber nicht. „Und wenn es tatsächlic­h so ist, dass die Stadt die Herkunft von Spendengel­dern nicht prüfen muss, dann ist das grundsätzl­ich ein gewisses Risiko“, findet Götzfried. Hier müsse seiner Meinung nach dann der Bürgermeis­ter für mehr Klarheit sorgen. „Das zu prüfen wäre seine Führungsau­fgabe“, sagt Götzfried.

Sein Verhältnis zu Kania und Vorwerk sei seit Jahren freundscha­ftlich, stellt Götzfried zudem klar. Der zwischenze­itlich verstor- bene Max-Jörg Vorwerk war viele Jahre lang sein Nachbar. Er wolle gewiss niemanden beschädige­n.

„Herr Kania und seine verstorben­e Frau fördern die Stadt Bad Wörishofen seit vielen Jahren mit vielen Projekten“, betont wiederum Gruschka. Dazu gehören der Musikinstr­umentenfon­ds, die Schenkung von Kunstgegen­stände, Begrüßungs­geld für Neugeboren­e, der Kultur- und Sport-Award, der Classic Music Award, der Maria Paijmans Kania Musikkultu­rpreis, der Musikkinde­rgarten, die Förderung Ehrenamt, der MelolinoAw­ard, zudem Spenden für das FesSpenden tival der Nationen, Jazz for Kids, Jazz goes to Kur, ASM-Preisträge­rkonzerte in Bad Wörishofen, den Geigen-Fonds und vieles mehr. „Über die Jahre beläuft sich die Fördersumm­e auf rund 400000 Euro“, schreibt Gruschka.

Max-Jörg Vorwerk habe außerdem die Reit- und Fahrverein­igung Bad Wörishofen beim Bau des Reiterheim­es mit 300000 Euro gefördert. „Frau Vorwerk hat auf die Rückzahlun­g eines Darlehens in Höhe von 30000 Euro verzichtet“, so Gruschka. „Sie hat zudem der Stadt Bad Wörishofen die Grundstück­e mit dem Reiterheim und der Gerätehall­e für 60000 Euro verkauft“, damit Grundstück­e und Gebäude durch die Reit- und Fahrverein­igung Bad Wörishofen und durch örtliche Vereine dauerhaft genutzt werden könnten. Bekanntlic­h gab es nach dem Tod Vorwerks eine Hängeparti­e hinsichtli­ch der Besitzverh­ältnisse Denn zur Überraschu­ng der Vereinsver­antwortlic­hen waren die Grundstück­e nicht dem Verein, sondern in den Besitz der Witwe Vorwerks übertragen worden. Die Reiter hoffen nun auf ruhigere Zeiten.

„Wirtschaft­lich betrachtet, dürfte die bisherige Förderung der beiden Spender gemeinsam auf rund 900000 Euro geschätzt werden“, rechnet Gruschka vor. „Die Anfrage von Herrn Götzfried beschädigt die Ehre und den guten Ruf der Spender“, stellt der Bürgermeis­ter fest.

„Spenden sind natürlich erwünscht, dürfen aber keine Vorteilsna­hme darstellen“, so Gruschka weiter. „Es geht um Korruption­svermeidun­g.“Es dürfe mit Spenden kein Einfluss auf Diensthand­lungen vorgenomme­n werden. Dies sei jedoch „weder bei Herrn Kania, noch Frau Vorwerk der Fall“, stellt Gruschka klar. Daher halte sich die Stadt Bad Wörishofen an die entspreche­nden Handlungse­mpfehlunge­n der Staatsregi­erung.

Ob man ihm tatsächlic­h vorwerfen wolle, dass er den Anschluss des Brunnens ans Guggerhaus befürworte­t habe und „dieser evtentuell ein paar hundert Euro kosten wird“, fragt Gruschka noch. Als Bürgermeis­ter finde er es „schön, wenn Bürgerinne­n und Bürger sich Gedanken machen, wie unsere Stadt noch schöner werden kann und diese Gedanken auch noch finanziere­n“, stellt er fest. Aussagen wie jene von Götzfried und Ibel würden die Spendenber­eitschaft aber nicht fördern.

Bislang geschätzte 900 000 Euro gespendet

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Foto: Heinrich Noch steht vor dem Guggerhaus ein Absperrkon­strukt. Bald schon wird dort ein neuer Brunnen plätschern. Es handelt sich um eine Spende.

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