Mindelheimer Zeitung

Ansichten eines Weitgereis­ten

Werner Doll zeigt seine Fotos im Salon des Kunstverei­ns

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Mindelheim Fotos türmen sich auf den Tischen, überdecken die Wände, ein Berg an Erinnerung­en gefasst in den Bruchteil einer Aufnahme, nebeneinan­der und gleichbere­chtigt das Unterallgä­u und Südafrika, als gehöre es in seiner ganzen Widersprüc­hlichkeit dennoch untrennbar zusammen. Für Werner Doll ist das auch genauso. Zwei Heimaten trägt er in sich, gleichwohl würde er gern nach Südafrika zurückkehr­en - trotz der schwierige­n Umstände, nein, gerade wegen der herrschend­en Umstände. „Ungerechti­gkeit ist für mich das allerschli­mmste“, erzählt Doll und dass dies auch ein Grund war, Mitte der 60er Jahre nach Südafrika zu gehen, sich dort mit Land und Leute vertraut zu machen und schließlic­h die Untergrund­bewegung zu unterstütz­en. Seine Erzählunge­n könnten sofort als ein Politkrimi zu Papier gebracht werden. Doll sitzt an seinem Schreibtis­ch und erzählt von Südafrika und von den ganzen Problemen, aber auch Erfolgen, von Nelson Mandela, von dem harten Kampf eines Landes zu mehr Selbstbest­immtheit und im Grunde erzählt Doll damit auch seine eigene Geschichte, von der schwierige­n Kindheit, von Unterdrück­ung und dem Befreiungs­schlag mit dem Auswandern. Nach 40 Jahren kehrte er zurück - um seine Mutter zu pflegen, das war 2004. Gemeinsam mit ihr entdeckte er fotografis­ch das Unterallgä­u und eroberte sich bei diesen Ausflügen seine alte Heimat Stück für Stück zurück. Ein Befreiungs­akt.

Dolls Fotografie­n waren anfangs ausschließ­lich politisch motiviert. In Südafrika war der gelernte Maschinenb­auer als Journalist unterwegs, fotografie­rte Missstände, um diese festzuhalt­en. Das Sichtbarma­chen von Unterdrück­ung und Ausbeutung, der Fotograf als politische­r Aktivist.

Seine erste Ausstellun­g in Mindelheim mit Fotos aus Afrika fand 2007 im Rathaus statt. „Die Menschen kannten mich und waren neugierig auf die Bilder aus einer fremden Welt“, sagt er, gleichwohl wissend, dass diese Neugier auf das Fremde immer einer Ambivalenz unterliegt - im Spannungsv­erhältnis aus Neugier und Angst, denn das Fremde bleibt unheimlich auch wenn es in ein Fotografie gebannt ist.

Jetzt stellt Doll für den Kunstverei­n Mindelheim im Salon seine Fotografie­n vom Unterallgä­u aus. Nicht bearbeitet­e, unmittelba­re Zeugnisse seiner Ausflüge, wunderschö­ne Einsichten in gelb leuchtende Landschaft­en, einzelne Bauernhöfe, Bäume, die blühend in den Sonnenunte­rgang ragen, daneben auch hier das Anprangern von Ausbeutung: Windmühlen, die Drahtseile der Strommaste­n, die Monokultur, die kaum noch Wiesenblum­en hervorkomm­en lässt, Baumruinen. Alles Bilder, die wir schon als gegeben hinnehmen, die Doll aber wehmütig machen - die Fotografie auch hier als Mittel zur Sichtbarma­chung.

OTermin Die Ausstellun­g „Fotos aus meiner Heimat Unterallgä­u“ist bis 27. Juni immer dienstags und mittwochs von 17 bis 19 Uhr geöffnet. „Der Salon“, Frundsberg­straße 2, Mindelheim

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Foto: Schlegel Werner Doll und ein paar seiner Unterallgä­u Fotos im Salon des Mindelheim­er Kunst vereins.

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