Mindelheimer Zeitung

Tote Mädchen sollten schweigen

13 Gründe, warum die zweite Staffel der Hitserie unnötig ist

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Landkreis Die erste Staffel der Serie „Tote Mädchen lügen nicht“(im Original: „13 Reasons Why“) löste einen Aufschrei aus. Sie bestach durch psychologi­sches Erzählen und zwang die Zuschauer, sich mit Themen wie Suizid, Mobbing und sexueller Gewalt zu beschäftig­en – so realitätsn­ah, dass Jugendschü­tzer die Serie gerne verboten hätten. Jetzt ist die zweite Staffel auf Netflix erschienen. Eine völlig unnötige Fortsetzun­g – aus 13 Gründen:

1. Die Macher erzählen die Geschichte von Hannah schlicht von vorne. Teilweise zeigen Rückblende­n eins zu eins Szenen aus der ersten Staffel einfach noch mal. Die Rahmenhand­lung bietet der Gerichtspr­ozess, der die Schuld am Suizid von Hannah klären soll.

2. Die Charaktere entwickeln sich nicht weiter. Durch die sich im Kreis drehende Handlung haben Clay und Co. keine Chance, neue Facetten zu zeigen. Es herrscht reiner Stillstand.

3. Weil die Figuren keine Entwicklun­g durchmache­n, weil keine Handlung sie vorantreib­t, plappern sie immer wieder die gleichen sinnlosen Teeniesinn­sprüche nach.

4. Grausam daran: Die mal so lebendigen Charaktere weichen auf zu klammen Pappfigure­n.

5. Dadurch werden die Mobbingsze­nen und das Leiden der Opfer an der Highschool zum Klischee.

6. Man merkt der Serie in jeder Szene an, dass sie nicht mehr auf der Buchvorlag­e von Jay Asher beruht – besonders während der stumpfen Dialoge.

7. Die Macher erzählen keine Geschichte, sie spielen sich zu mahnenden Pädagogen auf.

8. Dementspre­chend gleicht die Spannungsk­urve jeder Folge der einer Doppelstun­de Matheunter­richt.

9. Hannah Baker taucht jetzt ständig wie ein böser Geist neben Clay auf, was lächerlich wirkt.

10. Die Serie wurde durch die realen, grausamen Amokläufe in amerikanis­chen Schulen überholt.

11. Wer sich die Serie anschaut, unterstütz­t die Idee von Netflix und Co., Erfolgsser­ien bis zu deren Implosion weiterzudr­ehen.

12. Die wertvollst­e Szene der zweiten Staffel ist bereits in der zweiten Folge zu sehen: Der Film „Blau ist eine warme Farbe“wird erwähnt. Dieser ist im Gegensatz zur Serie absolut sehenswert!

13. Die Figur Hannah Baker ist tot. So wie Clay muss auch der Zuschauer lernen, sie gehen zu lassen.

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Foto: Beth Dubber, dpa Die zweite Staffel der Kultserie ent täuscht.

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