Mit dem Floß vom Allgäu nach Ulm
Neues Buch lässt Erinnerung an ein altes Handwerk aufleben
Illertal Wenn die Allgäuer Flößer die Iller hinabfuhren, riefen sie den Menschen am Ufer oft etwas zu. Wie: „Büeble geh net so nah ans Wasser na, sonst holet dich der Sockama.“Dieses Scherzwort galt um 1906 einem Bub, den die Illerflößerei auch als Erwachsenen nicht mehr losließ. Kein Wunder, immerhin war sein Vater selbst Floßmeister – zweimal durfte er ihn von Mooshausen bis nach Ulm begleiten.
Über 25 Jahre später schrieb Josef Bärtle diese Erinnerungen nieder, gemischt mit bunten Geschichten verschiedener Flößer und Wissenswertem rund um das Handwerk und Allgäuer Familien, die es ausübten. Schon damals gab es die Illerflößerei nicht mehr und Bärtle wollte an das besondere Handwerk erinnern. „Drum suchte ich in diesen schlichten Blättern einiges Denkwürdige über die Illerflösserei der Vergessenheit zu entreißen und an das heranwachsende Geschlecht weiterzugeben“, schrieb der Theologe. Dabei schilderte er auch, wie gefährlich die Überfahrten oft waren.
Und nun – hundert Jahre nachdem sich die letzten Illerflößer auf den Weg machten – widmet Anton Zanker dem alten Handwerk eine Sammlung von Bärtles Texten, ergänzt mit Texten von Historikern, Chronisten und Heimatpflegern. Auch der gebürtige Pleßer, der heute in der Schweiz wohnt, möchte an die Illerflößer erinnern.
„Eine stille und anmutige Form des frühen Speditionswesens, die sich zwischen dem rauen Kampf mit der Natur ebenso behauptete, wie es in seiner Idylle und seiner Anmut seinen stillen Ausdruck fand.“So beschreibt Zanker das Handwerk, das er „zwischen Holzarbeiter, Zimmermann, Schiffsmann und Holzhändler“ansiedelt. Auf die Schriften Bärtles war er erstmals während einer Recherche zu einem Dorflehrer aus Pleß gestoßen.
Die Texte leben von den Erinnerungen Bärtles. Sie bringen den Leser an das Ufer der Iller, in rasante Stromschnellen, proppevolle Gasthäuser oder mitten in ein buntes Markttreiben hinein. Gleichzeitig sparen die Geschichten nicht mit interessanten Details, beispielsweise war es ein „ungeschriebenes, selbstverständliches Gesetz, dass man den Kemptener Flößern auf der Iller stets ausweichen musste“. Einen besonderen Eindruck hinterlässt der Besuch Bärtles bei „Meister Zeh“– „eine lebendige Chronik, ein Mann von echten Schrot und Korn, ein geschickter Bastler und grosser Sinnierer“. Der 84-jährige Anton Zeh erzählt bei dieser Begegnung nicht nur von seinem Leben als Flößer, sondern auch von seinen Erlebnissen als Brunnenmacher und Erfinder.