Mindelheimer Zeitung

Neuer Kaiser, neue Kleider

Mit dem neuen Kaiserpaar Julia und Markus Lutzenberg­er werden heute Abend auch prächtige Gewänder vorgestell­t. Wir haben deren Entstehung begleitet

- VON MELANIE LIPPL

Beim Frundsberg­fest gibt es ein neues Kaiserpaar, das heute Abend vorgestell­t wird. Neue Kaiser bekommen natürlich neue Kleider. Welche, sehen Sie auf »

Mindelheim Viele Frauen in Mindelheim und Umgebung sind in den vergangene­n Monaten emsig an der Nähmaschin­e gesessen – mal brauchte es einen neuen Rock für die um einige Zentimeter gewachsene Tochter, mal musste die eigene Kopfbedeck­ung aufgepeppt oder das Hemd des Mannes geflickt werden. Und so sehr die Näherei – und vor allem ihre Ergebnisse – auch Freude bereiten, so sehr ist sicher auch geflucht worden in Mindelheim: über Stiche, die nicht perfekt saßen, über Schnitte, die nicht passten, und über Nähte, die wieder mühsam aufgetrenn­t werden mussten.

Ob und wie oft in letzter Zeit in der Nähstube des Frundsberg Festrings geflucht wurde, ist nicht überliefer­t. Wohl aber ein paar Fakten zum Gewand des neuen Kaisers Maximilian I. und seiner Frau Bianca Maria Sforza, dargestell­t von Markus und Julia Lutzenberg­er. 13 Meter Samt, 14 Meter Brokat, 150 Meter Borten und Bänder in Gold und Samt, 1000 Perlen allein für die Kaiserin, 170 Stunden Handarbeit. Diese Zahlen lassen auch Nähprofis den Atem stocken. Und selbst bei den versierten Frauen der Nähstube kam es manches Mal zu blutigen Fingern, zum Beispiel beim Verzieren des aufwändige­n Ledergürte­ls mit Metallorna­menten, die sich auf dem Kleid und dem Ärmel des Kaisers wiederhole­n.

Seit Anfang des Jahres wird an den beiden Kostümen gearbeitet. Erst wurde das künftige Kaiserpaar vermessen, dann wurde der Stoff in einem Textilhand­el in Friedberg bei Augsburg gekauft, von dem auch profession­elle Theater ihr Material beziehen. Farblich trägt die Kaiserin das Gegenstück zum Gewand ihres Mannes. Großes Mitsprache­recht haben die beiden Darsteller nicht – schließlic­h geht es weniger um ihren persönlich­en Geschmack als um eine historisch korrekte Darstellun­g.

Entwickelt wurden beide Kostüme nach historisch­en Vorlagen – Bronzestat­uen aus Innsbruck, Bilder von Albrecht Dürer und Bernhard Strigel. Das Gewand der Kaiserin entstand vor allem im Atelier von Schneideri­n Patricia Honold in Schlingen. Um einzelne Handarbeit­en sowie die Bekleidung von Kaiser Maximilian kümmerte sich die Näh- stube des Festrings. Fast ein Dutzend Frauen sind hier tätig; um das Kaiserkost­üm kümmerten sich überwiegen­d neben Leiterin Uli Spies auch Helga Remmele und Centa Bosch – die trotz ihres großen Engagement­s am liebsten im Hintergrun­d bleiben wollen. Die fleißigen Frauen haben vieles mit der Hand genäht und saßen wegen der üppigen, schweren Stoffe auch nicht selten zu zweit an der Nähmaschin­e.

Immer wieder hat die MZ die Arbeitssch­ritte begleitet (noch mehr Bilder unter mindelheim­er-zeitung.de). Wie Kaiser und Kaiserin im Kostüm aussehen, wird aber erst am heutigen Abend verraten. Dann nämlich werden die beiden beim Festakt vorgestell­t. Auch hier wird die Arbeit der Näherinnen sicher entspreche­nd gewürdigt werden. Und spätestens, wenn das Kaiserpaar mit seinen prächtigen Gewändern durch die Altstadt spaziert und bewundernd­e Blicke erntet, dürften auch bei den Frauen in der Nähstube und bei Patricia Honold alle Arbeit und Mühe vergessen sein und die Freude über die prächtigen Kostüme überwiegen.

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Fotos: Küthmann (3), Lippl (3) Am Anfang war der Stoffe – viel Stoff! – und der Mut, ihn zu zerschneid­en. Allein 170Stunden Handarbeit stecken in den Gewändern.
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Das Gewand des Kaisers ist in der Nähstube des Festrings entstanden. Hier hält Uli Spies einen Teil des schweren Kostüms hoch. Die Spitze wurde per Hand angenäht.
 ?? Foto: Gutmann ?? Letzte Arbeiten am Gewand der Kaiserin Mitte Juni. Verantwort­lich für das Kostüm war die Schneideri­n Patricia Honold.
Foto: Gutmann Letzte Arbeiten am Gewand der Kaiserin Mitte Juni. Verantwort­lich für das Kostüm war die Schneideri­n Patricia Honold.
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Perlen, wohin man schaut – und viel fili grane Handarbeit der Näherinnen.
 ??  ?? Mitte Mai: Noch ist der Ärmel nicht zu  sammengenä­ht ...
Mitte Mai: Noch ist der Ärmel nicht zu sammengenä­ht ...
 ??  ?? Eine Schaube (Überrock) und ein Pelzca  pe gehören zum Outfit des Kaisers.
Eine Schaube (Überrock) und ein Pelzca pe gehören zum Outfit des Kaisers.
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... doch das ist bis Juni erledigt. Auch die Verzierung­en sind schon angebracht.
 ??  ?? Frundsberg­fest 29. Juni bis 8. Juli 2018
Frundsberg­fest 29. Juni bis 8. Juli 2018

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