Das bayerische Beschäftigungswunder
Im Freistaat gibt es so wenige Arbeitslose wie in keinem anderen Bundesland. Das liegt an klugen Entscheidungen
Augsburg Wenn die Bundesagentur für Arbeit momentan die Arbeitslosenzahlen verkündet, kann man sich meist einer Sache sicher sein: Bayern steht besser da als der Bund. Das war nicht immer so. Bis Ende der 70er Jahre lag die Arbeitslosenquote in Bayern höher als im Rest von Westdeutschland. 1978 hat sich das geändert und ist seitdem so geblieben. Der Grund sind „einige kluge politische Entscheidungen und glückliche Umstände“, sagt Axel Pieper. Er ist Pressesprecher der Arbeitsagentur Bayern. Einer, der eine solche kluge politsche Entscheidung getroffen hat, war Franz Josef Strauß.
Der ehemalige bayerische Ministerpräsident entschloss sich früh, aus Bayern einen modernen Industriestandort zu machen. Damit hatte er Erfolg. „In den 50er Jahren waren noch 30 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig“, sagt Pieper. Heute seien es noch 0,5 bis ein Prozent. Erfolgreich war diese Entscheidung auch, weil sich in Bayern Industrie-Unternehmen aus sehr unterschiedlichen Branchen ansiedelten. „Wenn es also einer Branche nicht besonders gut ging, konnte das durch einen anderen Sektor aufgefangen werden“, sagt Pieper. Deshalb stieg die Arbeitslosigkeit in Bayern während der Finanzkrise 2009 zwar an, aber weniger stark als befürchtet.
Besonders gut beobachten lässt sich die positive Veränderung in der Oberpfalz – etwa im Landkreis Cham. Dort lag die Arbeitslosenquote 1987 im Jahresmittel bei 15,7 Prozent. Heute beträgt sie drei Prozent. Was dazwischenlag? Zum einen ist der Eiserne Vorhang gefallen. Weshalb der Landkreis, der an der tschechischen Grenze liegt, vom Handel mit dem östlichen Nachbarn profitiert. Zum anderen gebe es in der Gegend auch einen sehr starken Mittelstand, Betriebe aus der Autozulieferer- und Elektrobranche, die Arbeitsplätze geschaffen und Fachkräfte angelockt haben, sagt Pieper. „Das ist ein Kreislauf, der sich selbst verstärkt.“Unternehmen locken Fachkräfte an, die neue Unternehmen anziehen.
Allerdings sagt der Arbeitsmarktexperte auch: „Die bayerischen Unternehmen haben sich in der Vergangenheit immer wieder modernisiert und Innovationsgeist bewiesen. Das müssen sie weiterhin tun.“ Denn um erfolgreich zu bleiben, müsste sich der Industriestandort Bayern zu einem Dienstleistungsstandort wandeln – auch um die Beschäftigung zu sichern.
Dass es den Beschäftigten in Bay- ern momentan recht gut geht, lässt sich gerade immer am Ende jedes Monats feststellen. Immer wenn in Nürnberg die Arbeitslosenzahlen verkündet werden, überschlagen sich die Rekorde: Die Anzahl der Menschen ohne Arbeit sinkt und sinkt, die Zahl der Beschäftigten wächst und wächst. Momentan sind 2,7 Prozent der Bayern ohne Job. Das zählt schon als Vollbeschäftigung. „Die Zahl der Arbeitslosen ist momentan gering“, sagt Pieper. „Und wir merken, dass es eine hohe Fluktuation gibt.“Das heißt, wer heute arbeitslos wird, bleibt es oft nicht lange. Denn der Arbeitsmarkt hat sich gewandelt. In vielen Branchen hat heute der Beschäftigte die Wahl, welche Stelle er annimmt. Früher entschieden die Unternehmen. „Aus Sicht der Bewerber ist Vollbeschäftigung positiv, für Betriebe wird es schwerer.“