„Ich wusste immer, dass ich malen will“
Lucia Rothe wird vom Freundeskreis Türkheim mit ihrer ersten eigenen Ausstellung im Kleinen Schloss und einem Festakt zum 90. Geburtstag geehrt
Türkheim In den Ausstellungsräumen des kleinen Schlosses in Türkheim steht Lucia Rothe, eine zierliche Person, bei der Vorbereitung ihrer Bilderschau. „Das wird meine ganz große Ausstellung,“freut sich die Künstlerin, die in Türkheim lebt und im Mai dieses Jahres 90 Jahre alt geworden ist. Früher schon waren ihre Werke in vielen Kollektivausstellungen des Förderkreises Türkheim zu Gast, aber diesmal ist es ganz allein ihre Ausstellung.
„Ich wusste immer, dass ich ma- len will “, sagt sie. Aber erst einmal absolviert die aus Nordwestböhmen stammende Künstlerin eine Ausbildung zur Modistin, macht ihren Abschluss in Augsburg zwei Jahre nach Kriegsende und dann die Meisterschule.
„Ich stamme aus einer Künstlerfamilie“, sagt sie und erzählt vom Vater, einem Musiker, und vom ältesten Bruder „der begabteste von uns allen“, beide im Krieg gefallen. Auch drei weitere Brüder haben künstlerische Berufe ergriffen, zwei leben noch, in der Nähe, zum Glück. Nach der Vertreibung kommt die Familie in Dorschhausen unter, später wandert die Mutter mit den Brüdern nach Kalifornien aus.
Lucia besucht 1954 die Familie in den USA – und bleibt. Sie lernt dort ihren späteren Mann kennen, einen Deutschen aus Thüringen. Sie arbeitet, erfolgreich, als Designerin für Hüte. Während die Welt zum Zeitpunkt der Kubakrise den Atem anhält, ist das junge Ehepaar mit dem Dampfer auf der Rückreise nach Deutschland.
In Türkheim lassen sie sich nieder, und Lucia betreibt als Modistin einen kleinen Laden in der Maximilian-Philipp-Straße. Außerdem leitet sie eine Nähstube im 2. Stock des Türkheimer Schlosses. Für große Ereignisse, wie etwa die 900-JahrFeier der Marktgemeinde, müssen Hunderte Personen historisch eingekleidet werden.
Inzwischen hat sie sich entschieden, sich ganz ihrer Berufung, dem Malen, zu widmen. „Mich interessiert immer wieder das Neue,“Sie gibt den Laden auf und malt – bis heute. Ihre Werke sind gegenständlich und abstrakt, in Öl und Acryl. Aquarelle, und Zeichnungen in verschiedenen Techniken sind in ihrem Schaffen ebenso vertreten wie Experimentelles.
Über 100 Werke aus jahrzehntelangem Schaffen wird ihre – letzte – Ausstellung zeigen. „Wenn ich mich hinsetze und anfange zu malen, sind es Blumen, zum Entspannen.“Und: „Meine Liebe ist die Abstraktion.“Für viele vielleicht schwierig, aber Lucia Rothe gibt dem Betrachter ihrer Werke die Freiheit, eigene Bilder im Abstrakten zu finden.
Und sie gibt ihr Wissen weiter. Viele Jahre arbeitet sie in der Gruppe „Hossfeld“in Bad Wörishofen, für Kurgäste, für die VHS, gibt privat Kurse. Jetzt konzentriert sie sich auf das Aufstellen und Hängen ihrer Bilder, sie plant und entscheidet jedes Detail selbst, unterstützt von Leuten aus dem Förderkreis. Und auch sonst lebt sie im hohen Alter so, wie sie immer gelebt hat: scheinbar ohne Ermüdung, frei, mit Energie. Gesundheitliche Probleme? Sie lacht. Ja, natürlich gab es die und es gibt sie noch. Das Laufen fällt schwer. Aber sie versteht die nicht, die das Jammern anfangen, sobald sie über 60 sind. „Ich würde gerne noch mal 70 sein,“sagt sie.
OTermin
Vernissage der Ausstellung im Kleinen Schloss in Türkheim am Frei tag, 29. Juni, 19 Uhr. Öffnungszeiten der Ausstellung: Samstag, 30. Juni, und Sonntag, 1. Juli, sowie Samstag, 7. und Sonntag, 8. Juli, jeweils 14 bis 18 Uhr.