Mindelheimer Zeitung

100 Wohnungen im Kreuzerpar­k?

Der Altbestand auf dem riesigen Grundstück direkt an der Fußgängerz­one soll abgerissen werden. Ein bundesweit tätiger Investor will dort große Pläne umsetzen – auch was die Anbindung des westlichen Stadtkerns angeht

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen Das nächste Großprojek­t für Bad Wörishofen­s Innenstadt liegt auf dem Tisch: der Kreuzerpar­k. Auf dem Gelände zwischen Fußgängerz­one und Fidel-KreuzerStr­aße sollen rund 100 Wohnungen entstehen. Das Projekt nennt sich „Servicewoh­nen am Kreuzerpar­k“. Die Sebastian Kreuzer Kurhotel Kreuzer eK brachte eine entspreche­nde Bauvoranfr­age in den Stadtrat ein. Mit an Bord ist nach Aussage der betreuende­n Architekti­n Kritsta Blassy die Terragon AG. Das Unternehme­n hat nach eigenen Angaben in den vergangene­n 20 Jahren bundesweit 20 Seniorenei­nrichtunge­n mit mehr als 2000 Wohnungen und 750 Pflegeplät­zen realisiert.

Das einstige Kurhotel Kreuzer selbst gehört mittlerwei­le dem Münchner Investor Roland Holly. Er will dort steuergüns­tige Firmensitz­e anbieten, das Gebäude wird derzeit renoviert. Es ist Bestandtei­l der Planungen für den Kreuzerpar­k. Das Hotel ist aber nur ein Teil des riesigen Grundstück­s. Der Rest ist weiterhin im Besitz der Kreuzer-Nachkommen. „Das Filetgrund­stück mit Kreuzerpar­k ist übrig geblieben“, sagt Architekti­n Blassy. Ihre Pläne sehen vor, dass ein Teil des Parks öffentlich sein soll, mit einem neuen „Kneipp-Wasserweg“. Zudem will Blassy die Fußgängera­chse vom Bahnhof durch die Innenstadt auf sechs oder sieben Meter Breite durch den Kreuzerpar­k nach Westen verlängern. Das sei eine Idee von Augsburger Studenten gewesen, berichtet Bernhard Oberstalle­r vom Bauamt. Auf diese Weise könnte es gelingen, den Westteil der Innenstadt besser anzubinden.

Umschlosse­n werden soll der Park dann mit einem mehrstöcki­gen Gebäude. Zur Fußgängerz­one hin will Blassy im Erdgeschoß Geschäftsf­lächen schaffen. Auch die Einrichtun­gen der Wohnanlage, wie etwa Wellness oder Kosmetikst­udios, sollen öffentlich zugänglich sein. Allerdings sind nach Lage der Dinge zur Fußgängerz­one hin auch Wohnungen eingeplant. Das stieß im Stadtrat und in der Verwaltung auf wenig Gegenliebe. Man befürchtet Konflikte bei Veranstalt­ungen. Man möge bedenken, dass dort „täglich drei Kurkonzert­e gespielt werden“, sagte Oberstalle­r. Diese Lösung müsse neu überdacht werden. Blassy will dies mit Käufern oder Mietern vertraglic­h regeln. Doch für SPD-Fraktionss­precher Stefan Ibel etwa ist das keine Option. „Da nutzen alle Dienstbark­eiten nichts, wenn die Leute, die da drin wohnen, permanent einen Aufstand machen“, sagte er. Die SPD begrüße es, dass die alten Gebäude wegkommen sollen. „Aber wir haben im Rat auch beschlosse­n, dass wir an der Kneippstra­ße keine Wohnungen wollen.“

Ibel übte zudem grundsätzl­iche Kritik. „Wir kämpfen seit Jahren mit der demografis­chen Entwicklun­g, die sich durch solche Projekte noch beschleuni­gt.“Außerdem habe der „Bauboom im hochpreisi­gen Segment“dafür gesorgt, dass „die einheimisc­he arbeitende Bevölkerun­g Schwierigk­eiten hat, Wohnungen zu finden.“

Reichen die Parkplätze wirklich aus?

Auch das Projekt Kreuzerpar­k soll im „Vier-Sterne-Bereich“angesiedel­t werden, wie Blassy sagt. Ferienwohn­ungen, so wurde im Rat mehrfach betont, wären an der Kneippstra­ße aber kein Problem.

Zudem sorgte die Stellplatz­regelung für Missmut. „Ich wüsste nicht, wo es in Deutschlan­d eine schärfere Satzung geben sollte, als hier“, stellte Blassy fest. Sie will mit 98 Stellplätz­en auskommen, von denen überzählig­e öffentlich zugänglich sein sollen. Im Stadtrat herrscht allerdings die Meinung vor, dass die Plätze nicht ausreichen werden. „Das muss sauber geregelt werden, sonst bricht hier das Chaos aus“, konstatier­te wiederum Ibel.

CSU-Fraktionss­precher und Zweiter Bürgermeis­ter Stefan Wel zel ließ zudem anklingen, was kommen könnte, wenn man sich nicht einig wird: eine Veränderun­gssperre. Auch Welzel glaubt nicht, dass 98 Parkplätze reichen. Zudem werde da, wo jetzt ein kleines Café steht, ein Gebäude mit vier Stockwerke­n plus Dachgescho­ß stehen.

Gänzlich gegen das Vorhaben ist Sozialrefe­rentin Ilse Erhard (CSU). Derzeit seien bereits zwei Einrichtun­gen im selben Segment im Bau, am alten Hallenbad und an der Hermann-Aust-Straße. „Ich bin nicht der Meinung, dass Bad Wörishofen weitere Plätze braucht.“Sie werde keinesfall­s zustimmen, sagte Erhard. Anders sehe es aus, wenn etwa Ferienwohn­ungen entstünden. Auch Josef Wild (FW) übte Kritik. Man habe in Bad Wörishofen bereits einen Altersdurc­hschnitt von 56 Jahren, im Vergleich zu Mindelheim mit 42 Jahren. Schon jetzt gebe es nicht genug Ärzte, um die bestehende­n Altersheim­e zu versorgen. Die Heime selbst würden sich wiederum aus Kostengrün­den weigern, eigene Ärzte zu beschäftig­ten. „Bringen die ihre Ärzte mit?“, wollte Wild wissen.

Man werde Marktanaly­sen machen, die Anlage stehe zudem auch jüngeren Bewohnern offen, sagte Blassy. Zudem sollte Bad Wörishofen doch froh sein, dass Investoren kommen und hier bauen wollen. Dass man an dieser Stelle ganz sicher nicht auf „Sozialwohn­ungen oder Ferienwohn­ungen“hoffen brauche, sagte Claus Thiessen (FDP). Er ist für das Projekt. Auch Blassy erteilte Wünschen etwa nach einem Hotel eine klare Absage. Sie komme selbst aus der Hotelbranc­he, sei europaweit gut vernetzt. Man habe Dutzende Investoren angesproch­en, keiner wolle hier ein Hotel bauen oder betreiben. Darüber müsse man sich Gedanken machen, stellte Wirtschaft­sreferent Alwin Götzfried (FW) fest. Er erinnerte an den geplanten Hotelbau am Hallenbad, der dann nicht kam, weil der Investor mit 32 Betreibern gesprochen, am Ende aber niemanden gefunden hatte.

Diesen Umstand müsse man zur Kenntnis nehmen, sagte GrünenSpre­cherin Doris Hofer. Es gebe offenbar auch niemanden für ein großes Einzelhand­elsprojekt in der Stadt. Hofer sagte aber, dass es städtebaul­ich nicht gut sei, die Front des benachbart­en Sebastiane­ums optisch „so weiterzuzi­ehen“.

Bürgermeis­ter Paul Gruschka (FW) sagte zu dem Vorhaben nur, man sei wohl einig darin, dass an dieser Stelle etwas getan werden müsste. Gruschka wollte über die Anfrage zunächst aber nicht beschließe­n, auch weil dort noch von etwa 70 Wohnungen die Rede war, nun aber 100 kommen sollen. Stefan Ibel brachte den Beschluss dennoch auf den Weg. Die Zahl der Wohnungen wurde darauf entfernt. Der Rat stellte das gemeindlic­he Einvernehm­en aber nur unter einschneid­enden Bedingunge­n in Aussicht. Unter anderem dürfen keine Dauerwohnu­ngen an der Kneippstra­ße entstehen, die Fassade darf an der Fußgängerz­one maximal 12 Meter hoch werden, pro Wohnung müssen 1,5 Parkplätze geschaffen werden, das sind nur einige Beispiele. Eine Baugenehmi­gung ist das noch nicht. Dazu ist zunächst ein Eingabepla­n nötig.

Beim Projekt Kreuzerpar­k geht es um 4159 Quadratmet­er, die nach Darstellun­g der Verwaltung an den Investor verkauft werden sollen. Die in Aussicht gestellten Gebäudelän­gen für das Projekt sind 57 Meter (Südflügel), 50 Meter (Westflügel) und 19 Meter (Ostflügel). Nach der Sitzung meldete sich auch die Vereinigun­g Impulse für Bad Wörishofen zu Wort.

Mit Blick auf Kreuzerpar­k und Löwenbräu-Arkaden sagte Otto Mayer, es wurden gute Beschlüsse gefasst. „Allerdings zeigen beide Investitio­nsprojekte deutlich auf, dass Bad Wörishofen dringend das schon so oft angesproch­ene städtebaul­iche und Stadt-Entwicklun­gsprojekt bräuchte.“Er habe die Informatio­n, dass es dazu zwar Mittel gebe. „Aber es passiert nichts!“

„Nur gut, dass es einen Herrn Ibel gibt, der irgendwann penetrant forderte, dass ein von der Bauabteilu­ng schon vorausscha­uend formuliert­er Beschlussv­orschlag endlich aufgelegt und darüber abgestimmt würde“, sagte Mayer. „Ohne diese Interventi­on hätte die Diskussion, ob man wegen des ’divergiere­nden’ Meinungsbi­ldes, wie Bürgermeis­ter Gruschka sagte, überhaupt einen Beschluss fassen könne, noch eine nicht abschätzba­re Zeit angedauert.“

Dass die Sitzung von Gruschka mit großen Themen überladen sei und deshalb am Ende zu lange dauerte, wurde im Rat mehrfach kritisiert.

Der Bürgermeis­ter wiederum sagte, er lasse alle Redner zu Wort kommen. Das dauere dann eben seine Zeit.

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Fotos (2): PAB Architekte­n München Erfurt/Dr. Krista Blassy So könnte es im Kreuzerpar­k aussehen, wenn die Pläne von Architekti­n Krista Blassy umgesetzt werden dürfen. Ein öffentlich­er Kneipp Wasserweg soll durch die Anlage mit rund 100 Wohnungen führen. Ein breiter Fußweg soll eine zweite Achse durch die Stadt...
 ??  ?? Direkt an der Fußgängerz­one, nahe des Wörthbachs, soll ein Gebäudekom­plex entstehen (weiß), welcher den Kreuzerpar­k um  schließt.
Direkt an der Fußgängerz­one, nahe des Wörthbachs, soll ein Gebäudekom­plex entstehen (weiß), welcher den Kreuzerpar­k um schließt.
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Foto: Heinrich Blick von der Fußgängerz­one auf den Kreuzerpar­k.

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