SEV = Selten ein Vergnügen
Beim Transport mit den Ersatzbussen funktioniert noch nicht alles. Was Fahrgäste kritisieren und wie sie die Probleme lösen würden
Mindelheim Pünktlich ist er. Meistens zumindest. Das, was man der Deutschen Bahn sonst vorwirft – notorische Unpünktlichkeit – kommt beim Schienenersatzverkehr (SEV) im Unterallgäu selten vor. Das sehen auch die meisten Passagiere so. Zufrieden sind sie trotzdem nicht.
SEV-Haltestelle Buchloe: In den Bus nach Memmingen kann man problemlos einsteigen. Vor dem Bus, der nach Geltendorf fährt, reiht sich jedoch eine lange Schlange. Ein Reisender berichtet von übervollen Zügen, von Menschen, die im Gang stehen, während der Bus über die Autobahn fährt. „Bitte schnallen Sie sich an, hier gelten Personentransportbedingungen wie im PKW.“Dieser Satz, den man im Reisebus nach Mindelheim immer hört, macht auf der Strecke nach Geltendorf offenbar wenig Sinn.
Mittwochmorgen, 10 Uhr im Bus nach Geltendorf. Die Aussage des Bahnfahrers bestätigt sich zu dem Zeitpunkt nicht. 15 Personen sitzen im Bus. Über die A96 und die B17 geht es nach Kaufering. Nach dem kurzen Abstecher fährt der Bus wieder auf die A96 nach Geltendorf. Die SEV-Haltestelle liegt am Pendlerparkplatz hinter dem Bahnhof. Der Weg dorthin führt vorbei an dicken Büschen. „So schwer ist das ja nicht zu finden“, sagt eine Frau zu ihrer Bekannten. „Gibt ja nur diesen einen Weg“, stimmt diese zu.
Wer sich trotzdem unsicher ist, wie er zur SEV-Haltestelle laufen muss, findet am Geltendorfer Bahnhof viele Hilfestellungen: laminierte Pappschilder an den Wänden, Aufsteller mit den Infos und es steht sogar mit Sprühfarbe auf dem Boden: „SEV“und ein Pfeil.
In Mindelheim wissen die Pendler mittlerweile, wo sie hinlaufen müssen, wenn sie mit dem SEV fahren wollen. Neulinge hingegen stehen erst einmal ratlos in der Unterführung am Mindelheimer Bahnhof. Hinweisschilder? Die gab es mal. Bis irgendjemand sie abgerissen hat. Nur das Panzertape hängt noch an der Wand. Auskunft gibt das aber keine. „Die Schilder sind seit Monaten abgerissen, werden aber weder kontrolliert noch ersetzt“, beschwert sich ein Fahrgast.
Die Haltestelle zu finden, ist ein Problem. Hat man das gelöst, folgen aber schon die nächsten: Wo soll man warten, wenn es in Strömen regnet? Ein Punkt, den mehrere Passagiere kritisieren, nicht zuletzt wegen der wechselhaften Wetterlage der vergangenen Wochen. Unterstellmöglichkeiten gibt es keine. Wer sich vor Regen schützen will, muss 100 Meter weiter unter der Unterführung warten.
Einem Menschen mit zwei gesunden Beinen ist das zumutbar. Was aber ist mit verletzten oder älteren Menschen? Sitzplätze gibt es keine. Portable Wartehäuschen, die ein Reisender vorschlägt, könnten die Lösung sein. So könnte man Schutz vor dem Wetter bieten und Menschen, die nicht gut zu Fuß sind, entlasten. Das jedoch müsste die Deutsche Bahn erst mit der Stadt Mindelheim besprechen, erklärt ein Sprecher der Deutschen Bahn auf Nachfrage: „Wir werden das im nächsten Gespräch mit der Stadt ansprechen, können aber nichts versprechen.“
Zurück im Bus von Geltendorf nach Mindelheim – ein älterer Mann sagt deutlich, dass er kein Ticket habe und steigt in Türkheim in den Bus. Der Busfahrer weist ihn darauf hin, dass das Schwarzfahren sei. „Hätte ich mir am Automaten noch ein Ticket geholt und wäre dann zum Bus gelaufen, wäre der mir ja weggefahren.“Das Unverständnis des Busfahrers und der anderen Fahrgäste kann er nicht verstehen und schimpft so lange, bis der Busfahrer das Diskutieren aufgibt. Vielleicht, weil er solche Diskussionen ständig führen muss. „Ja, klar, muss man das Ticket zeigen“, sagt eine andere Busfahrerin an der Buchloer Haltestelle zu einem Fahrgast. Andere Busfahrer winken auf die Frage „Wollen sie die Fahrkarte sehen?“oft ab: „Passt scho!“
Es läuft noch nicht ganz rund beim SEV. Aber: „In Buchloe funktioniert alles wirklich gut“, berichten mehrere Bahnfahrer. Und pünktlich ist er immer, der Bus.