Eine herrschaftliche Stadt
Vor 500 Jahren war Mindelheim Drehscheibe internationaler Politik. Sogar Kaiser Maximilian I. war regelmäßig zu Gast. Sein Prachtgewand zeugt von dieser Bedeutung
Einst war Mindelheim Drehscheibe internationaler Politik. Sichtbar wird das auch am Prachtgewand des Kaisers, das am Frundsbergfest zu sehen ist.
Mindelheim Adam Reissner, Frundsbergs Geheimschreiber und erster Biograf, hat den besten Tipp, wie sich der Schmerz einer großen Fußballnation am schnellsten lindern lässt. „Gott zum Gruße, verehrtes Volk zu Mindelheim! Seit Mittwoch, 18 Uhr, feiert in Deutschland nur noch Mindelheim.“Einfach in der schönen mittelalterlichen Altstadt miteinander feiern und nicht mehr an den müden Auftritt der Nationalelf in Russland denken, das ist die Botschaft für die nächsten zehn Tage.
Adam Reissner, in dessen Rolle der evangelische Pfarrer Erik Herrmanns 500 Jahre später geschlüpft ist, weiß, was jetzt in Mindelheim zählt: Hier feiert eine Stadt sich selbst, ihre Geschichte und Gegenwart. Und vor allem: Alle Mindelheimer von Nah und Fern und abertausende von Gästen kommen zu einem einmaligen Fest vor historischer Kulisse zusammen.
Einen Vorgeschmack auf das gestern gestartete Frundsbergfest lieferte der Festabend am Donnerstagabend. Businenbläser mit Tobias Wolf, die Fanfarengruppe mit Harald Schuster und die Gruppe Holdergold unter Leitung von Gabriele Laxgang holten die Festgäste musikalisch ins beginnende 16. Jahrhundert. Weil auch die große Mehrheit der Besucher in historischem Gewand gekommen war, bot sich im Stadttheater ein malerisches Bild.
In jenen Tagen um 1500 war Mindelheim Dreh- und Angelpunkt internationaler Politik. Sage und schreibe 24 Besuche von Kaiser Maximilian I. lassen sich für Mindelheim nachweisen, sagte Kulturamtsleiter Christian Schedler. Der Kaiser liebte die Jagd, hat offenbar aber auch die günstige Verkehrslage zu schätzen gewusst. Diplomaten aus Venedig, aus Frankreich, aus Norditalien oder aus Polen verkehrten regelmäßig am königlichen Hofe in Mindelheim.
Welche Pracht diese Zeit zu entfalten vermochte, präsentierte das neue Kaiserpaar, Maximilian I. und Maria Bianca Sforza. Julia und Markus Lutzenberger durften sich die neuen sündhaft aufwendigen und teuren Gewänder überziehen (wir berichteten). Die Nähstube um Uli Spies hatte 170 Stunden an den prächtigen Stoffen gearbeitet. Die Sparkasse half mit einer Finanzspritze.
Überhaupt das liebe Geld. Der Vorsitzende des Frundsberg Festringes, Norbert Sliwockyj, ging in seiner Festrede auf das in Mindel- heim vernehmliche Grummeln über die Eintrittspreise ein. Statt fünf Euro wie noch vor drei Jahren kostet der Besuch nun vier Euro mehr. „Ich gehe vermutlich als der geldgierigste Vorsitzende in der Geschichte des Festringes ein“, sagte er mit einem Anflug von Galgenhumor. Die Auflagen für Sicherheit hätten sich immens erhöht. Allein für den Sicherheitsdienst müsse diesmal 230 Prozent mehr bezahlt werden. Da gehe es um Beträge im fünfstelligen Bereich. Die Preiserhöhung sei notwendig gewesen, um den Fortbestand des Frundsbergfestes in dieser Form zu sichern.
Sliwockyj betonte besonders die immense Arbeit des Festringteams und der Arbeitsgruppen. Drei Jahre intensivste Arbeit gehen dem Frundsbergfest voraus. All diese Menschen opferten unzählige Stunden. Besonders erwähnte Sliwockyj die Damen der Nähstube und des Festbüros. Diese Idealisten sorgten dafür, dass das Frundsbergfest eines ohne kommerziellen Rummel bleibe. Auch die hervorragende Unterstützung durch die Stadt unterstrich der Vorsitzende - vom Bauhof über das Ordnungsamt bis hin zum Bürgermeister und den Stadträten. Rathauschef Stephan Winter hob die historische Rolle des Georg von Frundsberg hervor. Im Kampf um die Vorherrschaft in Europa und in den beginnenden Religionskriegen hatte Frundsberg zahllose Schlachten zu meistern. Seit 160 Jahren erinnert Mindelheim an seinen größten Sohn, der auf der Mindelburg 1473 geboren wurde.
Allen Aktiven, besonders des Frundsberg Festringes, sprach Winter „großen Dank und Anerkennung“aus. Das Frundsbergfest sei Identifikationspunkt für alle Mindelheimer und gelebte Gemeinschaft. An dem Festabend nahmen zahlreiche Stadträte, der neue Regierungspräsident von Schwaben, Erwin Lohner, der Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl, Altlandrat Hermann Haisch mit Frau, Altbürgermeister Erich Meier, Vertreter von Schulen und Behörden, der Kirchen und der Wirtschaft teil.
Angekündigt als Redner war auch Franz Josef Pschierer. Der Bayerische Wirtschaftsminister aus Mindelheim schaffte es aber erst zum gemütlichen Teil im großen Festsaal, wo der Landsknechtschor Lodron mit Josef Wiedenmann Liedgut aus dem 16. Jahrhundert vortrug. Das Bier floß in Maßen, das Fest kann beginnen.