Die Puppenspieler von Wörishofen
Dass es in Bad Wörishofen eine eigene Puppenbühne gibt, liegt am großen Idealismus einer engagierten Truppe. Der Erfolg bei den Kindern gibt ihnen Recht. Ein unterhaltsamer Blick hinter die Kulissen.
Bad Wörishofen „Seid ihr alle da?“Was für eine Frage: „Jaaaa...“, schallt es aus rund 50 Kinderkehlen. Wenn in der „Unterwelt“des Mehrgenerationenhauses Bad Wörishofen (MGH) Kasperl und seine Freunde gastieren, dann geht es dort lebhaft zu. Vor allem, wenn auf der Bühne eine Prinzessin von der Hexe in einen Raben verzaubert wird und ihr der Seppl aus der Patsche helfen muss. Da ist die Aufregung der jüngsten Zuschauer groß.
Alle Kinder lieben Kasperl und seine lustigen, immer zu Streichen aufgelegten Freunde. Prinzessinen, Polizisten, Räuber, Krokodil, Hexen und auch Zauberer nehmen sie, aber auch Eltern und Omas und Opas mit auf eine abenteuerliche Reise ins Land der Fantasie und laden zum Mitmachen und Mitfiebern ein. Dass es in Bad Wörishofen eine eigene Puppenbühne gibt, ist dem vierköpfigen Ensemble des MGH zu verdanken.
Die Nähe zur Bühne, die der Unternehmer Ludwig Kreuzer gezimmert und dem MGH spendiert hat, lässt Berührungsängste erst gar nicht aufkommen. Interaktive Spielweise bezieht die Kinder von Anfang an in das Geschehen mit ein. So wird ganz bewusst ein Gegenpol zu passiver Unterhaltung gesetzt und kindliche Fantasien und Ausdrucksfähigkeit gefördert. Mit Fingerpuppen, die sie mit der Hand bewegt, nimmt Andrea Hertrampf aus Irsingen den Kleinen bei einem Vorspiel Scheu und Angst vor einer geheimnisvollen Welt, in die sie im kommenden Stück eintauchen.
Die Mutter zweier Kinder hat viel Erfahrung mit dem Puppenspiel. Am liebsten leiht sie dem Räuber und der Hexe ihre Stimme. „Ich wurde von einem Kasperl gezeugt und bin schon als Hexe aufgewachsen“, scherzt sie. Solches Credo löst bei Wolfgang Brückmann, ihrem Vater, schallendes Gelächter aus. Der ehemalige Chef des Kreisjugendamtes Mindelheim und Quartiermanager der Kneippstadt hat 35 Jahre lang mit Kindern gearbeitet – und denkt auch als Rentner längst nicht ans Aufhören.
Brückmann mimt im MGH am liebsten den lustigen Gesellen mit der Zipfelmütze. „Ich kam halt schon als Kasperl auf die Welt und sehe gerne in leuchtende Kinderaugen, das ist für mich der schönste bemerkt er lachend. Wer eine Vorstellung besucht, muss sich um das Happy End nicht sorgen. „Bei uns siegt immer das Gute über das Böse“, verspricht Brückmann.
Auch Ute Heubach hat gerne mit Kindern zu tun. Im Alter ehrenamtlich zu ihrer Unterhaltung beizutragen, hat sich die ehemalige Lehrerin aus Pforzen vorgenommen. „Das Puppenspiel ist da genau das Richtige für mich, das macht mir viel Spaß“, sagt sie. Aus ähnlichen Moti- lässt auch Angela Mutter aus Türkheim die Puppen tanzen. Die sind ein Geschenk der Kneippstädterin Helga Erhard und allesamt von Hand gefertigt. Die Beliebtheit des MGH-Kasperltheaters resultiert größtenteils aus der Qualität der ausnahmslos gewaltfreien Stücke mit positiver Botschaft. Da wird kein Zeigefinger erhoben. Sie sollen zum Nachdenken, Lachen und Mithelfen anregen. Eine Lehrerin hat die Geschichten kindgerecht in SzeDank“, ne gesetzt. Die Zuschauerzahlen im MGH schwanken zwischen 50 und 100 Personen. Auch viele Omas und Opas kommen zu den Aufführungen.
„Wir wollen wieder mal ein Kasperltheater sehen und Kindheitserinnerungen auffrischen“, geben viele als Grund für ihren Besuch an. „Ja, Puppentheater kommen langsam aus der Mode, wenn sie nicht gepflegt werden“, bedauert Wolfgang Brückmann, der seit mittlerven weile neun Jahren keinen Auftritt geschmissen hat. Und so freut sich das eingespielte Team des MGH-Figurentheaters, wenn es sein Publikum bis zum heftigen Applaus in Atem und bei der Stange halten kann. Wenn dann noch Kasperl an die Kleinen Süßigkeiten verteilt und ihnen versichert: „Wenn wir alle zusammenhalten, geht die Geschichte auf jeden Fall gut aus, dann ist Video- und Fernsehkonsum weit weg.