Mindelheimer Zeitung

Die Puppenspie­ler von Wörishofen

Dass es in Bad Wörishofen eine eigene Puppenbühn­e gibt, liegt am großen Idealismus einer engagierte­n Truppe. Der Erfolg bei den Kindern gibt ihnen Recht. Ein unterhalts­amer Blick hinter die Kulissen.

- VON FRANZ ISSING

Bad Wörishofen „Seid ihr alle da?“Was für eine Frage: „Jaaaa...“, schallt es aus rund 50 Kinderkehl­en. Wenn in der „Unterwelt“des Mehrgenera­tionenhaus­es Bad Wörishofen (MGH) Kasperl und seine Freunde gastieren, dann geht es dort lebhaft zu. Vor allem, wenn auf der Bühne eine Prinzessin von der Hexe in einen Raben verzaubert wird und ihr der Seppl aus der Patsche helfen muss. Da ist die Aufregung der jüngsten Zuschauer groß.

Alle Kinder lieben Kasperl und seine lustigen, immer zu Streichen aufgelegte­n Freunde. Prinzessin­en, Polizisten, Räuber, Krokodil, Hexen und auch Zauberer nehmen sie, aber auch Eltern und Omas und Opas mit auf eine abenteuerl­iche Reise ins Land der Fantasie und laden zum Mitmachen und Mitfiebern ein. Dass es in Bad Wörishofen eine eigene Puppenbühn­e gibt, ist dem vierköpfig­en Ensemble des MGH zu verdanken.

Die Nähe zur Bühne, die der Unternehme­r Ludwig Kreuzer gezimmert und dem MGH spendiert hat, lässt Berührungs­ängste erst gar nicht aufkommen. Interaktiv­e Spielweise bezieht die Kinder von Anfang an in das Geschehen mit ein. So wird ganz bewusst ein Gegenpol zu passiver Unterhaltu­ng gesetzt und kindliche Fantasien und Ausdrucksf­ähigkeit gefördert. Mit Fingerpupp­en, die sie mit der Hand bewegt, nimmt Andrea Hertrampf aus Irsingen den Kleinen bei einem Vorspiel Scheu und Angst vor einer geheimnisv­ollen Welt, in die sie im kommenden Stück eintauchen.

Die Mutter zweier Kinder hat viel Erfahrung mit dem Puppenspie­l. Am liebsten leiht sie dem Räuber und der Hexe ihre Stimme. „Ich wurde von einem Kasperl gezeugt und bin schon als Hexe aufgewachs­en“, scherzt sie. Solches Credo löst bei Wolfgang Brückmann, ihrem Vater, schallende­s Gelächter aus. Der ehemalige Chef des Kreisjugen­damtes Mindelheim und Quartierma­nager der Kneippstad­t hat 35 Jahre lang mit Kindern gearbeitet – und denkt auch als Rentner längst nicht ans Aufhören.

Brückmann mimt im MGH am liebsten den lustigen Gesellen mit der Zipfelmütz­e. „Ich kam halt schon als Kasperl auf die Welt und sehe gerne in leuchtende Kinderauge­n, das ist für mich der schönste bemerkt er lachend. Wer eine Vorstellun­g besucht, muss sich um das Happy End nicht sorgen. „Bei uns siegt immer das Gute über das Böse“, verspricht Brückmann.

Auch Ute Heubach hat gerne mit Kindern zu tun. Im Alter ehrenamtli­ch zu ihrer Unterhaltu­ng beizutrage­n, hat sich die ehemalige Lehrerin aus Pforzen vorgenomme­n. „Das Puppenspie­l ist da genau das Richtige für mich, das macht mir viel Spaß“, sagt sie. Aus ähnlichen Moti- lässt auch Angela Mutter aus Türkheim die Puppen tanzen. Die sind ein Geschenk der Kneippstäd­terin Helga Erhard und allesamt von Hand gefertigt. Die Beliebthei­t des MGH-Kasperlthe­aters resultiert größtentei­ls aus der Qualität der ausnahmslo­s gewaltfrei­en Stücke mit positiver Botschaft. Da wird kein Zeigefinge­r erhoben. Sie sollen zum Nachdenken, Lachen und Mithelfen anregen. Eine Lehrerin hat die Geschichte­n kindgerech­t in SzeDank“, ne gesetzt. Die Zuschauerz­ahlen im MGH schwanken zwischen 50 und 100 Personen. Auch viele Omas und Opas kommen zu den Aufführung­en.

„Wir wollen wieder mal ein Kasperlthe­ater sehen und Kindheitse­rinnerunge­n auffrische­n“, geben viele als Grund für ihren Besuch an. „Ja, Puppenthea­ter kommen langsam aus der Mode, wenn sie nicht gepflegt werden“, bedauert Wolfgang Brückmann, der seit mittlerven weile neun Jahren keinen Auftritt geschmisse­n hat. Und so freut sich das eingespiel­te Team des MGH-Figurenthe­aters, wenn es sein Publikum bis zum heftigen Applaus in Atem und bei der Stange halten kann. Wenn dann noch Kasperl an die Kleinen Süßigkeite­n verteilt und ihnen versichert: „Wenn wir alle zusammenha­lten, geht die Geschichte auf jeden Fall gut aus, dann ist Video- und Fernsehkon­sum weit weg.

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Sie lassen in Bad Wörishofen die Puppen tanzen (von links): Andrea Hertrampf, Wolfgang Brückmann, der einstige Leiter des Kreisjugen­damtes, Ute Heubach und Angela Mut ter. Die Puppen sind handgefert­igt.
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Fotos: Franz Issing Volle Konzentrat­ion bei den jüngsten Zuschauern, denn auf der Bühne gibt es immer viele Gelegenhei­ten zum Mitmachen.

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