Mindelheimer Zeitung

Millionen sparen mit Elektroaut­os

Ein schwabenwe­ites Vorzeigepr­ojekt in Türkheim beginnt mit Empfehlung­en. Im Marktrat hätte man sich wohl mehr erhofft

- VON WILHELM UNFRIED

Türkheim Der Markt Türkheim gehört zu einem Kreis von 15 Gemeinden in Schwaben, die sich an dem Projekt „Energiecoa­ching Plus“des bayerische­n Wirtschaft­sministeri­ums beteiligen. Ingenieur Markus Veh von der Beraterfir­ma Steinbache­r Consult legte nun dem Marktrat erste Ergebnisse vor. Er warb für den Umstieg auf das Elektroaut­o, dies würde Geld in die Region bringen, weil man dann nicht mehr teuren Kraftstoff zu kaufen brauche. Allerdings müsse die Infrastruk­tur hierfür verbessert werden, derzeit mangele es – auch in Türkheim – vor allem an Ladestatio­nen.

Bereits im Januar hatten sich diese 15 Gemeinden auf Einladung der Regierung von Schwaben in Türkheim für einen Erfahrungs­austausch getroffen. Der damalige Staatssekr­etär im Wirtschaft­sministeri­um und heutige Wirtschaft­sminister Franz Josef Pschierer (CSU) hatte für eine Energiewen­de geworben.

Dass sich die Energiewen­de lohne, machte Veh an Hand folgender Zahlen deutlich: In Türkheim gebe es rund 7100 Autos. Pro Jahr fallen für sie Benzinkost­en in Höhe von 9,3 Millionen Euro an. Würden diese mit Strom bewegt, dann käme man auf Energiekos­ten in Höhe von 4,8 Millionen Euro und somit auf eine Einsparung von 4,5 Millionen Euro. Geld, das dann in der Region bliebe.

Für den Einzelnen sehe die Bilanz noch besser aus: Ein Arbeitnehm­er fahre rund 13 500 Kilometer im Jahr. Hierfür werden Benzinkost­en in Höhe von 1325 Euro fällig. Bei Umstieg auf ein E-Auto würden bei Normalstro­m nur 648 Euro gespart anfallen, bei Solarstrom sogar 999 Euro. Es gebe auch noch günstige Rechenmode­lle, wenn der Arbeitgebe­r den Strom bereitstel­le und weiter gebe. Voraussetz­ung für den Umstieg seien aber genügend Ladestatio­nen. Für Türkheim würde er vier Stationen vorsehen.

Die wichtigste wäre eine große Station auch mit Schnelllad­evorrichtu­ngen am Autobahnkr­euz. Diese könne dann auch vom Fernverkeh­r genutzt werden, also ein zukunftsfä­higes Projekt.

Eine weitere Station sollte im Gewerbegeb­iet Nord eingericht­et werden sowie eines im Zentrum, die dann zum Beispiel während des Einkaufens genutzt werden könnte.

Und die vierte Station könne er sich auf dem Gelände der Salamander-Werke vorstellen. Allerdings habe das E-Auto nur dann Erfolg, wenn man sich mit den Vorurteile­n auseinande­rsetze. Eines sei, dass E-Autos eine zu kurze Reichweite hätten. 90 Prozent der Fahrten der Bürger seien unter 100 Kilometer. Für E-Autos kein Problem. Die heutigen E-Autos würden ohne Probleme 500 Kilometer laufen, ehe sie aufgetankt werden müssten. Viele Hersteller würden den Käufern sogar anbieten, für den Urlaub Benzinauto­s zur Verfügung zu stellen, damit man damit ins Ausland fahren könne.

Ein paar Vorurteile würden aber auch stimmen: So gebe es in der Tat noch zu wenige Ladestatio­nen und weiter seien die E-Autos noch zu teuer. Es gelte hier alle Fördermögl­ichkeiten auszuschöp­fen.

In diesem Zusammenha­ng kündigte Bürgermeis­ter Christian Kähler an, dass man mit der LEW übereingek­ommen sei, auf der Westseite der Bücherei eine Ladestatio­n einzuricht­en. Dazu müsse man zwei Parkplätze „opfern“.

Im zweiten Teil seines Vortrages beschäftig­te sich Veh mit den bisherigen Maßnahmen der Gemeinde

Viel zu tun bei Privathäus­ern, Industrie und Bauern

in Sachen Energieein­sparung, denn die Energiewen­de sei nicht nur mit dem E-Auto nicht zu schaffen. Er listete alle Maßnahmen auf und lobte besonders die Energiespa­rmaßnahmen am Eisstadion, auch die meisten öffentlich­en Gebäude und Schulen (Heizung, Dämmung) seien auf dem neuesten Stand.

Noch viel zu tun gebe es mit Privathäus­ern, Industrie und Landwirtsc­haft. Hier gebe es noch ein großes Einsparpot­enzial. Er regte eine Informatio­nskampagne und die Gründung eines kommunalen Energiever­bandes an. Der Vortrag enthielt zwar eine Fülle von Informatio­nen, dennoch zeigten sich einige Räte enttäuscht.

So meinte Agnes Sell, man wisse von den Vorteilen des E-Autos. Und auch Irmgard Schäffler meinte, dass das Papier wenig Neues enthalte, schließlic­h zahle das Wirtschaft­sministeri­um nicht wenig für dieses Coaching Projekt. Rätin Gudrun Schneider-Kissinger erinnerte daran, dass der Markt schon 2012 ein Energiekon­zept erstellt habe, das die meisten Punkte bereits enthalte. Und auch Franz Haugg zweifelte an dem Sinn des Projektes, auch er sah zwischen Kosten und Ergebnis eine Diskrepanz.

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