Mindelheimer Zeitung

Wenn eine Trucker Brotzeit gefährlich wird

Die Afrikanisc­he Schweinepe­st ist auf dem Vormarsch. Was die Behörden tun, um das Risiko eines Ausbruchs so gering wie möglich zu halten

- VON JOHANN STOLL

Landkreis Die Einschläge kommen immer näher. Die ersten Fälle wurden aus Georgien gemeldet, dann folgten Russland, Weißrussla­nd und die Ukraine. Inzwischen sind Teile von Polen, Tschechien, Ungarn und Rumänien befallen. Das gefährlich­e Virus der Afrikanisc­hen Schweinepe­st verbreitet sich in rasender Geschwindi­gkeit. Noch ist Deutschlan­d nicht betroffen. Es dürfte wohl aber nur einer Frage der Zeit sein, bis es so weit ist.

Die gute Nachricht: Das Virus ist zwar bei Schweinen hochanstec­kend, aber nicht auf den Menschen übertragba­r. Das sagte Dr. Alexander Minich vom Veterinära­mt Unterallgä­u auf einer Informatio­nsveransta­ltung der Unterallgä­uer Bürgermeis­ter im Mindelheim­er Forum. Die schlechte: Das Virus hält sich ungewöhnli­ch lange in Fleischund Wurstwaren. 140 bis 400 Tage kann es in einem befallenen Wurstbrot überleben. In infizierte­m Blut, das in die Erde sickert, bleibt das Virus 200 Tage lang aktiv. Vor allem die Wildschwei­ne wären betroffen, sagte der Veterinär. „Die Krankheit würde eher nicht auf die Hausschwei­ne durchschla­gen“. Für die Bauern bedeutet das aber keine Entwarnung. Es würden Sperrbezir­ke ausgewiese­n. Aus diesen dürften keine lebenden Schweine mehr hinaus oder hinein. Der Markt würde zusammenbr­echen, niemand außerhalb Deutschlan­d würde mehr Schweinefl­eisch aus dem Unterallgä­u kaufen. Die Tiere müssten wegen Übergewich­t getötet werden. Die Tierseuche­nkasse würde den Schaden nicht ausgleiche­n, weil eine Tötung nicht angeordnet werden würde. Vermutlich würde der Staat zwar in die Bresche springen. Weil ein solches Gebiet aber erst nach zwei bis drei Jahren wieder virusfrei wäre, würde das das wirtschaft­liche Aus für Schweinezü­chter und -mäster bedeuten, sagte Minich.

Was aber kann getan werden, damit es im Unterallgä­u möglichst nicht zu einer Übertragun­g kommt? Vorbeugend werden die Bestände der Wildschwei­ne besonders ins Visier genommen. Wurden in der Saison 16/17 gut 700 Wildschwei­ne erlegt, haben die Jäger in dieser Saison fast die doppelte Menge an Wildschwei­nen abgeschoss­en. 1355 Stück waren es genau. Minich wörtdamit lich: „Hier muss ich die Jagdverbän­de sehr loben“. Je weniger Wildschwei­ne in den heimischen Wäldern leben, desto weniger wahrschein­lich ist eine Ansteckung.

Von zwei Wegen geht die größte Gefahr aus. Am wahrschein­lichsten dürfte sein, dass Lkw-Fahrer aus Osteuropa unbeabsich­tigt das Virus verbreiten. Sie könnten Reste von Schweinefl­eisch und -wurst auf dem Weg in den Westen wegwerfen. Damit wäre das Virus in der Landschaft, Wildschwei­ne könnte es aufnehmen. Deshalb rät das Veterinära­mt, dass die Raststätte­n entlang der Autobahn sicher umzäunt werden, sodass sich dort keine Wildschwei­ne an Essensrest­en laben können.

Ins Blickfeld ist auch der Memminger Flughafen gerückt. Von dort aus werden besonders viele Linien nach Osteuropa bedient. Der Zoll werfe dort ein besonderes Auge auf Lebensmitt­el aus den befallenen Ländern und beschlagna­hme sie. Laut Minich gelingt es aber nur, einen Teil der Wurst- und Fleischwar­en aufzuspüre­n.

Gefordert sind aber auch die Gemeinden. Sie sollten vor allem darauf sehen, dass alle Abfalleime­r eine Abdeckung erhalten, sodass Wildschwei­ne sich daraus nicht mehr bedienen können. Und sie sollten im Falle des Befalls bereit sein, in Kläranlage­n Behältniss­e aufzustell­en, in denen tot aufgefunde­ne Wildschwei­ne entsorgt werden können.

Noch sind das nur Schreckens­szenarien, sagte der Veterinär sinngemäß. Illusionen sollte sich aber niemand hingeben. Die Gefahr, dass die Afrikanisc­he Schweinepe­st auch den Weg ins Unterallgä­u findet, ist hoch.

Raststätte­n sollten sicher umzäunt werden

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Foto: dpa Wildschwei­ne können die Afrikanisc­he Schweinepe­st weiter verbreiten. Jetzt sollen Schutzmaßn­ahmen ergriffen werden.

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