Eine Mauer bewegt die Gemüter
Bürgermeister Paul Gruschka zeigt sich von erweitertem Abriss der weithin bekannten Anlage überrascht. Kritik kommt von CSU und Grünen. Stefan Welzel sieht Versäumnisse im Vorfeld des Eingriffs
Bad Wörishofen Der umfangreiche Teilabbriss der markanten Mauer der ehemaligen Kloster-Landwirtschaft hat am Freitag für eine Reihe von Reaktionen gesorgt. „Der Abriss der historischen Mauer entlang der Promenadenstraße bewegt die Gemüter“, teilte der CSU-Fraktionsvorsitzende und Zweite Bürgermeister Stefan Welzel mit. „Ich selbst war neben dem Baureferenten Wilfried Schreiber und Ratskollegin Marion Böhmer-Kistler dort und habe mit etlichen Anliegern und besorgten Bürgern gesprochen.“Das historische Ensemble mit dem Badehäuschen und der Wandelhalle werde sich unwiderbringlich verändern.
Betroffen zeigte sich auch Paola Rauscher von den Grünen. „Wieder verschwindet ein Stück Wörishofen“, kommentierte sie die Maßnahme. Die Mauer sei für sie „ein Symbol für alles, was in Bad Wörishofen schief läuft“, sagt Rauscher. „Wir kappen unsere Wurzeln.“Auch aus der Nachbarschaft kam Kritik. Den eigenen Namen in der Zeitung lesen wollte aber niemand.
Dass nun mehr Mauerteile abgerissen wurden, als ursprünglich bekannt war, hat auch Bürgermeister Paul Gruschka (FW) überrascht. Er habe davon erst am Donnerstag erfahren, teilte er auf Nachfrage mit. Da waren die Abbrucharbeiten schon im Gang. Er habe sofort mit dem Bauamt Rücksprache gehalten, wo man wiederum bei der Unteren Denkmalschutzbehörde im Landratsamt Anfrage.
Man habe die Auskunft erhalten, dass die Mauer weder in der Liste der Baudenkmäler geführt wird, noch ein Ensembleschutz in Bezug auf die geschützten Objekte „Wandelhalle“und „Badehäuschen“gesehen wird. „Eine rechtliche Handhabe, das Vorhaben des Eigentümers aus Gründen des Denkmalschutzes zu unterbinden wurde nicht gesehen“, berichtet Gruschka.
Stefan Welzel wiederum sagt, auch wenn der Abriss rechtlich nicht zu verhindern sei, wäre „es doch vielleicht möglich gewesen, durch frühzeitige Gespräche zu informieren, zu sensibilisieren und einen Kompromiss zu suchen, um von der Mauer noch etwas zu retten“. Jetzt allerdings werde „die Öffentlichkeit und der Stadtrat in Bad Wörishofen wieder einmal vor vollendete Tatsachen gestellt“, kritisiert Welzel. Er fragt zudem, warum das Rathaus in der offiziellen Ankündigung der Straßensperrung als Grund die Aufstellung eines Krans angegeben habe, nicht aber den Teilabbriss der Mauer.
Dieser Frage ist auch Gruschka nachgegangen. „Über die Entscheidung, die Mauer West insgesamt abzubrechen, wurde die Bauverwaltung nicht informiert“, teilt er mit. Im Ordnungsamt jedoch habe die Baufirma den Grund korrekt angegeben: Abbruch der Umfassungsmauer und das Aufstellen eines Autokranes. „Dies habe ich erst heute erfahren“, sagt Gruschka dazu.
Die Mauer befinde sich im Eigentum des Dominikanerinnenklosters, weshalb die „Stadt auch aus diesem Grund hier nicht rechtlich eingreifen kann“, so Gruschka. Er erinnert daran, dass bei der Präsentation des Bauvorhabens des Dominikanerin- noch eine andere Zukunft für die Mauer zu sehen war. „Es war eine zusätzliche Öffnung als westliche Zufahrt zum geplanten Garagenhof vorgesehen. Zwei Tore an der Westseite waren bereits vorhanden.“Das Kloster lässt auf dem Grundstück der ehemaligen Klosterlandwirtschaft Wohnungen bauen, die sich auch Menschen mit weniger Geld leisten können. Im Oktober sollen die Gebäude fertig sein.
„Von mir und auch von vielen Stadträten wurde die Initiative zur Schaffung von günstigen Mietwohnungen in der Innenstadt begrüßt“. sagt Gruschka. „Im Stadtrat besteht eine deutliche Mehrheit für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten bezahlbaren Mietraum zu schaffen und so eine Ausgewogenheit des sozialen Gefüges in der Bevölkerung zu gewährleisten.“
Der einstimmige Beschluss des Bauausschusses sei aber nicht vom Erhalt der Mauer abhängig gemacht worden. „Wenn ein Bauwerk, das das Stadtbild an dieser Stelle über 50 Jahre geprägt hat, nicht ausdrücklich im Bauantrag erwähnt wird, und wenn dann außerhalb des Stadtrates entschieden wird, ist das zumindest bemerkenswert“, sagt dazu Rauscher.
Gruschka glaubt, dass der Teilabriss die Menschen deshalb beschäftige, weil viele diese Mauer wegen der Nähe zur Wandelhalle und dem Badehäuschen für denkmalgeschützt hielten. „Dies ist aber eben nicht richtig.“Die Stadt müsse das Eigentumsrecht der Bürger schützen und beachten.
Bauunternehmer Hansjörg Settele hatte zuvor berichtet, die Entscheidung zu einem erweiterten Abriss habe die Bauherrschaft getroffen, hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen.
Die Wand werde immer wieder feucht und sei in einem desaströsen Zustand. Auch die künftige Wohnqualität habe eine Rolle bei der Entscheidung seitens des Klosters genenklosters spielt. Mit der Denkmalschutzbehörde sei die Maßnahme abgestimmt. Die Mauer sei nicht denkmalgeschützt, berichtet bereits Settele.
Zur Promenadenstraße hin wird der Großteil der Mauer abgebrochen. Sieben Meter bleiben noch stehen, an der Einmündung zur St.Anna-Straße, wo die Mauer laut Settele erhalten werde. Nach Setteles Rechnung bleiben etwa 35 Meter stehen, etwa 40 Meter werden abgebrochen.
Paola Rauscher hat zwischenzeitlich Kontakt zum Kloster gesucht und sagt nun, die Schwestern wollten „das Wohnen für ältere Leute, die nicht so betucht sind, schön gestalten“. Innen habe „die Mauer schäbig ausgesehen, wie ich mich selbst überzeugen durfte“, so Rauscher. Sie habe nun mehr Verständnis für die Maßnahme, zudem die Bauten dort „ein Zeichen gegen die Palazzi Protzi in Bad Wörishofen setzen“.