Mindelheimer Zeitung

Der Mann, der Karstadt auf Kurs brachte

Stephan Fanderl übernahm die wohl schwerste Aufgabe des deutschen Einzelhand­els – und meisterte sie. Sein Handwerk hat er in Ingolstadt gelernt

- Felicitas Lachmayr

Ihm ist gelungen, was viele für unmöglich hielten. Als Stephan Fanderl vor vier Jahren die Leitung des krisengebe­utelten Karstadt-Konzerns antrat, glaubte kaum jemand daran, dass das Unternehme­n noch zu retten ist. Insolvenzv­erfahren, Eigentümer­wechsel, Millionenv­erluste – die Überlebens­chancen standen schlecht. Kein Wunder, dass Fanderl die Sanierung der Warenhausk­ette rückblicke­nd als „Operation am offenen Herzen“bezeichnet­e. Denn es stand viel auf dem Spiel, für ihn, die Mitarbeite­r, den österreich­ischen Eigentümer Signa.

Doch der 54-Jährige operierte mit ruhiger Hand und arbeitete heraus, woran das Unternehme­n krankte. Er baute die Verwaltung ab und das Online-Geschäft aus, stutzte das Markensort­iment und ließ Filialfläc­hen an externe Händler vermieten. Unter seiner Führung wurden unprofitab­le Filialen geschlosse­n und Mitarbeite­r gekündigt. Fanderl wusste: Ohne harte Einschnitt­e ist Karstadt nicht mehr zu retten. „Handel ist nichts für Helden“, sagte der Manager aus Ingolstadt einmal. Es gehe darum, dem Kunden zu dienen. Und der wichtigste Ort, an dem sich alles entscheide, sei die Ladenkasse.

Fanderls Strategie ging auf. Zum ersten Mal seit zwölf Jahren schrieb Karstadt im vergangene­n Geschäftsj­ahr schwarze Zahlen. Nach langem Hin und Her steht nun sogar die Fusion mit der Warenhausk­ette Kaufhof bevor.

Aber vielleicht ist es gar nicht so überrasche­nd, dass dem 54-Jährigen das vermeintli­ch Unmögliche gelang. Denn er war bestens auf den Job vorbereite­t.

Schon als Jugendlich­er wusste er, was es heißt, profitabel zu wirtschaft­en. Sein Vater betrieb mehrere Edeka-Filialen in Ingolstadt. Von ihm lernte Fanderl die Grundlagen des Handelsges­chäfts. „Ich bin im deutschen Handel groß geworden. Meine Familie, das sind Kaufleute in der fünften Generation“, sagte der KarstadtCh­ef einmal in einem Interview. Schon die Ururgroßel­tern hatten einen Krämerlade­n.

Fürs Studium verließ er den Betrieb der El- tern und zog nach Regensburg. 1996 hatte er den Doktortite­l in Betriebswi­rtschaft in der Tasche und trat seinen ersten Job an: Abteilungs­leiter beim Handelskon­zern Metro. Später arbeitete er im Vorstand bei Rewe und wechselte zu Walmart, bevor er 2014 den Chefposten bei Karstadt übernahm. Schon ein Jahr zuvor saß Fanderl als Vorsitzend­er im Aufsichtsr­at des krisengebe­utelten Karstadt-Konzerns.

Er wusste, was ihm bevorstand. Doch er hatte einen entscheide­nden Vorteil gegenüber seinen Vorgängern, dem Briten Andrew Jennings und der Schwedin Eva-Lotta Sjöstedt: Er kannte den deutschen Markt und die Kundschaft. Er war auch dafür verantwort­lich, dass der Konzern wieder die Sprache der Kunden spricht. Dank ihm heißt „Wow Sale“jetzt wieder Schlussver­kauf.

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Foto: dpa

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