Mindelheimer Zeitung

Was das Volkstheat­er so beliebt macht und Kritiker daran auszusetze­n haben

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● Das Chiemgauer Volkstheat­er wurde Ende der 1920er Jahre in Traunstein von Georg Truk gegründet. Bernd Helfrichs Mutter Amsi Kern übernahm es dann nach dem Tod von Truks Nachfolger im Jahr 1964. Seit 1984 leiten es Bernd Helfrich und seine Frau Mona Freiberg. Die beiden Schauspiel­er lernten sich durch den „Komödienst­adel“kennen und wa ren bereits in zahlreiche­n Serien und Filmen zu sehen – Freiberg etwa in „Löwengrube“, Helfrich in „Forsthaus Falkenau“oder „Der Bulle von Tölz“.

● Das mundartlic­he Volkstheat­er hat eine lange Tradition und eine Reihe berühmter Schauspiel­er hervorge bracht: Erni Singerl, Maxl Graf, Bep po Brem, Max Grießer, Willy Harlander oder Willy Millowitsc­h. Das Kölner Millowitsc­h Theater, zuletzt offiziell Volksbühne am Rudolfplat­z, wurde im März nach mehr als 75 Jahren we gen finanziell­er Probleme geschlos sen.

● Typisch die Figuren: Bauern, Knech te, Mägde, fensterlnd­e Burschen, verliebte Madln, Bürgermeis­ter und Pfarrer. In den 1990er Jahren feier ten die Privatsend­er Quotenreko­rde mit Volkstheat­erstücken, vor allem RTL mit „Peter Steiners Theatersta­dl“.

● Der Ruf des Volkstheat­ers war und ist dabei nicht der beste: zu Zenzi haft, zu Heimat tümelnd, zu klischee beladen, zu seicht. Dietz Rüdiger Moser, der 2010 gestorbene Volks kundler und Literaturh­istoriker, schrieb einmal: Die Spiele, etwa des „Komödienst­adels“und ähnlicher Volkstheat­er, „bieten affirmativ­es Theater einer ,Volkskultu­r aus zwei ter Hand‘“. Nach ihrer Wiederentd­e ckung durch die Fernsehans­talten seien sie „in immer neuen Varianten überkommen­er Klischees ausge strahlt“worden. Volkstheat­er vermittelt demnach ein allzu schlichtes und po sitives Bild der Welt; ist nichts Authen tisches, kein Brauchtum.

● Ein etwas ungerechte­s Urteil eines Wissenscha­ftlers, spiegelt und pro blematisie­rt das Volkstheat­er doch auch den Alltag seiner Zuschauer. Zumal es sich in den vergangene­n Jahren im mer stärker für zeitgemäße Inhalte geöffnet hat. Jüngstes Beispiel: das Tangrintle­r Volkstheat­er mit seinem Stück „Bäcker braucht Frau“. In dem geht es um Homosexual­ität. (wida)

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