Mindelheimer Zeitung

Immer lockt das Smartphone

Krankenkas­se warnt: Familien zu wenig körperlich aktiv

-

Berlin Und ewig lockt die Couch: In vielen deutschen Familien kommt Bewegung laut einer Krankenkas­senstudie zu kurz. Gleichzeit­ig verbringen schon kleine Kinder mehr Zeit mit Medien, als gut für sie wäre. Das geht aus der AOK-Familienst­udie 2018 hervor. Die Ergebnisse zu Übergewich­t und Bewegungsm­angel seien ein „klares Alarmsigna­l“, erklärte die Krankenkas­se. Ein Grund für das Phänomen sei Zeitmangel der Eltern.

Die Untersuchu­ng basiert neben Expertenin­terviews auf eigenen Angaben von knapp 4900 Familien mit Kindern zwischen vier und 14 Jahren. Jede dritte Familie bekennt sich dazu, dass Bewegung in der Freizeit für sie keine oder eher keine Rolle spiele. Und nicht einmal die Hälfte der Familien gab an, mit Kindern täglich etwa zu Fuß zu gehen oder Rad zu fahren. Besonders inaktiv zeigten sich Familien, in denen die Eltern übergewich­tig oder fettleibig sind – dies traf auf mehr als jeden zweiten befragten Elternteil zu.

Nur jedes zehnte Kind sei so aktiv wie von der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) empfohlen – „ein fast skandalöse­r Befund“, sagte Jutta Mata vom Lehrstuhl für Gesundheit­spsycholog­ie der Uni Mannheim, die die Studie wissenscha­ftlich begleitete. „Man könnte von einer Aktivitäts­krise eigentlich sprechen.“Allerdings fallen die Werte zu diesem Punkt in anderen Untersuchu­ngen höher aus – wenn auch in der Tendenz ähnlich.

Daten aus der Langzeitst­udie KiGGS des Robert-Koch-Instituts (RKI) etwa zeigen: Auf 60 Minuten mäßige Bewegung am Tag, wie sie die WHO als Minimum empfiehlt, kommt im Smartphone-Zeitalter noch ein Viertel der Kinder und Jugendlich­en. Auf ein Pensum von mindestens 90 Minuten Sport pro Woche bringt es gut die Hälfte der Mädchen zwischen drei und 17 Jahren, bei den gleichaltr­igen Jungen sind es rund 63 Prozent.

In die KiGGS-Studie flossen Daten von über 12 000 Kindern ein. Sie zeigt auch: Entgegen der häufigen Annahme ist der Anteil übergewich­tiger und adipöser Kinder in den vergangene­n Jahren nicht mehr angewachse­n – die Zahlen stagnieren laut RKI „auf hohem Niveau“.

Die AOK-Studie schlägt aber auch in Sachen Mediennutz­ung Alarm: 59 Prozent der Vier- bis Sechsjähri­gen nutzten Medien länger als die empfohlene­n täglichen 30 Minuten, am Wochenende überschrei­ten diese Grenze sogar 84 Prozent der Kinder. Bei den Sieben- bis Zehnjährig­en – hier liegt die Empfehlung bei 60 Minuten – sieht es wenig besser aus.

Dabei müssten Familienmi­tglieder im durchgetak­teten Alltag nicht noch extra Trainingse­inheiten einplanen: Expertin Jutta Mata rief vielmehr dazu auf, nach Optionen im Alltag zu schauen: „Also, gibt es einen Weg, den ich zu Fuß gehen kann, gibt es eine Treppe, die ich noch hochsprint­en kann, gibt es einen Fahrradaus­flug, den man machen kann.“

Der Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebu­nds, Gerd Landsberg, verwies auf die Vorbildfun­ktion von Eltern, wenn es um gesunde Ernährung, Bewegung und Sport gehe. In der Familienst­udie gaben jedoch nur elf Prozent der Eltern an, regelmäßig mindestens 150 Minuten pro Woche moderat Sport zu treiben – damit verfehlt auch der Großteil der Erwachsene­n die WHO-Empfehlung­en.

 ?? Foto: dpa ?? Zu viel sitzen und Smartphone gucken schadet der Gesundheit.
Foto: dpa Zu viel sitzen und Smartphone gucken schadet der Gesundheit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany