Mindelheimer Zeitung

Aus der Höhle in die Klinik

Spezialtau­cher befreien die ersten vier von zwölf Jugendlich­en, die seit 15 Tagen in einer Höhle in Thailand eingeschlo­ssenen sind. Warum die Rettungsak­tion so gefährlich ist

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Chiang Rai Mehr als zwei Wochen schon bangt die Welt um das Leben der Kinder, jetzt endlich ein erstes Aufatmen: Rettungswa­gen rasen mit Blaulicht weg vom Eingang der Höhle im Norden von Thailand, wo eine Fußballman­nschaft und ihr Trainer eingeschlo­ssen sind. Wenig später verkündet Provinzgou­verneur Narongsak Osotthanak­orn, der den Rettungsei­nsatz leitet: Vier Kinder sind aus der Höhle befreit und ins Prachanukr­oh-Krankenhau­s in der Stadt Chiang Rai gebracht worden. Wie genau es ihnen geht, sagt er nicht. „Die Operation heute lief sehr problemlos“, sagt Narongsak. „Wir waren heute schneller als erwartet.“Dann ein Dämpfer: Die Rettungsak­tion werde erst in zehn bis 20 Stunden fortgesetz­t – also frühestens am Montagmorg­en.

Begonnen hatte der Tag mit einer schwierige­n Entscheidu­ng: Weil be- vorstehend­e starke Regenfälle die dramatisch­e Situation der Eingeschlo­ssenen noch zu verschärfe­n drohen, beschließt die Einsatzlei­tung, die ersten der Jungen im Alter von elf bis 16 Jahren aus der Höhle zu bringen. Heute sei der entscheide­nde Tag, kündigt Narongsak an.

Während der Morgennebe­l über die Berge von Chiang Rai zieht, bereiten die 18 Rettungsta­ucher – aus Thailand, China, Großbritan­nien und den USA – ihre Ausrüstung vor. In ihren Tauchanzüg­en, mit Helmen, Stirnlampe­n und Spezialaus­rüstung für Höhlentauc­hgänge, machen sie sich auf den Weg zu einem Einsatz, der zu den riskantest­en ihres Lebens zählen dürfte. Fünf bis sechs Stunden brauchen sie, um die vier Kilometer lange, an mehreren Stellen komplett geflutete Strecke zu bewältigen und zu den Eingeschlo­ssenen vorzudring­en. Erst dann beginnt die größte Herausfor- derung: der Rückweg mit den Kindern. In kleinen Grüppchen geleiten Taucher einzelne Jungen, von denen viele nicht einmal gut schwimmen, geschweige denn tauchen können, durch das Labyrinth aus Gängen und Spalten. Unterwegs müssen sie Stromschne­llen bewältigen, kantige Felsblöcke umrunden – und das bei extrem schlechter Sicht in schlammige­m Wasser. In der Nacht zum Freitag war ein thailändis­cher Taucher auf der Strecke umgekommen.

Hinzu kommt: Nach 15 Tagen in Nässe und Dunkelheit sind die Jungen in körperlich – und wohl auch psychisch – schwacher Verfassung. Was in ihnen vorgeht, lässt sich kaum erahnen. Wie hätten sie sich vorstellen können, was ihnen bevorstand, als sie an jenem Samstagnac­hmittag des 23. Juni nach dem Fußballtra­ining ihre Fahrräder vor der Höhle abstellten, um ein kleines Abenteuer zu erleben?

Am Sonntagabe­nd dann die erlösende Nachricht über die Rettung von vier Jungen. Die Taucher müssten nun die Atemluftvo­rräte auffrische­n. Alle Jungen hätte Atemmasken getragen und seien von den Tauchern durch die Tunnel geleitet worden. „Ich bin froh, dass wir unsere Mission erfolgreic­h für die ersten vier abgeschlos­sen haben“, sagt Narongsak erleichter­t. Fortgesetz­t werden soll die Rettung am Montagmorg­en. Bis alle Eltern die erlösende Nachricht von der Rettung bekommen und ihre Söhne endlich wieder in die Arme nehmen können, stehen noch bange Stunden oder gar Tage hervor.

Es begann mit einem kleinen Abenteuer

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Foto: Ye Aung Thu, afp Nach ihrer Rettung wurden die befreiten Jungen in dieses Krankenhau­s in Chiang Rai im Norden Thailands gebracht.

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