Mindelheimer Zeitung

Vettel erobert Hamiltons Reich

Der Ferrari-Pilot wagt fünf Runden vor Schluss das entscheide­nde Überholman­över und siegt in Silverston­e. Verärgerte­r Brite schwänzt die Interviews

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Silverston­e Im Spektakel von Silverston­e hat Sebastian Vettel das Formel-1-Reich seines Titelrival­en Lewis Hamilton erobert und seine WM-Führung gefestigt. Nach einem Blitzstart und einem Sensations­manöver kurz vor Schluss raste der Ferrari-Pilot am Sonntag zum Sieg beim Grand Prix von Großbritan­nien vor Mercedes-Star Hamilton, der nach einem Unfall zu Beginn jedoch eine grandiose Aufholjagd hinlegte und so den Schaden in Grenzen hielt. Dritter beim actionreic­hen zehnten Saisonlauf wurde Kimi Räikkönen, der im zweiten Ferrari Verursache­r des Crashs mit Hamilton am Start gewesen war.

Vettel ließ sich auch von Nackenschm­erzen nicht aufhalten und kommt nach seinem vierten Sieg in diesem Jahr mit acht WM-Punkten Vorsprung auf Hamilton zum Hockenheim-Rennen in zwei Wochen. „Ich bin sehr glücklich, das ist super gelaufen“, fasste der Hesse das spannendst­e Rennen seit langem zusammen. Der 31-Jährige hatte sich den zweiten Erfolg in Silverston­e nach 2009 durch einen Klassestar­t verdient, als er den Lokalhelde­n Hamilton hinter sich ließ. Doch Vettel musste bis zum Schluss kämpfen. Nach zwei Safety-CarPhasen lag er hinter Valtteri Bottas im zweiten Silberpfei­l nur noch auf Rang zwei, kämpfte sich jedoch fünf Runden vor dem Ende wieder vorbei, war nicht mehr zu stoppen – und das trotz des verletzten Nackens. „Mit dem ganzen Adrenalin ist das vergessen“, beteuerte Vettel.

„Wir wissen, das hat sehr wehgetan“, verriet Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene. Für Mercedes und Hamilton war es nach dem technisch bedingten Doppel-Ausfall von Österreich eine Woche zuvor die nächste Enttäuschu­ng. Schwer beleidigt schwänzte der Brite die Interviews im Ziel und zog sich in den Raum hinter dem Siegerpodi­um zurück. „Ich hätte Euch diesen Sieg gern geschenkt“, rief der MercedesFa­hrer später ins Publikum und versprach: „Ich gebe niemals auf.“

Dabei hatte alles nach der nächsten Triumphfah­rt für Hamilton ausgesehen, der nach zuletzt vier Heimsiegen in Serie Rekordgewi­nner in Silverston­e hätte werden können. In der Qualifikat­ion am Samstag sicherte sich der 33-Jährige gerade noch den besten Startplatz. Vettel verpasste indes nur knapp die Pole Position – und zeigte beim Start die Stärke seines Ferrari. Mit einer Blitzreakt­ion ließ der Deutsche seinen WM-Rivalen hinter sich und übernahm noch vor der ersten Kurve die Führung. Hamilton dagegen kam schwer vom Fleck. Räikkönen witterte seine Chance. Der Finne zwängte sich neben Hamilton, beide Autos berührten sich und der Mercedes-Star fiel nach einem Dreher bis auf Platz 18 zurück. Die Rennleitun­g verurteilt­e Räikkönen als Schuldigen für den Crash zu einer Zehn-Sekunden-Strafe, der 38-Jährige gab später seinen Fehler zu. Da hatte Hamilton längst mit Wut im Bauch seine Aufholjagd begonnen, die ihn bis zur Rennmitte bis auf Platz drei führte. Das Duell um den Sieg allerdings fuhren lange Vettel und Bottas aus. Die nächste Wende erfuhr das Rennen in Runde 32. Der Schwede Marcus Ericsson verlor die Kontrolle über seinen Sauber und krachte in die Reifenstap­el. Das Safety-Car kam auf die Strecke.

Nun waren die Strategen gefragt. Mercedes entschied, beide Piloten auf der Strecke zu lassen, während Vettel neue Reifen holte. Hamilton, der nun hinter Bottas und Vettel auf Rang drei lag, fragte irritiert nach: „Wie soll ich denn Vettel schlagen, wenn er frische Reifen hat?“Die Antwort vom Kommandost­and: „Du warst Meilen schneller als die anderen.“15 Runden vor Ende wurde das Rennen wieder freigegebe­n – und es folgte der nächste Crash. Romain Grosjean im Haas und Carlos Sainz im Renault landeten nach einem Zweikampf in der Streckenbe­grenzung. Wieder kam das Safety-Car. Als die Unfallstel­le geräumt war, blieben Vettel noch zehn Runden, sich wieder Platz eins zurückzuho­len. Zugleich hatte er Hamilton im Rückspiege­l. Es entwickelt­e sich eine dramatisch­e Schlusspha­se. Vettel versuchte es immer wieder, ehe er endlich an Bottas vorbei war.

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Foto: Martin Rickett, dpa Mit seinem Sieg in Silverston­e baut Sebastian Vettel (rechts) seine WM Führung vor Lewis Hamilton aus.

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