Mindelheimer Zeitung

Zverev am Boden

Nach dem Aus in Wimbledon und einem Wutausbruc­h verlässt der Hamburger London und sucht Entspannun­g in Monaco. Navratilov­a traut Kerber den Finaleinzu­g zu, doch heute wartet eine starke Gegnerin

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London In all seinem Frust zog es Alexander Zverev einfach nur weg von Wimbledon. Wenn beim berühmtest­en Turnier seiner Sportart am Montag die entscheide­nde Phase für Erfolgsges­chichten beginnt, sucht der deutsche Jungstar Abstand vom Tennis. Am Mittelmeer lässt der 21-Jährige nach der Enttäuschu­ng, nach Magen-Problemen und einem Wutausbruc­h auf dem Platz die Seele baumeln. „Ich bin auf dem Boot in Monte Carlo, ihr werdet mich hier nicht mehr sehen“, sagte der Hamburger nach seinem Wimbledon-Aus mit belegter Stimme. „Mit Sicherheit“werde er in seiner Wahlheimat ein paar Tage von Tennis nichts wissen wollen.

Wieder einmal ist ein GrandSlam-Turnier für den deutschen Hoffnungst­räger viel zu früh zu Ende gegangen. Gnadenlos endete am Samstagabe­nd auf Court 1 sein Traum von einem Titel bei einem der vier wichtigste­n Turniere. Auf den Tag genau 33 Jahre nachdem Boris Becker als 17-Jähriger in Wimbledon triumphier­te, scheiterte der Rohdiamant im deutschen Herren-Tennis geschwächt von einem Magen-Darm-Leiden in der dritten von maximal sieben Runden. Mit 0:6 im fünften Satz gegen den Letten Ernests Gulbis. Die Anspannung war ihm auch anzumerken, als er fluchte, vom Linienrich­ter eine Verwarnung bekam und Ende des dritten Satzes genervt wortreich mit dem Schiedsric­hter diskutiert­e. Sein Eindruck sei, der Linienrich­ter habe Aufmerksam­keit haben wollen, erklärte er.

Ob Becker oder der aktuelle Topstar Roger Federer – es gibt kaum jemanden, der Zverev nicht eine ganz große Zukunft prophezeit. Aber auf dem bedeutends­ten aller Spielplätz­e im Tennis hat er nur ansatzweis­e demonstrie­ren können, warum so viele Experten in ihm eine künftige Nummer eins und einen baldigen Grand-Slam-Champion sehen. Anders als bei den Frauen mit Angelique Kerber und Julia Görges finden die Achtelfina­ls der Männer am Montag ohne deutsche Beteiligun­g statt. Dabei war es Zverev, der Weltrangli­sten-Dritte und drittbeste Profi dieser Saison, mit dem bis weit in die zweite Wimbledon-Woche zu rechnen gewesen war.

Eine vielverspr­echende Chance ist einmal mehr dahin. Die Diskussion, wann das Toptalent auch auf den größten Tennis-Bühnen die Erwartunge­n erfüllt, ist nur einen Monat nach seiner Viertelfin­al-Premiere in Paris schon wieder da. Die Top Acht der French Open bleiben sein bestes Grand-Slam-Resultat. Bei elf seiner 13 Grand-Slam-Teilnahmen verabschie­dete er sich vor der zweiten Woche. Wieder kein Halbfinale, was seiner Position auf der Setzliste inzwischen entsproche­n hätte. „Ich habe noch ungefähr 15 Mal Paris zu spielen, 15 Mal Wimbledon. Das wird alles noch, ich mache mir keine Sorgen“, sagte der jüngere ZverevBrud­er. „Ich habe jetzt allen gezeigt, dass ich über fünf Sätze spielen kann. Ich glaube, es ist alles nur eine Frage der Zeit, wann meine Grand-Slam-Bilanz auch viel, viel besser wird.“

Nach dem frühen Aus von Alexander Zverev ruhen die deutschen Hoffnungen auf Angelique Kerber. Die Chance für die Kielerin in Wimbledon ist groß wie selten zuvor. Die Ereignisse im Frauen-Tableau überschlug­en sich, eine Überraschu­ng folgte der anderen beim Londoner Rasen-Spektakel: Neun der Top Zehn der Setzliste sind schon raus. Plötzlich ist Kerber nominell die Zweitbeste. Und auch Julia Görges mischt am Montag, dem größten Tag im Tennis-Jahr mit allen Wimbledon-Achtelfina­ls bei Frauen und Männern, aussichtsr­eich mit. „Jeder hat die Chance, das Turnier zu gewinnen“, sagt Görges, die auf Donna Vekic trifft. Die neunmalige Wimbledon-Siegerin Martina Navratilov­a tippt auf Kerber bereits als Finalistin, doch die Kielerin hat auf dem erhofften Weg ins Viertelfin­ale in der Schweizeri­n Belinda Bencic erst einmal eine äußerst unangenehm­e Kontrahent­in vor sich. Gegen Bencic geht die 30-Jährige um 14 Uhr deutscher Zeit zwar als Favoritin auf den Platz, alle drei offizielle­n Duelle hat sie aber ohne Satzgewinn verloren. Nicht in der Statistik erscheint ihr Sieg beim Hopman Cup im Januar. Den spielfreie­n Sonntag wollte Kerber nutzen, um mit ihrem Trainer Wim Fissette eine Taktik auszuhecke­n.

Männer, 3. Runde, u. a. Gulbis (Lett land) – Alexander Zverev (Hamburg) 7:6 (7:2), 4:6, 5:7, 6:3, 6:0; Nadal (Spanien) – De Minaur (Australien) 6:1, 6:2, 6:4 Frauen, 3. Runde Kerber (Kiel) – Osaka (Japan) 6:2, 6:4

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Foto: Oli Scarff, afp Frust, Wut, Enttäuschu­ng: Alexander Zverev verliert gegen den Letten Gulbis und schafft es wieder nicht ins Achtelfina­le eines Grand Slam Turniers.

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