Vandalen am Badesee
Werden Baugebiete ausgewiesen, müssen die Gemeinden der Natur an anderer Stelle helfen. Geeignete Flächen sind aber kaum noch zu bekommen. Was also tun?
Am Mindelsee treiben Vandalen ihr Unwesen. Jetzt mussten sogar die Toiletten geschlossen werden. Was der Mindelheimer Stadtrat nun vorhat, steht auf
Neue Verordnung gibt Kommunen mehr Spielraum
Mindelheim Immer wenn Bagger anrollen, um Äcker und Felder für Wohn- oder Gewerbegebiete umzugraben, geht ein Stück Natur verloren. Weil die Wirtschaft im Unterallgäu seit Jahren heiß läuft, sind es seit 2000 Jahr für Jahr 16 Hektar Grund, die als ökologische Ausgleichsfläche benötigt werden. Das Problem dabei: Es wird immer schwieriger, überhaupt noch Flächen zu bekommen. Die Landwirte brauchen die Flächen selbst.
Landrat Hans-Joachim Weirather sagte kürzlich vor den Unterallgäuer Bürgermeistern, es gelte das Verursacherprinzip. Wer also mit einem Bau in die Natur eingreift, muss an anderer Stelle einen Ausgleich schaffen. So manche Gemeinde, die wächst, tut sich allerdings sehr schwer, ausreichende Ausgleichsflächen zu bekommen. Die Sorgen hat die Staatsregierung im Jahr 2014 mit der Bayerischen Kompensationsverordnung aufgegriffen. Musste zuvor ein Eingriff möglichst in der Nähe ausgeglichen werden, haben die Kommunen seither mehr Spielraum. Sie dürfen sich auch etwas weiter entfernt bedienen.
Allerdings führt das neue Verfahren auch dazu, wie der Landrat beklagte, dass Flächen im Unterallgäu von Kommunen aus Nachbarlandkreisen aufgekauft werden, um deren Ökobilanz wieder auszugleichen. In welcher Größenordnung Nachbarlandkreise im Unterallgäu wildern, dazu machte Weirather in der Sitzung keine Angaben. Auf Nachfrage erklärte die Pressestelle des Landratsamtes, es habe bisher einen Fall gegeben.
Nicht jeder Eingriff wird gleich bewertet. Wird etwa ein asphaltierter Parkplatz überbaut, ist überhaupt kein Ausgleich notwendig. Anders sieht es aus, wenn ökolo- gisch wertvolle Flächen verschwinden. Die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt bedient sich dabei eines Punktesystems. Art und Umfang eines Eingriffs in die Natur werden erfasst. Danach legen die Fachleute fest, wie groß der Ausgleich ausfallen muss. Die Gemeinden können Ausgleichsflächen auch auf Vorrat anlegen. Dafür bekommen sie einen Rabatt von drei Prozent Fläche pro Jahr und maximal zehn Jahre lang. Das hilft zwar der Umwelt nicht, entlastet aber die Ge- meinden. In der Theorie funktioniert das Ausgleichsystem. In der Praxis hinken viele Gemeinden gewaltig nach. Rund 40 Prozent der Ausgleichsflächen sind laut Unterer Naturschutzbehörde gar nicht oder falsch angelegt worden. Hinzu kommt, dass viele Flächen unzureichend gepflegt werden, sodass die Natur wenig Nutzen hat. Der Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbandes, Jens Franke, sprach von 100 Hektar im Unterallgäu, die bisher nicht ökologisch hergestellt seien. Für die Gemeinden wäre naheliegend, die fachliche Kompetenz des Verbandes zu nutzen, der eng mit Landwirten zusammenarbeitet, warb Franke.
Diese Arbeit könnte in einer „Ökoflächenagentur“für den ganzen Landkreis gebündelt werden. Landrat Weirather sieht darin für jede Gemeinde einen Riesenvorteil. Obwohl manche Gemeinden guten Willens seien, bekämen sie nicht genügend Flächen. Die Ökoagentur könnte hier für einen Ausgleich sorgen. Ob es so weit kommt, ist noch unklar. Die Gemeinden sollen in einem ersten Schritt einen Fragebogen erhalten. Damit will das Landratsamt auszuloten, ob überhaupt Interesse besteht. Ziel sei, Ausgleichsflächen in der Region zu schaffen und nicht außerhalb. Dem Landrat ist die gute weitere wirtschaftliche Entwicklung ebenso wichtig wie der Erhalt der Naturräume. Er hält eine solche Ökoflächenagentur für einen ziemlich guten Weg, um die Umwelt zu schützen.