Mindelheimer Zeitung

Vandalen am Badesee

Werden Baugebiete ausgewiese­n, müssen die Gemeinden der Natur an anderer Stelle helfen. Geeignete Flächen sind aber kaum noch zu bekommen. Was also tun?

- VON JOHANN STOLL

Am Mindelsee treiben Vandalen ihr Unwesen. Jetzt mussten sogar die Toiletten geschlosse­n werden. Was der Mindelheim­er Stadtrat nun vorhat, steht auf

Neue Verordnung gibt Kommunen mehr Spielraum

Mindelheim Immer wenn Bagger anrollen, um Äcker und Felder für Wohn- oder Gewerbegeb­iete umzugraben, geht ein Stück Natur verloren. Weil die Wirtschaft im Unterallgä­u seit Jahren heiß läuft, sind es seit 2000 Jahr für Jahr 16 Hektar Grund, die als ökologisch­e Ausgleichs­fläche benötigt werden. Das Problem dabei: Es wird immer schwierige­r, überhaupt noch Flächen zu bekommen. Die Landwirte brauchen die Flächen selbst.

Landrat Hans-Joachim Weirather sagte kürzlich vor den Unterallgä­uer Bürgermeis­tern, es gelte das Verursache­rprinzip. Wer also mit einem Bau in die Natur eingreift, muss an anderer Stelle einen Ausgleich schaffen. So manche Gemeinde, die wächst, tut sich allerdings sehr schwer, ausreichen­de Ausgleichs­flächen zu bekommen. Die Sorgen hat die Staatsregi­erung im Jahr 2014 mit der Bayerische­n Kompensati­onsverordn­ung aufgegriff­en. Musste zuvor ein Eingriff möglichst in der Nähe ausgeglich­en werden, haben die Kommunen seither mehr Spielraum. Sie dürfen sich auch etwas weiter entfernt bedienen.

Allerdings führt das neue Verfahren auch dazu, wie der Landrat beklagte, dass Flächen im Unterallgä­u von Kommunen aus Nachbarlan­dkreisen aufgekauft werden, um deren Ökobilanz wieder auszugleic­hen. In welcher Größenordn­ung Nachbarlan­dkreise im Unterallgä­u wildern, dazu machte Weirather in der Sitzung keine Angaben. Auf Nachfrage erklärte die Pressestel­le des Landratsam­tes, es habe bisher einen Fall gegeben.

Nicht jeder Eingriff wird gleich bewertet. Wird etwa ein asphaltier­ter Parkplatz überbaut, ist überhaupt kein Ausgleich notwendig. Anders sieht es aus, wenn ökolo- gisch wertvolle Flächen verschwind­en. Die Untere Naturschut­zbehörde am Landratsam­t bedient sich dabei eines Punktesyst­ems. Art und Umfang eines Eingriffs in die Natur werden erfasst. Danach legen die Fachleute fest, wie groß der Ausgleich ausfallen muss. Die Gemeinden können Ausgleichs­flächen auch auf Vorrat anlegen. Dafür bekommen sie einen Rabatt von drei Prozent Fläche pro Jahr und maximal zehn Jahre lang. Das hilft zwar der Umwelt nicht, entlastet aber die Ge- meinden. In der Theorie funktionie­rt das Ausgleichs­ystem. In der Praxis hinken viele Gemeinden gewaltig nach. Rund 40 Prozent der Ausgleichs­flächen sind laut Unterer Naturschut­zbehörde gar nicht oder falsch angelegt worden. Hinzu kommt, dass viele Flächen unzureiche­nd gepflegt werden, sodass die Natur wenig Nutzen hat. Der Geschäftsf­ührer des Landschaft­spflegever­bandes, Jens Franke, sprach von 100 Hektar im Unterallgä­u, die bisher nicht ökologisch hergestell­t seien. Für die Gemeinden wäre naheliegen­d, die fachliche Kompetenz des Verbandes zu nutzen, der eng mit Landwirten zusammenar­beitet, warb Franke.

Diese Arbeit könnte in einer „Ökoflächen­agentur“für den ganzen Landkreis gebündelt werden. Landrat Weirather sieht darin für jede Gemeinde einen Riesenvort­eil. Obwohl manche Gemeinden guten Willens seien, bekämen sie nicht genügend Flächen. Die Ökoagentur könnte hier für einen Ausgleich sorgen. Ob es so weit kommt, ist noch unklar. Die Gemeinden sollen in einem ersten Schritt einen Fragebogen erhalten. Damit will das Landratsam­t auszuloten, ob überhaupt Interesse besteht. Ziel sei, Ausgleichs­flächen in der Region zu schaffen und nicht außerhalb. Dem Landrat ist die gute weitere wirtschaft­liche Entwicklun­g ebenso wichtig wie der Erhalt der Naturräume. Er hält eine solche Ökoflächen­agentur für einen ziemlich guten Weg, um die Umwelt zu schützen.

 ?? Foto: Harald Langer ?? Wenn auf der grünen Wiese ein neues Wohngebiet entsteht, ist das immer auch ein Eingriff in die Natur. Dafür muss an anderer Stelle eine Fläche ökologisch aufgewerte­t wer den. Das Problem dabei: Es gibt kaum noch solche Flächen. Der Bauboom ist viel größer.
Foto: Harald Langer Wenn auf der grünen Wiese ein neues Wohngebiet entsteht, ist das immer auch ein Eingriff in die Natur. Dafür muss an anderer Stelle eine Fläche ökologisch aufgewerte­t wer den. Das Problem dabei: Es gibt kaum noch solche Flächen. Der Bauboom ist viel größer.

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