Und plötzlich war er Jim Knopf
Zwei Buben aus dem Allgäu spielen die Hauptrolle in einem Theaterstück
Team Maria kennt diesen Witz:
Der Onkel beantwortet den Brief seines Neffen. „Hier be kommst du deine gewünschten 10 Euro. Aber übe deine Rechtschreibung, Zehn schreibt man nicht mit zwei Nullen!“
» Kennst du auch einen guten Witz? Schreib einfach an: capito@augsburger allgemeine.de Stell dir vor, eine Lehrerin spricht dich auf dem Pausenhof an und fragt dich, ob du bei einem Theaterstück die Hauptrolle spielen möchtest. Genau so ist es Joel Yohannes ergangen, an seiner Realschule in der Allgäuer Stadt Leutkirch. Dass sich die Lehrerin ausgerechnet ihn ausgesucht hat, liegt an Joels Hautfarbe: Weil seine Eltern aus Eritrea in Ostafrika stammen und nach Deutschland geflohen sind, ist sie schwarz. Und genau das suchten die Altusrieder Freilichtspiele. Auf der riesigen Open-Air-Bühne wird in diesem Sommer Michael Endes Familienstück „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“gezeigt. Der Junge Jim hat bekanntlich eine dunkle Haut.
Joel überlegte ein paar Tage, ob er das Angebot für die Hauptrolle annehmen soll. „Dann habe ich ,Ja‘ gesagt.“Nun steht der Zwölfjährige jedes Wochenende in Altusried auf der Freilichtbühne und spielt zwei Stunden lang zusammen mit 140 Kindern und Erwachsenen die abenteuerliche Geschichte von Jim Knopf und Lokführer Lukas. Die Beiden wollen die chinesische Prinzessin Lisi aus den Klauen des bösen Drachens Frau Mahlzahn befreien. Übrigens: Die jüngste Sprechrolle hat Lukas Merk übernommen: Der Achtjährige aus Altusried spielt Ping Pong – das ist der Koch des chinesischen Kaisers.
Joel wechselt sich in der Rolle des Jim mit einem anderen schwarzen Jungen ab. Er heißt Collin Khauka-Mabinda, ist 14 Jahre alt, lebt in dem Oberallgäuer Dorf Lauben und besucht die 8. Klasse des Allgäu-Gymnasiums in Kempten. Auch seine Eltern sind Flüchtlinge aus Afrika: Sie stammen aus Uganda. Aber geboren sind Collin und Joel in Deutschland.
Warum haben die Altusrieder gleich zwei Jims verpflichtet? Weil es ganz schön anstrengend ist für die beiden. Außerdem wollte Regisseur Harald Holstein auf Nummer sicher gehen, falls einer seiner Hauptdarsteller ausfällt.
Vor der Premiere mussten Collin und Joel viel für ihre Rolle proben. Das war schon mal stressig, sagen die beiden. Denn schließlich gab’s auch für die Schule viel zu tun. Und sie mussten etwas lernen, was sie vorher noch nicht konnten: nämlich singen. Erstaunlich ist: Joel und Collin sind gar nicht aufgeregt, wenn sie vor Tausenden von Zuschauern spielen. „Lampenfieber habe ich nicht wirklich“sagt Collin.
OAufführungen Wer Joel oder Collin auf der Freilichtbühne erleben möchte, hat noch bis 5. August Gelegenheit. Auf führungen sind immer freitags, sams tags und sonntags um 17 Uhr (nicht am Wochenende 20. bis 22. Juli). Karten gibt es unter 08373/92200.